Testament von Issachar

Über Schlichtheit

1. Issachar

Eine Abschrift der Worte Issachars. Er rief seine Söhne zusammen und sagte ihnen: „Meine Kinder, hört eurem Vater Issachar zu. Ihr seid Geliebte des Herrn. Ich war der fünfte Sohn, der Jakob geboren wurde, sogar ein Lohn für Liebesäpfel.1 Ruben brachte nämlich Liebesäpfel vom Feld nach Hause und Rahel begegnete ihm und nahm sie ihm ab. Ruben weinte und Leah, meine Mutter, hörte es und kam heraus. Die Liebesäpfel riechen sehr gut. Das Land Aram bringt sie auf Gebirgen hervor, am Grunde einer von einem Fluss gegrabenen Schlucht. Rahel meinte: „Ich werde sie dir nicht geben. Sie sind für meine Kinder.“ Es waren zwei Äpfel und Leah erwiderte: „Reicht es dir nicht, dass du mir den Ehemann meiner Jungfräulichkeit genommen hast? Willst du mir auch noch diese wegnehmen?“ Rachel antwortete: „Ich überlasse dir Jakob heute Nacht, wenn du mir die Liebesäpfel deiner Söhne gibst.“ Leah sagte zu ihr: „Prahl nicht herum und sei nicht stolz; denn Jakob gehört mir und ich bin die Frau seiner Jugend.“ Aber Rachel meinte: „Wie das denn? Er wurde zuerst mit mir vermählt. Unserem Vater hat er 14 Jahre lang für mich gedient! Es ist nicht mein Fehler, dass unser Vater ein Betrüger war und dass Betrug auf Erden überhand nimmt. Wenn nicht Betrug im Spiel gewesen wäre, dann hättest du das Angesicht Jakobs nie gesehen. Du bist gar nicht seine Frau, sondern eine Schachfigur, die unser Vater benutzt hat. Er hat auch mich betrogen, indem er mich in jener Nacht weggeschickt hatte. Wenn ich da gewesen wäre, wäre der Betrug nicht passiert.“ Rahel sagte: „Nimm dir einen Liebesapfel und für den anderen leihst du dir Jakob von mir für diese Nacht.“ So ging Jakob zu Leah ein, sie empfing und gebar mich. Wegen der Leihgebühr wurde ich Issachar [= durch Lohn erkauft] genannt.

2. Rahels Liebesäpfel

Dann erschien dem Jakob ein Engel des Herrn und sprach: „Rahel wird zwei Kinder zur Welt bringen; denn sie hat die Gemeinschaft mit ihrem Ehemann abgelehnt und hat stattdessen Mäßigkeit gewählt.“ Wenn meine Mutter Leah nicht die beiden Äpfel für Gemeinschaft mit Jakob gegeben hätte, dann hätte sie acht Söhne zur Welt gebracht. Wegen der Liebesäpfel suchte der Herr Rahel heim und sie bekam zwei Söhne, während Leah nur sechs Söhne kriegte. Gott wusste, dass sie mit Jakob schlafen wollte, um Kinder zu bekommen, nicht einfach nur des Vergnügens willen. Sie ging nämlich noch weiter und ließ Jakob auch am nächsten Tag zu Leah gehen, um auch noch den zweiten Apfel zu bekommen. Wegen der Liebesäpfel erhörte der Herr Rahel; denn obwohl sie sie haben wollte, aß sie sie doch nicht, sondern brachte sie dem, der zu der Zeit Priester des Allerhöchsten war2, und opferte sie im Haus des Herrn.

3. Schlichtheit des Lebens

Als ich aufwuchs, wandelte ich mit aufrichtigem Herzen und wurde ein Landwirt für meine Eltern und Brüder. Ich sammelte Feldfrüchte zur jeweiligen Jahreszeit. Mein Vater segnete mich, weil er sah, dass ich in Schlichtheit wandelte. Ich war weder ein Wichtigtuer, noch boshaft oder verleumderisch. Ich sprach weder schlecht von anderen, noch kritisierte ich jemanden, sondern wandelte in Einfältigkeit. Als ich daher 30 Jahre alt war, heiratete ich, denn durch meine Arbeit verbrauchte sich meine Kraft, und ich war nie ein Schürzenjäger gewesen. Ich war zufrieden mit meiner Arbeit und meinem Schlaf, und mein Vater freute sich allezeit über meine Schlichtheit. Von meiner Ernte gab ich Erstlingsfrüchte als Opfer für den Herrn durch die Hand der Priester3, dann an meinen Vater und den Rest brauchte ich selbst auf. Der segnete meine Arbeit doppelt und Jakob erkannte, dass Gott meine Schlichtheit segnete; denn in Einfältigkeit des Herzens half ich den Armen und Notleidenden mit den guten Dingen der Erde.

4. Die Gerechtigkeit der Schlichtheit

Hört mir zu, meine Kinder. Wandelt in Einfalt des Herzens, weil daraus alles entsteht, was dem Herrn gefällt. Die Einfältigen begehren weder Gold, noch betrügen sie ihre Nachbarn. Sie möchten keine Leckereien, haben nichts über für abwechslungsreiche Kleidung, noch erstreben sie langes Leben für sich selbst.4 Stattdessen wartet der Einfältige auf den Willen Gottes und die Geister des Irrtums haben keine Macht über ihn. Er lässt weder lustvollen Phantasien freien Lauf, noch kann er durch Neid, Eifersucht oder Gier verdorben werden. Er wandelt in Gerechtigkeit und sieht alles sehr einfach, wobei er sich nicht auf die bösen Irrungen der Welt konzentriert. Er lernt nicht, wie man Gebote Gottes verdreht.

5. Sucht Gottes Segen

Meine Kinder haltet Gottes Gesetz, lebt in Schlichtheit und wandelt ohne Hinterlist. Steckt eure Nasen nicht neugierig in die Angelegenheiten eurer Nachbarn. Stattdessen solltet ihr den Herrn und eure Nachbarn lieben. Habt Mitleid mit den Armen und Schwachen. Arbeitet hart und opfert dem Herrn Gaben unter Danksagung; denn der Herr segnete mich mit den Erstlingsfrüchten der Erde, wie er alle Heiligen von Abel bis jetzt gesegnet hat. Der Anteil, den Gott euch gegeben hat, ist die Üppigkeit der Erde, dessen Früchte durch harte Arbeit wachsen; denn unser Vater Jakob segnete mich mit Segnungen der Erde und der Erstlingsfrüchte. Der Herr hat Levi und Juda unter ihren Brüdern erhoben; denn er hat sie erwählt. Er gab dem einen das Priesteramt und das Königtum dem anderen. Deshalb gehorcht ihnen und wandelt in der Schlichtheit eures Vaters; denn Gad ist es gegeben, die Versuchungen zu neutralisieren, die über Israel kommen werden.

6. Die Endzeit

Meine Kinder, ich weiß, dass eure Söhne in der letzten Zeit diese Schlichtheit verlassen werden. Ihr Leben wird mit Gier und Bosheit angefüllt sein. Sie werden die Gebote Gottes hinter sich werfen und Belial anhängen. Sie werden die Schlichtheit verlassen, der Bosheit folgen und unter die Heiden zerstreut werden, um dort ihren Feinden zu dienen. Lehrt eure Kinder, was sie erwartet, damit sie schnell zum Herrn zurückkehren, wenn sie in Sünde fallen; denn Er ist barmherzig und wird sie erretten, ja sie sogar in ihr Land zurückbringen.

7. Issachars letzte Tage

Ich bin 122 Jahre alt und werde bis zum Tod nicht eine einzige Sünde begangen haben. Ich war mit keiner Frau zusammen, außer meiner eigenen. Ich fiel nie in Unzucht (Hurerei), bin nicht betrunken gewesen oder habe irgend etwas begehrt, was meinem Nachbarn gehört. Weder ist Arglist in mein Herz gekommen, noch hat eine Lüge meine Lippen verlassen. Wenn jemand trauerte, dann weinte ich mit ihm, und teilte mein Brot mit den Armen. Ich aß niemals allein. Alle meine Tage habe ich niemals einen Grenzstein verrückt. Ich war gottesfürchtig und wahrhaftig. Ich habe den Herrn mit meiner ganzen Kraft geliebt und jedermann, als wenn sie alle meine eigenen Kinder gewesen wären. Meine Kinder, wenn ihr dies alles tun werdet, so wird jeder Geist Belials von euch fliehen, boshafte Männer werden nicht über euch herrschen und ihr werdet jedes wildes Tier besiegen. Gott wird mit euch sein. Wandelt unter den Menschen in Schlichtheit eures Herzens.

Issachar gebot ihnen, dass sie ihn nach Hebron hinaufbringen und ihn dort in der Höhle seines Vaters beerdigen sollten. Er streckte seine Füße aus und starb als fünfter Sohn Jakobs in hohem Alter. Er schlief den ewigen Schlaf, wobei jedes seiner Körperglieder gesund und seine Kraft ungebrochen war.

Kommentar

Issachar 6 sagt eine Zerstreuung aus dem Land voraus.


 


 

11. Mose 30, 14-18

2Das war höchstwahrscheinlich Isaak; denn Sem, Eber und Abraham waren bereits gestorben.

3Das melchisedeksche Priestertum (Sem und Eber) und das Priestertum Levis bestanden gleichzeitig zu der Zeit. Das Priesteramt Aarons war damals noch nicht eingeführt.

4Sie denken nicht, noch viel Zeit zur Buße zu haben, und suchen nicht gottlose Möglichkeiten, das eigene Leben zu verlängern.