An die Eltern
meiner
Enkelkinder

G. C. Willis

 

Die Schriftstellen sind nach der „Elberfelder Bibel“ Übersetzung angeführt!

 

Inhaltsverzeichnis

0. Vorwort / Einführung

I. Altes Testament

1. 1 Adam

1. 2 Lamech

1. 3 Henoch

1. 4 Noah

1. 5 Abraham

1. 6 Lot

1. 7 Issak

1. 8 Ismael

1. 9 Esau

1. 10 Jakob

1. 11 Amram und Jokebed

1. 12 Pharao

1. 13 Aaron

1. 14 Mose

1. 15 Kaleb

1. 16 Achan

1. 17 Rahab

1. 18 Die Töchter Zelophchads

1. 19 Gideon

1. 20 Jephtha

1. 21 Simson

1. 22 Elimelech und Noomi

1. 23 Hanna

1. 24 Eli

1. 25 Samuel

1. 26 David

1. 27 Ittai

1. 28 Barsillai der Gileaditer

1. 29 Saul

1. 30 Jonathan und Mephiboseth

1. 31 Benaja

1. 32 Der Sohn Abners

1. 33 Salomo

1. 34 Rehabeam

1. 35 Abija

1. 36 Asa

1. 37 Josaphat

1. 38 Hiskia

1. 39 Josia

1. 40 Daniel

1. 41 Mordokai

1. 42 Schallum und seine Töchter

II. Neues Testament

2. 1 Zacharias und Elisabeth

2. 2 Das Haus in Nazareth

2. 3 Die Witwe zu Nain

2. 4 Jairus

2. 5 Der Sohn mit dem Dämon

2. 6 Die Söhne des Zebedäus

2. 7 Maria, die Mutter des Johannes Markus

III. Eine Reihe von Häusern

3. 1 Kornelius

3. 2 Lydia

3. 3 Der Kerkermeister zu Philippi

3. 4 Das Haus des Onesiphorus

3. 5 Des Kaisers Haus

3. 6 Das Haus des Narcissus

3. 7 Die auserwählte Frau und ihre Kinder

3. 8 Archippus

3. 9 Timotheus

3. 10 Neutestamentliche Ermahnungen für Eltern

3. 11 Alttestamentliche Ermahnungen

 

 

Briefe eines Großvaters an die Eltern seiner Enkelkinder

 

Meine im Herrn Geliebten !

 

 

Ich denke, daß ich euch so anreden darf, da ja diese Seiten nur für solche bestimmt sind, die Ihm angehören, und dieses Band macht uns alle zu einer Familie, in der jeder dem anderen heuer ist. So mögt ihr denn einen altem Mann, der gern ein paar Lektionen jüngeren Gliedern dieser, großen Familie weitergeben möchte, Lektionen, die er von den fröhlichen Kindern, die einst in seinem Hause waren, jetzt aber weit fort sind, zu lernen versucht hat.

 

Vielleicht sollte ich besser sagen, daß es Lektionen sind, die unser göttlicher Lehrer (Mt 23, 8) mich durch Sein heiliges Wort zu lehren versucht hat, denn auch das ist wahr. Es kann sein, daß unser Herr, um uns diese Lektionen zu lehren, sowohl Sein Wort, als auch unsere Kinder gebraucht, damit es bei uns nicht nur bei der Theorie bleibt.

 

 

Ihr habt sicher schon einmal ein Kind gesehen, dem irgendeine Aufgabe schrecklich schwer fiel. Vielleicht hat der Lehrer sie ihm mehrmals zurückgeben müssen, und das Papier war von den Tränen, das es dabei vergoß, ganz fleckig geworden, noch ehe die Aufgabe wirklich gelernt war. Auch einige von diesen Seiten hier sind von Tränen benetzt worden, und doch bin ich ganz und gar nicht sicher, ob der Schreiber alle diese Lektionen, die er euch weitergeben möchte, selbst gelernt hat.

 

 

 

Denkt nur nicht, daß er aus einer eingebildeten Überlegenheit heraus schreibt. Das ist nicht der Fall. Manche dieser Lektionen verursachten ihm so viel Schmerz, daß er schließlich in seinem Herzweh das Ganze beiseite legte und beschloß, nicht mehr weiterzuschreiben. Und dann lag es mehrere Jahre. Es erging ihm wie einem entmutigten Kind, das sein Übungsheft versteckt, weil es ihm seine Klecksereien, Irrtümer und Mißerfolge so deutlich vor Augen hält.

 

 

 

Doch er konnte es nicht versteckt lassen, er mußte es wieder hervorholen und zu beenden versuchen. Ihr werdet gar nicht weit zu lesen brauchen, um zu merken, daß diese Seiten nur für gewisse besondere Augen geschrieben worden sind: für Augen nämlich, die viele Male voll Liebe in Augen geblickt haben, die ihnen in Liebe begegneten. Und so müßt ihr die Offenheit und Vertraulichkeit des Stils verzeihen, denn nichts ist geändert worden. Dieses kleine Buch würde euch nicht dargeboten werden, wenn es nicht um der Tatsache willen wäre, daß ich   wie „unser geliebter Bruder Paulus“ es ausdrückte „rein Schuldner . . .“ bin.

 

 

 

Wir leben in den „schweren (gefahrvollen) Zeiten“, die in der Schrift (2. Tim 3, 1) vorhergesagt sind, und es ist nicht leicht, unsere Kinder aufzuziehen. Der Herr selbst sagt: „Ich habe Kinder großgezogen und auferzogen, und sie sind von mir abgefallen“ (Jes 1, 2). Leider befindet sich in den Herzen unserer Kinder (und ebenso in unseren) das, was sie von Natur dazu bringt, in die verkehrte Richtung zu gehen, und allein die Gnade Gottes ist hinreichend für alles, was die Eltern nötig haben. Dank sei Gott, daß Er unsere Kinder als „heilig“ bezeichnet (1. Kor 7, 14), und Er sagt: „Meine Gnade genügt dir“. Wenn sich diese Stellen für manche junge Eltern als ein Ermutigung oder als ein warnender Fingerzeig erweisen, so bin ich von Herzen dankbar. Möge der Gott der Hoffnung mit euch sein, liebe Mit Eltern.

 

Ein Großvater

 

Vorwort zur 2. Ausgabe im Englischen

Mit Überraschung und Dank gegen unseren Herrn sehen wir, daß eine zweite Ausgabe dieses kleinen Buches nötig wird. Einer der Leser schreibt, es sei ein trauriges Buch, und ich fürchte, es ist wahr; aber ist nicht die Geschichte des Menschen, .angefangen bei Adam, eine traurige Folge von Versagen, Sünde und Leid? Und doch, je dunkler dieser Teil des Bildes ist desto heller leuchtet darin die Liebe, Gnade und Treue Gottes. So ist zu hoffen, daß inmitten des traurigen Versagens unsere Augen auf Den gerichtet werden möchten, Der niemals versagt und niemals enttäuscht und daß wir ermutigt werden, im Hinblick auf die Verantwortlichkeit die wir haben, auf Senne Treue zu rechnen.

Gott ist noch immer der Gott alles Trostes, und selbst wenn die Seiten, die nun folgen, uns ernst und traurig stimmen müssen, so hoffe ich dennoch, daß sie das Herz jedes Lesers zugleich auch trösten und ermutigen.

 

Einführung

 

 

Vor vielem Jahren, als ihr noch klein wart, führte mich mein täglicher Weg zur Arbeit an einem allen, baufälligen Haus vorbei. Es stand leer, so lange ich es kannte, und im Laufe der Jahre sah es immer erbärmlicher aus. Es war ein großes, quadratisches, rotes Ziegelhaus und stand für sich allein in einer Art Park, der früher sicher sehr hübsch gewesen sein mochte. In der ersten Zeit, als ich es sah, mutete es noch heimelig und wohnlich an, obgleich es leer stand. Aber das Bild, das ich zuletzt von ihm hatte und das in meiner Erinnerung auftaucht, ist ganz anders. Die Einzäunung ist verfallen, die Veranda liegt in Trümmern, die Fenster sind zerschlagen, Türen und Türrahmen zerbrochen   eine traurige Ruine.

 

 

 

Aber das Allertraurigste von allem ist die Tatsache, daß dieses Hans einst der Familienbesitz eines wohlhabenden, erfolgreichen und bekannten christlichen Geschäftsmanns war. Jedermann hatte ihn als einem Christen gekannt; und nun war dies das traurige Denkmal, das die Welt an ihn erinnerte.

 

 

 

Die Familie selbst war ein noch traurigeres Trümmerfeld als das Haus; es wäre zu traurig für mich, ihre Geschichte hier zu erzählen.

 

Ihr könnt euch denken, daß so manches Mal, wenn ich an diesem Haus vorbeiging, die Frage in mir aufstieg: „Wie ist es möglich, daß eine Familie, die als christliche Familie bekannt war, auf diesen Punkt kommen konnte?“ Und einige von euch legen sich mir schwer aufs Herz, wenn ich an die noch vor uns liegenden Jahre denke.

 

 

Ich schlug meine Bibel auf, das teure alte Buch, das stets Trost im Kummer, Friede in der Bangigkeit und Unterweisung mit unserer Unwissenheit gibt. Ich fand dort eine große Anzahl Belehrungen über dieses unsagbar wichtige Thema. Ich will nicht behaupten, daß ich etwa besonders tief in diesem Schatz, der in unseren Händen liegt, gegraben habe, auch nicht, daß ich die Lehren, die ich dort fand, befolgte (wiewohl ich aufrichtig wünsche, ich hätte es getan). Diese Lehren wenden uns auf verschiedene Weise gegeben; sowohl durch Vorbilder, durch Ermahnungen und Warnungen, als auch durch Gebote.

 

 

 

Ihr, meine Lieben, seid jetzt nicht mehr die Kleinen , die ihr damals wart; statt dessen habt ihr nun selbst eure eignen „Kleinen“ für unseren Herrn und Meister aufzuziehen. Wollt ihr dem Großvater dieser „Kleinen“ erlauben, ihren Eltern etwas von dem weiterzugeben, was er gesammelt hat, als er über die Freuden und Sorgest der Eltern, die uns in der Schrift vorgestellt werden, nachsann?

 

 

 

Wie ihr wißt, schreibt er nicht etwa, weil er im Erziehen seiner eigenen Künder besonders hervorragende Erfolge gehabt hätte; vielmehr muß er mit David bekennen: „Obwohl mein Haus nicht also ist bei Gott, so hat er mir doch einen ewigen Bund gesetzt, geordnet in allem und verwahrt; denn dies ist all meine Rettung und all mein Begehr, obwohl er es nicht sprossen läßt (2. Sam 23, 5)! Aber trotz all seines Versagens kann er Zeugnis ablegen von der großen Gnade Gottes und Seiner nie versagenden Geduld, auch in dieser schweren Verantwortlichkeit.

 

 

 

Ich denke, es wird jeden gottesfürchtigen Vater mit tiefem Ernst berühren, wenn er Geschichten erwägt wie die Adams, dessen ältester Sohn ein Mörder war; oder die Noahs, von dessen Nachkommen ein Teil noch immer unter einem Fluch steht; eines Abraham, dessen ältester Sohn stets ein unversöhnlicher Feind und eine Quelle von Leid und Ungemach für das Volk Gottes war und noch ist; eines Mose, dessen Enkel wahrscheinlich einer der ersten, wenn nicht überhaupt der erste abgöttische Priester in Israel war; eines David mit seinen Familienschwierigkeiten; und wenn wir Josias Familie betrachten, so ist es wahrlich genug, um jedes Elternherz zu brechen. Und so rufen unsere Herzen nach einer Antwort auf die Frage, die ich erhebt: „Warum mußten solche gottesfürchtigen Männer so böse Nachkommen haben“? Wir können nicht anders als diese Frage in unserem Herzen stellen, selbst wenn sich unsere Lippen weigern, sie auszusprechen: „Gibt es etwas, das mich gewiß machen kann, daß meine Familie nicht diesen traurigem Weg einschlägt“?

 

 

 

Diese Fragen bewegten oft das Herz des Schreibers, und vielleicht werdet auch ihr öfters von ähnlichen Gedanken gequält. Und so möchte er, mit Gottes Gnade und Hilfe, einige der Antworten aufzeigen, die das Wort Gottes auf diese Fragen zu geben scheint. Und wenn   wie ein Echo   die Frage zu uns zurückkommt: „Warum mußten solche ehrbaren Knechte des Herrn so böse Kinder haben“? So scheint uns das Wort Gottes eine andere Frage (wie das so oft geschieht) als Antwort auf unsere eigene zurückzugeben: „Ist da nicht eine Ursache“?

 

 

 

Ist da nicht stets ein Grund vorhanden, wenn gottesfürchtige Eltern ein böses Kind haben? Die Bibel scheint uns zu sagen, daß solch ein Grund immer da ist. Diese traurigen Geschichten sind ja nicht in der Bibel berichtet, um die Hände der gläubigen Eltern heute zu schwächen, sondern vielmehr als Warnungen, die uns die lauernden Gefahren aufzeigen, die unserem eigenen Familienleben drohen; und wenn wir auf die Warnungen achten, werden wir Dem, der sie gab, immer dankbar sein. Traurig, ja wirklich traurig ist die Klage des Herrn über manche: „Zu wem soll ich reden und wem Zeugnis ablegen; daß sie hören? Siehe, ihr Ohr ist urbeschnitten, und sie können nicht aufmerken; siehe, das Wort des Herrn ist ihnen zum Hohn geworden, sie haben keine Lust daran“ (Jer 6, 10). Und welches ist das Heilmittel, wenn wir fühlen, daß dies unser eigener Zustand ist? Ich glaube, wir finden es in Jer 4, 4: „Beschneidet euch für den Herrn und tut hinweg die Vorhäute eurer Herzen“. Ich nehme an, daß die Ermahnung zum „Beschneiden für den Herrn“ meint, jene „Lüste des Fleisches“ abzuschneiden, die uns so leicht umstricken (1. Petr 2, 11). Wenn wir für unsere Kinder besorgt sind um unserer Kinder wellen, wenn es nicht um des höheren Motives   um des Herrn willen geschieht: wir dürfen nicht vorangehen, ohne diese Ermahnungen zu beachten; wir dürfen nicht riskieren, daß unsere Ohren schwerhörig werden, so daß wir diese äußerst ernsten Warnungen nicht hören.

 

 

 

O meine Kinder, laßt mich euch inständig bitten, daß ihr   es koste was es wolle   auf diese Warnungen aus dem Worte unseres himmlischen Vaters hört und sie beachtet, denn mein Herz bebt bei dem Gedanken, daß, wenn ihr es nicht tut, vielleicht der Tag kommt, an dem ihr mit gebrochenem Herzen alles, was ihr besitzet dafür geben würdet, diese Gelegenheit noch einmal zu haben; aber dann ist sie vorüber und kehrt nicht zurück.

 

Ich habe die Qual solcher Eltern gesehen, deren Herzen gebrochen waren, wie sie in Angst und Furcht auf ein ungeratenes Kind blickten und sich dabei wohl bewußt waren, daß die Ursache ihr eigener, sorgloser Wandel war, vielleicht ein Weg, der schon Jahre zurücklag. Aber „was immer ein Mensch sät, das wird er ernten“ ist ein Ausspruch, der sich auch im Blick auf uns und unsere Kinder aufs höchste bewahrheitet.

 

ALTES TESTAMENT

 

ADAM

Laßt uns mit der Geschichte Adams beginnen. Wir kennen die Ursache des Falles von Adams Erstgeborenem wohl. „Ihr werdet sein wie Gott“ hatte der Versucher Eva versprochen, und Eva und ihr Mann waren beide gefallen. Und was war die Ursache ihres Falles? Der Ungehorsam. Der Ungehorsam gegenüber dem klaren Wort Gottes. Sie waren bewußt ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes, das sie gut kannten und durchaus verstanden. Auch wir dürfen sicher sein, daß Ungehorsam gegen dieses Wort, auch wenn er unseren Weg hier müheloser zu machen scheint, Leid bringen wird, nicht nur für uns selbst, sondern Leid   und vielleicht sogar Verderben für unsere Kinder.

Vielleicht steht der ungehorsam, die erste Ursache des Verderbens, die uns hier vor Augen geführt wird, noch immer an erster Stelle als der hauptsächlichste Grund für den Untergang christlicher Familien. Darf ich euch bitten, wenn ihr euren Meister liebhabt, wenn ihr eure Kinder liebhabt, dem Worte Gottes voll, von Herzen, mit Liebe und ohne Zögern gehorsam zu sein? Das ist der einzige sichere Weg hienieden. Was aber war die Ursache des Ungehorsams unserer ersten Eltern? Ich denke, die erste Ursache war der Zweifel, den die Schlange ausgestreut hatte: „Hat Gott wirklich gesagt“? Möge der Herr selbst in diesen Tagen, wo es als fortschrittlich gilt, Sein Wort zu bezweifeln, uns ein solch unerschütterliches Vertrauen zu Seinem Wort bewahren, daß nichts auch nur im geringsten unseren Glauben zu beunruhigen vermag.

Es gibt gewisse Dinge, die wir fliehen sollen: „Die jugendlichen Lüste aber fliehe“ (2. Tim 2, 22). „Fliehet den Götzendienst“ (1. Kor 10, 14). „Fliehet die Hurerei“ (1. Kor 6, 18). „Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge“ (1. Tim 6, 11). Soviel ich weiß, wird uns aber nirgends gesagt, daß wir vor dem Teufel fliehen sollen. Im Gegenteil, wir lesen: „Widerstehet dem Teufel, und er wird von euch fliehen“ (Jak 4, 7). Ich glaube, daß es niemals einen Zweifel am Worte Gottes gegeben hat oder geben wird, dessen Urheber nicht der Teufel ist. Widerstehe ihm, und er wird von dir fliehen.

Wir sehen, daß Eva ein besonderes Lockmittel angeboten worden war, um sie ungehorsam zu machen. „Ihr werdet sein wie Gott“. Der Versucher bietet Eva einen höheren Platz an als den, den Gott ihr gegeben hatte. Sehen wir nicht genau den gleichen Versuch überall um uns her bei Eltern? Suchen nicht die meisten Leute, sich gesellschaftlich zu verbessern“? Suchen nicht die meisten, einen höheren Platz in der Welt zu erlangen, und wenn schon nicht für sich selbst, so doch zumindest für ihre Kinder?

Es ist traurig, daß es gesagt werden muß: auch christliche Eltern sind nicht gefeit gegen diese List des Teufels, mit der er uns und unsere Familie bergab zu führen sucht. Wir sehen das allenthalben. Unsere Eltern waren zufrieden mit einem einfachen Häuschen. Wir müssen ein vornehmes, schönes Haus haben. Unsere Eltern waren damit zufrieden, zu Fuß zu gehen; wir müssen einen Wagen haben. Unsere Eltern waren zufrieden mit rauhen Matten, wir müssen schöne und kostbare Teppiche haben. Ihr sagt, die Zeiten haben sich geändert. Wahrhaftig, das haben sie. „Es gab Riesen auf Erden“ zur Zeit unserer Vorfahren, nämlich in den Dingen Gottes; heute aber   Schwächlinge.

Es ist dasselbe Übel, an dem Adam krankte. Selbst unsere Tageszeitungen bringen Karikaturen davon: Wer hat noch nichts vom „Schritthalten mit dem Nachbarn“ gesehen oder gehört? Es belustigt uns vielleicht nur, wo es uns vielmehr eine Warnung hätte sein sollen, denn auch wir sind oft in Versuchung, „Schritt zu halten“ mit unseren Nachbarn und Bekannten. Wir können es nicht ertragen, daß man uns für anders hält; und doch hat Gott in Seiner Gnade einen Unterschied gemacht; wir sind anders. Ich glaube, daß das Vergessen dieses Unterschiedes, diese Begierde der Eltern Kains, einen höheren Platz einzunehmen als den, auf den Gott sie gestellt hatte, eine der Ursachen für Kains Verderben und Abels Tod war.

Das Neue Testament gibt uns etwas mehr Licht in dieser Sache. „Weshalb ermordete er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht“ (1. Joh 3; 12). Er war eifersüchtig auf seinen Bruder, und „wer kann bestehen vor Eifersucht“ (Spr 27, 4)? Mißgunst hat manchen Heiligen Gottes zu Fall gebracht. Es würde die Mühe lohnen, wenn ihr eure Bibel nehmet und eine gute Konkordanz und einmal nachsehet was der Herr über Neid und Eifersucht zu sagen hat; aber begnügen wir uns jetzt mit dieser einen Stelle: Denn wo Neid (Eifersucht) und Streitsucht ist, da ist Zerrüttung und jede schlechte Tat“ (Jak 3, 16). Ja, es war Neid, was Kains Mordtat zugrunde lag. Und es ist der Neid, der auch uns einen höheren Platz in der Welt suchen läßt als den, den Gott uns gegeben hat. Deshalb, meine Lieben, achtet darauf, daß ihr allen Neid ablegt (1. Petr 2, 1).

Wie wenig dachte Eva, als sie die verbotene Frucht pflückte, daran, was für eine unsagbar bittere Frucht sie sich selbst bereitete,   eine Frucht, die sie mit einem Schlag zweier Söhne beraubte. Und wie leichtfertig und unbekümmert mögen auch wir selbst in irgendeine bewußte Sünde einwilligen, die uns und unseren Kindern Jahre des Kummers und des Leides einbringen mag. Seien wir auf der Hut!

Aber es wird uns noch ein weiterer Hinweis gegeben, daß in Adams Familie nicht alles so war, wie es hätte sein sollen. Aus 1. Mo 4, 1 ist zu entnehmen, daß es Eva war, die Kain seinen Namen gab. Dies mag so ziemlich mit der heutigen Praxis übereinstimmen, aber wir fürchten, es steht im Gegensatz zu Gottes Ordnung. Es ist wie ein Strohhalm, der uns sagt, von woher der Wind in Adams Haus wehte. Ihr erinnert euch, daß Eva es war, die Adams Fall herbeiführte, und augenscheinlich behielt sie an jenem ersten Haushalt die Führung. Wenn wir zu Seth kommen in 1. Mo 5, 3, so sehen wir, daß sich die Dinge geändert haben. „Und Adam lebte hundertdreißig Jahre und zeugte einen Sohn in seinem Gleichnis, nach seinem Bilde, und gab ihm den Namen Seth“. Adam und Eva hatten ihre Lektion gelernt, und wir finden Adam nun an seinem richtigen Platz.

Und welcher Platz war das für ihn und für Eva? Ich denke, daß uns einerseits 1. Petr 3, 4. 5. 6 diese Frage beantwortet: „der unverwesliche Schmuck des sanften und stillen Geistes, welcher vor Gott sehr köstlich ist. Denn also schmückten sich auch einst die heiligen Weiber, die ihre Hoffnung auf Gott setzten, indem sie ihrem eigenen Männern unterwürfig waren: wie Sara dem Abraham gehorchte und ihn Herr nannte“. Und zum anderen seid ihr es, die jungen Gattinnen und Mütter, an die ich schreibe, die „die Haushaltung führen“ (1. Tim 5, 14).

Das griechische Wort, das hierfür gebraucht wird, ist besonders aufschlußreich. Es ist die einzige Stelle im Neuen Testament, in der es vorkommt, und buchstäblich übersetzt würde ich wahrscheinlich lesen „die Hausherrin sein“. Es ist ein einziges Wort, ein Verb. Das entsprechende Hauptwort ist zwölfmal (alle in den ersten drei Evangelien und stets in bezug auf den Vater) gebraucht und wird übersetzt mit „Meister des Hauses“, „Herr des Hauses“ (Hausherr) etc. Der Gedanke in dem Vers in Timotheus ist einmal wunderschön wie folgt umschrieben worden: „Es bedeutet eine königliche Souveränität, die diejenige des Hausherrn nicht antastet“. Vielmehr regieren sie beide miteinander in dem kleinen Bereich, den Gott ihrer Obhut anvertraut hat.

Und vielleicht sehen wir etwas von dieser Einheit der Gesinnung und Handlung in Verbindung mit dem Neugeborenen Seih, denn in 1. Mo 4, 25 scheint es zwar, als ob Eva wiederum die Führung bei der Namensgebung des Kindes ergriffen hätte, während jedoch in Kap. 5, 3 dieselben Worte von Adam gebraucht werden.

Das Buch der Sprüche würde es verdienen, mehr als nur beiläufig angeführt zu werden, denn diese liebliche Harmonie zwischen Vater und Mutter ist dort vortrefflich dargestellt durch die Tatsache, daß von den vierzehn Malen, in welchen die Mutter erwähnt ist, es zwölfmal um Vater und Mutter zusammen geht.

Anscheinend war diese liebliche Einheit in Adams Familie über lange Jahre hin nicht vorhanden, und der Gegensatz zwischen 1. Mo 4, 1 und 5, 3 gibt uns eine ernste Belehrung. Eva „führte die Haushaltung“ wirklich, aber die ausgleichende Ermahnung von 1. Petr 3 finden wir bei ihr nicht beherzigt. Es ist erquickend zu sehen, daß die Lektion zuletzt schließlich doch gelernt worden war, und Seth, die Frucht und der Beweis dieser so mühsam gelernten Lektion, ist der erste in der langen Reihe des Samens des Weibes, die in jenem herrlichen Samen gipfelte, der den Kopf der Schlange zermalmte.

 

LAMECH

Der nächste Elternteil, der uns in der Schrift vorgestellt wird, ist Lamech, „der siebente von Adam“, aber der siebente in der Linie von Kain, nicht von Seth. Beachte zunächst, daß Lamech der erste ist, von dem die Bibel erwähnt, daß er mehr als eine Frau hatte. Dieser Brauch hat also seinen Ursprung bei einem Nachkommen Kains, nicht Seths.

 

 

Von manchen Eltern hört man sagen: „Sie können wirklich stolz sein auf ihre Familie“. Lamech, Ada und Zilla (seine zwei Frauen) waren solche Eltern. Die Jungen wurden anscheinend zu nützlichen, arbeitsamen Männern erzogen, und ihre Schwester Naama („Lieblichkeit“) vervollständigt dieses Bild einer Familie im Erdenglück. Adas beide Söhne Jabal und Jubal waren wohl die Väter derer, die in Zelten wohnen und Vieh hatten, und derer, die mit der Laute und Flöte umgehen können, während Tubalkain (was so viel wie „Abkömmling von Kain“ bedeutet   zur Erinnerung an seinen berühmten Vorfahren) der Vater des metallverarbeitenden Gewerbes war, eines großen und wichtigen Industriezweiges, der immer weiter an Bedeutung zunimmt. Ja, wenn Lamech den deutlichen Erfolg im Leben jedes seiner vier Kinder beobachtete, mochte er wohl (vom weltlichen Standpunkt aus) ein stolzer und glücklicher Mann gewesen sein.

 

Aber der Schein trügt, denn Lamech hatte, ebenso wie sein Stammvater, dessen Namen er in einem seiner Söhne fortleben lassen wollte, eine Sünde, die ihn verfolgt zu haben scheint; und Sünde nimmt die Freude aus jedem Leben. Wie Kain war Lamech ein Mörder, und die Angst vor der Rache lastete offenbar schwer auf ihm und untergrub den Frieden und die Freude, die sonst sein Teil hätten sein können.

 

 

Und was wurde aus seiner Familie? Was wurde aus jenen ersten Pionieren der Landwirtschaft, der Musik und des Metallgewerbes? Sie sind längst von diesen Schauplatz abgetreten. Wohin aber sind sie gegangen? Sie waren erzogen und ausgebildet für diese Erde, waren erfolgreich auf dieser Erde; es ist wohl nicht anzunehmen, daß sie je die breite Straße verließen, die schon so viele, die darauf wandelten, zum Verderben geführt hat; allen voran Kain, ihr geehrter Vorfahr, als ihr Führer.

 

 

 

Tausende von christlichen Eltern haben ihren Kindern einen guten Start auf dem breiten Weg gegeben, wo sie ihnen lediglich einen guten Start für dieses Leben zu geben meinten. Wieviel besser für eure lieben Kleinen, unbekannt und unbeachtet in diesem Leben zu sein, aber ihre Namen im Himmel angeschrieben zu wissen, als daß sie hier auf den prächtigsten Ruhmestafeln dieser Welt glänzen   ohne Christus!

 

 

HENOCH

 

 

Es ist eine Freude, sich vom „siebenten nach Adam“ in der Linie Kains zum „siebenten nach Adam“ in Seths Linie zu wenden (Jud 14). Habt ihr übrigens schon einmal darüber nachgedacht, warum der Heilige Geist in einem so kurzen Brief, wie es der des Judas ist, sich die Mühe nimmt, uns aufzuzeigen, wieviel Generationen es von Adam bis Henoch sind? Henochs Geschichte kann allen christlichen Eltern von heute Trost bringen. Wir lesen: „Henoch lebte fünfundsechzig Jahre und zeugte Methusalah. Und Henoch wandelte mit Gott, nachdem er Methusalah gezeugt hatte, dreihundert Jahre und zeugte Söhne und Töchter“ (1. Mo 5, 21. 22).

 

 

 

Beachtet wohl: es wird uns von Henoch nicht berichtet, daß er die fünfundsechzig Jahre vor der Geburt des Kindes Methusalah mit Gott wandelte. Es war offenbar erst dieses kleine Kind, das Henoch dazu brachte, mit Gott zu wandeln.

 

 

 

Ihr habt vielleicht schon beobachtet, wie selbstsüchtig die meisten jungen Christen sind, ganz gleich, ob verheiratet oder unverheiratet. Das Ich  das gute oder das schlechte Ich beansprucht im allgemeinen einen großen Raum in ihren Gedanken. „Was möchte ich gern?“ „Ich will das nicht tun!“  wie oft hört man solche Ausdrücke! Wie oft haben wir sie selbst benutzt! Doch wenn Kinder kommen, beginnt für uns eine neue Art von Lektionen. Das Baby schreit oft und will nicht schlafen. Die Mutter hat das Kleine schon dem ganzen Tag gehabt, jetzt ist Vater an der Reihe. So manche Stunde bin ich mit einem von euch auf dem Arm den Flur auf ­und abgegangen, wenn ich viel lieber in meinen warmen, molligen Bett gelegen und geschlafen hätte. Glücklich die Eltern, die mit Gott Umgang haben, während sie so mit einem schreienden, unruhigen Kind den Flur auf  und abgehen. Sie werden erleben, wie sich diese gefürchteten Nachtwachen in Stunden himmlischer Gemeinschaft mit dem besten und liebsten Freund verwandeln. Das stille Haus, wenn alle anderen schlafen, ist gerade der Platz, wo du mit deinem Herrn ungestört Umgang haben kannst.

 

 

 

Und wem dann das Kind (wie es bei euch abwechselnd der Fall war), an den Rand jenes kalten, dunklem Flusses kommt und das junge Leben, das dir teurer geworden ist als dein eigenes, dir zu entgleiten droht, dann lernst du eine der tiefsten Lektionen, die dieses Leben lehren kann   in Wahrheit zu sagen  „Dein Wille geschehe!“

 

 

 

Aber wahrscheinlich könnte jeder von uns ein Buch niederschreiben über die Lektionen, die wir von unseren kleinen Lieblingen lernen   von deren kleinen zarten Händchen uns die bloße Berührung immer mehr bedeutet und deren eigensinniger Wille sich unserer Autorität hartnäckig widersetzt.

 

 

 

Wir können hier nicht weiter auf diese Lektion ergehen; nur wer selbst Kinder hat, kennt und versteht sie, und ich glaube, nur ein solcher kann die Geschichte Henochs verstehen. Sie scheint eigens für uns Eltern geschrieben zu sein. Möchte doch jeder von uns erkennen, wie Henoch erkannte, daß unsere lieben Kleinen uns dahinbringen, mit Gott zu wandeln. Und in dieser wunderbaren Begleitung dürfen wir Stärke und Trost für unseren Pfad als Eltern finden.

 

Das kleine Kind, das das Mittel gewesen zu sein scheint, daß sein Vater mit Gott wandelte, wird diesen geliebten Vater Tag für Tag in seinem Wandel beobachtet haben. Es wird gehört haben, wie er jene ernsten Prophezeiungen eines kommenden Gerichts äußert, die Tausende von Jahren später durch Judas uns berichtet werden; und sein eigener Name „Methusalah“ bedeutet: „Bei seinem Tode bricht es herein“. Das alles muß ihm ganz andere Hoffnungen und Ziele gegeben haben als seinen Vettern, den Kindern Lamechs.

 

 

„Was liegt schont an einem Namen?“ ist eine heutzutage vielgeäußerte Ansicht; aber wieviel lag in dem Namen von Henochs Sohn eingeschlossen für jene, die Augen hatten zu sehen und Ohren zu hören! Dreihundert Jahre lang beobachtete er den konsequenten, widerspruchsfreien Wandel seines Vaters, bis er nicht mehr war, denn Gott nahm ihn hinweg   „nahm ihn hinweg“(d. h. entrückte ihn), ohne daß er den Tod sah, wie wir in Hebr 11 erfahren. Aber Methusalah lebte weiter hier unten, und er wußte, daß das Gericht nicht hereinbrechen konnte, so lange er lebte. Sein eigener Sohn Lamech wurde geboren und lebte 777 Jahre (sehr zum Unterschied von jenem Mann im letzten Buche der Bibel, dessen Zahl 666 ist), und er starb, aber Methusalah, sein Vater, lebte noch weitere fünf Jahre. Er beobachtete seinen Enkel Noah während 600 Jahren seines Lebens, hörte die feierliche Ankündigung des Gerichts und sah, wie die Arche gebaut wurde zur Rettung der ganzen Familie seines Neffen, bis er schließlich  der älteste Mensch, der je gelebt hat   von diesem Schauplatz abtrat und den Weg für das Gericht, das kommen sollte, freigab. Die 969 Jahre von Methusalahs Leben sind denen, die Ohren haben zu hören, eine mächtige Stimme, die zu ihnen von Gottes Geduld und Langmut spricht, und daß Gericht zu üben nicht nach Seinem Herzen ist, die aber andererseits ebenso klar und deutlich die Gewißheit des kommendem Gerichts verkündet.

 

 

 

Stelle nun die Familien dieser beiden Erzväter, die beide die siebenten von Adam sind, einmal für einen Augenblick einander gegenüber: der eine strömte den Geist dieser Erde aus, der andere die Atmosphäre des Himmels. Der eine war des Mordes schuldig, der andere hat den Tod niemals geschmeckt. Wir Eltern mögen wohl für uns   zum Vorbild für unsere Kinder   ein Leben wie das Henochs begehren. Es gibt nichts, das einen mächtigeren Einfluß, auf sie haben kann, um sie von dieser Welt, die unter dem Verdammungsurteil liegt, abgesondert zu halten, als ein solches Vorbild, ein solches Leben.

 

 

 

Wenngleich meine Feder schon über das, was ich von Henoch sagen wollte, hinausgegangen ist, so möchte ich doch noch gern die folgenden Zeilen anfügen, die diese drei Patriarchen Henoch, Methusalah und Noah miteinander verbinden.

 

(Das folgende Gedicht wurde ohne Berücksichtigung der Reime übersetzt).

Die geschäftige Welt drängte weiter auf ihrem Weg,
beschäftigt mit Planen, Bauen, Kaufen und Verkaufen,
und wußte weder, noch kümmerte es sie, daß alle Tage
der Herr Selbst aus Seiner Wohnung in der Höhe herabkam,
um mit Menschen zu wandeln.
Und so nahm die Zeit eilends ihren Weg,
bis dreihundert Jahre vergangen waren,
während welcher Henoch, der Prophet des Herrn, vorhersagte:
Der Herr wird kommen inmitten Seiner heiligen Tausende,
wird kommen, um Gericht auszuführen.

 

Aber leider, die geschäftige Welt hastete weiter ihren Weg,
weder dachte, noch kümmerte sie sich um Gottes ernsten Ruf.
Dann   wie seltsam !   Henoch war eines Tages nicht mehr,
denn Gott hatte ihn hinweggenommen, zu wohnen in der Höhe,
zu wohnen bei Ihm.

 

Doch Henochs Sohn verbreitete weiter die feierliche Botschaft:
Wenn ich sterbe, wird das Gericht gewiß hereinbrechen.
Und Noah baute eine Arche, ihre Seelen zu retten:
Auch er predigte mit vollem Ernst, während sie bauten:
Der Richter ist nahe.

 

Die Welt eilte weiter ohne einen Gedanken an Gott.
Sie hatten keine Zeit zu hören, was Er sagte.
Sie erkannten es nicht, bis die Flut wirklich kam
und sie alle hinwegraffte, ja, alle auf die gleiche Weise:
Der Richter was gekommen.

 

Und noch immer eilt die geschäftige Welt ihren Weg,
beschäftigt mit Planen und Bauen, Kaufen und Verkaufen,
und achtet nicht darauf, gerade so wie in Noahs Tagen,
daß Gott noch immer den ernsten Ruf aussendet:
Der Richter ist nahe.

 

 

 

Bevor dieses unheilbringende Gericht plötzlich hereinbrechen wird,
wird unser Gott, wie Henoch einst, die Seinen zu Sich nehmen.
Mit Feuer verbrannt werden die Erde und alle ihre Werke;
doch die Seinen werden mit Ihm in weißen Kleidern wandeln
daheim bei Ihm!

 

NOAH

 

 

Es gibt nur wenige, die so geehrt worden sind wie Noah. Ebenso wie von seinem Urgroßvater wird auch von ihm berichtet, daß er mit Gott wandelte. Durch Glauben hat er, von Furcht bewegt, nachdem ihn Gott vor Dingen gewarnt hatte, von denen bis dahin noch nichts zu sehen war, zur Rettung seines Hauses die Arche gebaut. Der Name und die Gegenwart seines Großvaters muß ihm eine tägliche Mahnung gewesen sein an das Gericht, das mit jedem Tag näher rückte. Wir dürfen wohl glauben, daß jene letzten fünf Jahre zwischen dem Tod seines Vaters und dem des Großvaters auch Jahre sehr ernsten Zeugnisablegens durch diesen alten „Prediger der Gerechtigkeit“ gewesen sein müssen. In diesen Jahren ging der Bau der Arche seiner Vollendung entgegen. Und dann kam jener Tod, der Tod des Großvaters, der den Weg für die Sintflut öffnete, und dann die Flut selbst mit ihrer völligen Vernichtung aller Freunde, Bekannten und der ganzen ihnen bekannten Welt. Noahs drei Söhne und ihre Frauen gingen ebenfalls durch diese ernsten und schrecklichen Jahre hindurch. Man sollte meinen, jene Jahre hätten bei der ganzen Familie einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Aber was ist nahezu der erste Anblick, der sich uns nach der Befreiung aus dem langen Eingeschlossensein in der Arche bietet? Wir sehen Noah betrunken im Zelt, entblößt, und seinen Sohn Ham ihn verspotten. Und so fällt einer dieser drei bevorrechtigten Söhne, die vor der Flut bewahrt worden waren, unter einen Fluch, der bis auf den heutigen Tag währt.

 

 

 

Wer war daran schuld? Warum fiel der Sohn eines so geehrten Knechtes Gottes, wie Noah es war, unter einen so schrecklichen Fluch? Was er von seiner Kindheit an im Hause seines Vaters gesehen und gehört hatte, und erst recht die letzten Jahre, sollte ihn doch eigentlich abgehalten haben von einem derartig schlechten Betragen. Aber wem war die Schuld in Wirklichkeit zu geben? Wie oft muß es Noahs Gewissen bedrängt haben: „Hätte ich mich nicht der Genußsucht hingegeben, die mich betrunken werden ließ, so hätte ich mich nicht auf diese beschämende Weise geherlassen, die meinen Sohn der Versuchung aussetzte und   seinen Fall bewirkte“. Bittere Reue wird Noahs Herz oft erfüllt haben, aber es war vergebliche Reue, und die traurigen Folgen der Genußsucht jenes Tages dauern bis zum gegenwärtigen Augenblick an. Und Harns zweiter Sohn Mizraim ging offenbar noch weiter auf dem verkehrten Weg als sein Vater, denn ein alter Schreiber sagt von ihm: „Mizraim war der Erfinder der schwarzen Kunst, der Astrologie und Magie, und war dieselbe Person, die die Griechen Zoroaster nannten“.

 

Liebe Kinder, laßt uns auf der Hut sein vor der Genußsucht! Es ist so leicht, ihr zu verfallen, und es erscheint uns so viel angenehmer, uns ihr zu überlassen, als Härten zu ertragen als gute Soldaten Jesu Christi: Soldaten im Dienst, nicht außer Dienst.   Wir werden noch mehr von den bitteren Früchten der Nachsicht gegen sich selbst erfahren, wenn wir weiter über die Eltern in der Schrift nachsinnen; aber mittlerweile laß uns daran denken, daß „Mäßigkeit in allen Dingen“, ganz gleich, ob es Schokolade, ein Buch oder ein Hobby sein mag   oder jenes, worin Noah fehlte  , ein guter Grundsatz für jeden von uns Eltern ist.

 

ABRAHAM

 

 

Der nächste, den wir betrachten wollen, ist Abraham. Was war die Ursache von Abrahams Kummer mit Ismael? Leider, Abraham, der Vater der Gläubigen, versagte im Glauben. Wie so oft in unserem Versagen, war eine lange Geschichte damit verbunden. Der Herr hatte Abraham geboten, nach dem Lande Kanaan zu ziehen, und wir wissen, daß er auch wirklich dorthin kam und mit Zelt und Altar dort wohnte. Doch dann brach eine Hungersnot aus   die ja öfters für jene, die den Glaubenspfad gehen, zugelassen wird   und Abraham zog nach Ägypten hinab (1. Mose 12, 10) anstatt in dem Lande, in das Gott ihn gebracht hatte, auf den Herrn zu vertrauen.

 

 

 

Im Lande Ägypten wurde er gut behandelt, und zwar um seiner Frau Sara willen (eine beschämende Angelegenheit), und um ihretwillen „bekam er Kleinvieh und Rinder und Esel und Knechte und Mägde, und Eselinnen und Kamele“ (1. Mose 12, 16). War Hagar, die Ägypterin (1. Mose 16, 3), die hernach solches Leid und Unglück in sein Haus brachte, und die die Mutter Ismaels wurde   war sie eine von jenen „Mägden“', die Abraham um Saras willen in Ägypten gegeben worden waren? Es erscheint ziemlich sicher, daß es so war.

 

 

 

Aber es kam noch zu einem weiteren Schritt auf demselben Wege, dem des Glaubensmangels, bevor Hagar die Mutter Ismaels wurde und er der Stammvater der Araber, die von da an bis heute eine solche Geißel für das Volk Gottes gewesen sind. Es war Sara, nicht Abraham, die die Führung in der ganzen traurigen Geschichte mit Hagar übernahm, nicht allein darin, daß sie Hagar ihrem eigenen Mann gab, sondern auch darin, daß sie die Magd hart behandelte, so daß diese davonlief; und schließlich war es ebenfalls Sara, die in ihrem Zorn forderte, die Unfreie und ihren Sohn zu verstoßen, ein Verlangen, das von Gott gebilligt wurde. In dieser ganzen Angelegenheit scheint Sara den ihr gebührenden Platz verlassen zu haben, und dies läßt die Gnade Gottes um so heller hervorstrahlen, wenn Sara in 1. Petr 3, 5. 6 jenes ungewöhnliche Lob erteilt wird, das wir schon anführten.

 

Doch wer bin ich, daß ich auf Fehltritte von solchen Männern und Frauen wie Abraham und Sara mit dem Finger deuten dürfte? Und doch: diese Dinge sind geschrieben zu unserer Ermahnung; möge der Herr uns helfen, daß wir durch sie gewarnt werden.

LOT

Wir gehen weiter zu Lot, zu seiner traurigen, doch äußerst lehrreichen Geschichte. Als Abrahams und Lots Knechte Streit untereinander hatten, schlug Abraham vor, sich lieber zu trennen als den Amoritern, die damals im Lande wohnten, den traurigen Anblick von Glaubensgenossen und Knechten des wahrhaftigen Gottes zu bieten, die miteinander im Streit liegen. In einem lieblichen Geist der Bescheidenheit und Demut ladet Abraham, der Ältere, seinen Neffen Lot ein, zu wählen, wohin er gehen wolle. Es war eine klägliche Schaustellung seiner Selbstsucht, die Lot veranlaßte, eine solche Einladung anzunehmen. Und doch geschah es so. Und er wählte die reichbewässerten Ebenen von Sodom zu seiner neuen Heimat. Oh, wie oft haben auch wir unsere Familien in unnötigen Kontakt mit moralischer Unreinheit gebracht in der Hoffnung auf einen Vorteil für sie oder unseren Geldbeutel.

Wie unendlich viel besser wäre es für Lot gewesen, wenn er arm geblieben wäre, anstatt reich zu werden mit dem Reichtum Sodoms. Wir kennen die traurige Geschichte, die damit anfing, daß er zunächst auf die Ebene Sodoms, die eine „reichbewässerte Ebene“ war, hinschaute; daß er dann seine Zelte bis Sodom aufschlug, schließlich in der Stadt selbst wohnte und endlich einen Platz „im Tore“ hatte.

 

 

Wir wissen aber auch, daß Lot seine gerechte Seele Tag für Tag quälte, während er an diesem unreinen Ort wohnte. Vielleicht war es seine Frau und die Familie, die ihn überredeten, nach Sodom zu ziehen und dort zu bleiben trotz der quälenden Fragen, die täglich auf ihn zukamen. Möglicherweise war es der Vorteil, den die Kinder an solch einem günstig gelegenen Ort haben würden. Was es auch gewesen sein mag, jedenfalls verheirateten sich seine Töchter allem Anschein nach mit Männern aus Sodom und fühlten sich dort zu Hause. Und laßt uns dabei stets bedenken, daß all das aus der unverschämten, selbstsüchtigen Wahl entsprang, die Lot selbst getroffen hatte   statt zu warten, daß sein Onkel wählte, wie es schon der Anstand von ihm gefordert hätte.

 

 

 

Aber der kläglichste Teil dieser ganzen traurigen Geschichte ist für mich in 1. Mose 19, 14: „Und Lot ging hinaus und redete zu seinen Eidamen, die seine Töchter genommen hatten, und sprach: Machet euch auf, gehet aus diesem Orte; denn Jehova will die Stadt verderben. Aber er war in den Augen seiner Eidame wie einer, der Scherz treibt“.

 

 

 

Er schien wie einer, der Scherz treibt. Das spricht für mich Bände. Wie ihr ja wißt, ist eben diese Sünde meine besondere Versuchung, und so kann ich verstehen, besser vielleicht als ihr, aus der Schmerzlichkeit der eigenen Erfahrung, daß Lot   selbst mit einer bedrückten Seele   die Gewohnheit gehabt hat, Scherz zu treiben. Er mag ein sehr geistreicher Mann gewesen sein, stets mit einem Scherz bei der Hand. Ob es nun so war oder nicht, ich bin sicher, daß es nicht das erste Mal war, daß Lot mit seinen Schwiegersöhnen Spaß machte, sonst würden sie Lots verzweifelten Ernst in jener furchtbaren Nacht nicht mißverstanden und für einen Scherz gehalten haben.

 

 

 

Denkt daran, meine Lieben, Lots Spaßmachen kostete ihn das Leben seiner verheirateten Töchter und deren Familien. Sie kamen um in dem Untergang der Stadt   kamen um durch das, was man für „einen unschuldigen Spaß“ hielt. So können wir das Wort in Pred 10, 1 wohl verstehen: „Tote Fliegen machen das Öl des Salbenmischers stinkend und gärend: ein wenig Torheit hat mehr Gewicht als Weisheit und Ehre“. Wie verschieden davon ist der Geruch Seiner lieblichen Salben im Hohelied 1, 3 oder der angenehme Duft der Salbe, der das ganze Haus erfüllte, wo der Herr und Seine Jünger saßen. Wie traurig, wenn all das zugrunde gerichtet worden wäre durch ein paar „tote Fliegen“.

 

 

 

Es wundert uns dann nicht, daß das Neue Testament diejenigen, die in der Versammlung Ansehen haben, so angelegentlich ermahnt, nüchtern und besonnen zu sein (1. Tim 3, 2. 8. 11; Tit 1, 8; 2, 2), und uns alle warnt vor törichtem Geschwätz und Witzelei, welche sich für uns nicht geziemen (Eph 5, 4). Oh, was für eine Gewissensqual, wenn durch unser Scherzen solche, die wir liebhaben, die Ewigkeit in dem Feuersee verbringen müssen!

 

 

 

Könnte dies doch das Ende sein von dieser so tief traurigen Geschichte der Familie Lots! Aber es ist es noch nicht. Daß Lots Frau zurückblickte, sagt uns, wo ihr Herz weilte; sie wurde zu einer Salzsäule: eine ernste Warnung für uns alle. Seine eigenen Töchter, die aus Sodom gerettet worden waren, machen Lot zwei Nächte nacheinander betrunken (anscheinend war das nichts Ungewöhnliches bei ihm) und wurden dann zu seiner und ihrer ewigen Schande die Stammütter der Moabiter und der Ammoniter: zwei von Israels erbittertsten Feinden.

 

 

 

Das ist das Endergebnis des Weges eines „gerechten Mannes“, der mit einem begehrlichen Blick auf die reichbewässerten Ebenen dieser Welt begann.

 

Oh, unser Gott, bewahre uns, wir bitten Dich!

 

ISAAK

Wir gehen weiter zu Isaak. Warum war sein Alter verdüstert durch das, was ein unheilvoller Streit zwischen seinen beiden Söhnen zu werden drohtet Was war die Ursache? Ich denke, die Worte „Wildbret war nach seinem Munde“ geben uns einen Schlüssel zu den Antworten auf diese Fragen.

 

 

Isaak war ein sehr wohlhabender Mann. Härte und Not hatte er   im Gegensatz zu seinem Vater   nie zu spüren bekommen. Er war, was man einen „weichen“ Mann nennt. Wohlleben und Genußsucht waren ihm zur Gewohnheit geworden. „Wildbret war nach seinem Munde“ sind Worte, die ganz entschieden unter der Würde eines Heiligen sind. Wie bei Noah, war der Fall seines Sohnes größtenteils seiner eigenen Zügellosigkeit zuzuschreiben.

 

 

 

Doch war dies noch nicht der ganze Kummer in Isaaks Haus. Wie unsagbar traurig ist es, Rebekka zu sehen, wie sie bewußt Vorkehrungen trifft, um ihren Mann zu betrügen. Wenn wir uns an die Geschichte Rebekkas in 1. Mose 24 erinnern, wie sie ihre Heimat, ihre Verwandtschaft und alles was sie hatte, verließ und den Wüstensand durchquerte, um die Braut jenes geliebten einzigen Sohnes zu werden, der alles erben sollte, da werden unsere Herzen bewegt: Sie liebte, obwohl sie den Gegenstand dieser Liebe noch nicht gesehen hatte (was aber nicht heißen soll, daß er ihr unbekannt war), und so wurde sie das auserlesene Vorbild für das Verhältnis der Kirche zu Christo. Doch nun ist ihre Liebe erkaltet. Sowohl sie als auch Isaak haben ein Lieblingskind, und die Frau nutzt wohlüberlegt die Blindheit ihres Mannes aus und täuscht ihn. Wie weit entfernt ist das alles von dem Haus eines Mannes Gottes, wie es sein sollte. Ebensowenig können auch wir den Segen Gottes auf unsere Häuser erwarten, wenn Mann und Frau nicht eins sind. Und die Kinder sind gegeben, damit das Heim zusammengehalten werde, und jene heiligen Bande, die Mann und Frau eins machen, noch vertieft werden. Diese Kinder können nicht Lieblingskinder werden und so die Familie aufspalten, ohne daß es zum Leid und zur Schande aller gereicht.

 

 

ISMAEL

 

 

Bevor wir die bemerkenswerte Geschichte Jakobs betrachten, darf ich einen Augenblick bei Ismael verweilen   bei einem jener goldenen Strahlen von Gottes Gnade, die dem oberflächlichen Leser verborgen bleiben. Wir wissen wenig von Ismael. Er war vielleicht fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, als er seinen kleinen Bruder Isaak verspottete und so die Ursache wurde, daß seine Mutter und er selbst aus seinem elterlichen Heim hinausgewiesen und heimatlose, vor Durst verschmachtende Wanderer wurden. Ihr erinnert euch an Hagars Verzweiflung, als sie den Jungen unter den Busch warf, sich einen Steinwurf weit davon entfernt hinsetzte und sprach: „Daß ich das Sterben des Kindes nicht ansehe! und sie setzte sich gegenüber und erhob ihre Stimme und weinte“ (1. Mo 21, I6).

 

 

 

Und was geschah mit dem Knaben? Auch er erhob seine Stimme   jedoch nicht um zu weinen, sondern um zu beten. Er sollte ein störrischer Mensch werden (1. Mo 16, 12), und vielleicht war er ein „ausgelassener Junge“, aber er hatte die Jahre mit seinem lieben alten Vater nicht gelebt, ohne etwas vom Wert des Gebets zu lernen. Und ihr werdet euch ja auch erinnern, daß sein Name tatsächlich „von Gott erhört“ bedeutet. Laßt uns hieran denken und auch berücksichtigen, daß Ismael sehr wahrscheinlich eifersüchtig war auf den kleinen Jungen, der an seiner Statt „Erbe von allem“ wurde; es wäre ja auch fast unnatürlich, wenn es nicht so gewesen wäre. Wenn wir uns diese Dinge vor Augen führen, berührt es uns besonders angenehm, wenn wir später Ismael zusammen mit Isaak seinen Vater begraben sehen (25, 9). Gewiß dürfen wir daran erkennen, daß Gott an seinem Herzen wirkte.

 

 

 

Ismael und seine Mutter mögen wohl sehr unter ihrer Vertreibung aus diesem wohlhabenden Heim seiner Kindheit gelitten haben, und es gab viel Ursache zu bitterer Reue über seine früheren Sünden. Wie kostbar ist es dann zu sehen, daß der Name von Ismaels Tochter Machalath (28, 9) „VERGEBEN“ bedeutet! Dieses kleine Mädchen wurde wahrscheinlich in Verhältnissen großgezogen, die ganz anders waren als die, in denen ihr Vater seine Kindheit verbracht hatte,   und das alles wegen seiner Sünde. Aber jedesmal, wenn er sie anschaute, wurde er von neuem daran erinnert, daß alles vergeben war. Es gibt im Alten Testament viele hübsche Namen für Kinder; ich kenne jedoch keinen, der den Namen von Ismaels kleiner Tochter „Machalath“ an Schönheit übertrifft.

 

 

 

Aber das ist noch nicht alles. Ob Ismael nicht manchmal das Herz weh tat darüber, daß seine Kinder in so einem ganz anderen Heim aufwuchsen als es dasjenige war, dessen er sich als Kind erfreut hatte? In 1. Mose 28, 9 lesen wir, daß eben diese Tochter Ismaels, Machalath, durch Gottes wundervolle Gnade als Braut in eben das Haus zurückgebracht wird, das ihr Vater durch seine Sünde verloren hatte. Mir ist das über die Maßen kostbar. Wer kann den Wert des Wortes „VERGEBEN“ so ermessen wie derjenige, der etwas von seiner Schönheit   nach dem bitteren Erlebnis der Sünde   erfahren hat? Doch wie doppelt lieblich, wenn der Vergebung die Wiedereinsetzung an den verlorenen Platz folgt. Mögen Ismael und Machalath euch trösten und ermutigen, wie sie auch mich getröstet und ermutigt haben. Doch selbst das ist noch nicht alles. Esau und Machalath hatten einen kleinen Sohn, den sie Reghuel nannten (1. Mo 36, 4). Und Reghuel bedeutet, so wird uns gesagt, „Freund Gottes“. Dies ist, ihr erinnert euch, der liebliche Name, den Abraham, der Urgroßvater des Kindes, trug (siehe Jak 2, 23; Jes 41, 8; 2. Chron 20, 7). Mir ist es kostbar, daß sie diesen Namen für ihr Kind wählten.

 

Die Vergebung, die Ismael veranlaßte, seine kleine Tochter „VERGEBEN“ zu nennen, ist „wiederherstellende Vergebung“ genannt worden, denn sie zeigte, daß der Große Hirte seine Seele wiederhergestellt hatte. Die Vergebung, die dieser Tochter eben das Heim gab, das er durch die Sünde verloren hatte, ist „regierungsmäßige Vergebung“ genannt worden; sie zeigt, daß Gott in Seinen Regierungswegen Ismaels Kind die Strafe erlassen hat, die er selbst für seine Sünde hatte erleiden müssen. Es gibt noch eine dritte Art der Vergebung: die Begnadigung, die bei dem Gläubigen zuerst kommt   Gottes „ewige Vergebung“. Es ist gut für uns, wenn wir verstehen, daß in Gottes Handeln mit Seinem Volk die Vergebung von diesen drei Seiten her gesehen werden muß. Und dürfen wir nicht annehmen, daß, insofern Ismael auch ein Sohn Abrahams war (siehe Luk 19, 9), er ebenso wie die wiederherstellende und regierungsmäßige auch die ewige Vergebung empfing? Doch obschon es so aussieht, daß Ismael diese Gnadenerweisung von Gott empfangen hat, so müssen wir uns doch auch daran erinnern, daß er der Großvater Amaleks war, von dem gesagt ist: „Die Hand ist am Throne Jahs: Krieg hat Jehova wider Amalek von Geschlecht zu Geschlecht!“ Wir können nicht leichtfertig gegen Gott und Sein Volk sündigen, ohne daß sehr bittere Folgen daraus hervorgehen.

 

ESAU

Esaus Geschichte ist sehr traurig und tiefernst.

 

 

Er war der Sohn Isaaks, eines der geehrtesten der Patriarchen. Als sein Großvater Abraham starb, mochte er fünfzehn Jahre alt gewesen sein, und er sollte eigentlich als Knabe von ihm, der „der Vater der Gläubigen“ ist, sehr beeinflußt worden sein. Er war der ältere Zwillingsbruder von Jakob, dem Gott solche unaussprechliche Gnade erzeigte, und Esau gehörte das Erstgeburtsrecht und der Segen. Er sah und wußte, welchen Wert sein Großvater und Bruder auf die Verheißungen Gottes legten; doch ihm selbst scheinen sie überhaupt nichts bedeutet zu haben, denn er verkaufte sein Erstgeburtsrecht für eine Speise (Hebr 12, 16). Er scheint ein Mensch gewesen zu sein, dem der Glaube gänzlich fehlte. Was er nicht sehen konnte, hatte in seinen Augen keinen Wert. Die Schrift nennt ihn einen Ungöttlichen, und es wird von ihm gesagt: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehaßt. Ich weiß, daß er den „Vorsatz Gottes nach Auswahl“ veranschaulicht (Röm 9, 11); doch zweifle ich nicht daran, daß wir die Ursache dafür in Esaus eigenem Verhalten zu suchen haben. Er verachtete die Verheißungen Gottes, und „nachher, als er den Segen ererben wollte, wurde er verworfen (denn er fand keinen Raum für die Buße), obgleich er ihn (den Segen) mit Tränen eifrig suchte“ (Hebr 12, 17).

 

 

 

Ihr erinnert euch, daß Esau im Sinn hatte, seinen Bruder zu erschlagen; und was in Gottes Augen am schlimmsten gewesen zu sein scheint, war der unversöhnliche Haß, den der Same Esaus gegenüber dem Samen Jakobs, der das Volk Gottes war, hegte. Dennoch dürfen wir das Sehnen und die Trauer des Herzens Gottes um diese Nachkommen Esaus erkennen, denn in 5. Mo 23, 7 sagt Er: „Den Edomiter sollst du nicht verabscheuen; denn er ist dein Bruder“. Ungeachtet alles Eigensinns und aller Sünde Esaus und seines Samens lag dem Herrn daran, Israel an den brüderlichen Anspruch, den Edom an sie hatte, zu erinnern. Aber auch dieses Wohlwollen wurde verschmäht und zurückgewiesen, und der Herr mußte zu Edom sagen: „Wegen der an deinem Bruder Jakob verübten Gewalttat wird Schande dich bedecken, und du wirst ausgerottet werden auf ewig“ (Obadja 10).

 

 

 

Wir gläubigen Eltern tun wohl, daran zu denken, daß Genußsucht beim Essen der Anfang von Esaus Fall gewesen zu sein scheint, und wir haben ja schon erwähnt, daß dies eben die Sünde war, in die auch sein Vater fiel. Wie unsagbar traurig, ist es, daran zu denken, daß an einem zukünftigen Tag offenbar werden wird, daß seines Vaters Beispiel Esau zu dem führte, was sich als sein Verderben erwies. Möge der Herr uns bewahren, denn wir können uns nicht selbst bewahren!

 

 

 

Aber wir dürfen auch nicht vergessen, daß Isaaks schlechtes Beispiel weder Esaus Verantwortlichkeit verkleinert noch ihn entschuldigt, daß er nicht dem Glauben seines Vaters nachgefolgt ist, und daß es auch Gottes Gericht über ihn nicht verringert. Um die Schwere dieses Gerichts zu erkennen, müssen wir die Propheten aufschlagen. Wir finden das ganze Buch Obadja damit beschäftigt, und auch in den anderen Propheten wird häufig darauf Bezug genommen   siehe z. B. Jer 49, 7 22. Edom wird „ausgerottet werden auf ewig“ und gleich der Umkehrung von Sodom und Gomorra und ihrer Nachbarn, spricht Jehova, wird niemand daselbst wohnen und kein Menschenkind darin weilen“ (Jer 49, 18). Wenn in der übrigen Welt Freude herrscht, wird Edom völlig verwüstet sein.

 

Esau und seine Nachkommen erinnern uns an die Kinder gläubiger Eltern, Kinder, die das Evangelium abgelehnt haben. Sie hatten ein „Erstgeburtsrecht“ der Errettung, haben es aber geringgeschätzt und verschmäht. Sie haben die gesegneten Verheißungen Gottes gehört und gekannt, und haben sie zurückgewiesen. Sie hatten Großeltern, Eltern, Brüder und Schwestern, die das sehr wertschätzen sahen, was sie selbst ausschlugen. Manche von ihnen sind leider sehr verbittert geworden gegenüber dem Volk Gottes, vielleicht nicht ohne einen bestimmten Grund; wieviel Ursache hatte Esau, seinem Bruder zu grollen! Doch es entschuldigte ihn nicht.

Solche Worte niederzuschreiben, ist mir sehr schmerzlich; aber möchte dieses traurige Beispiel uns, die wir widerspenstige Kinder haben, antreiben, ihretwegen eifriger das Angesicht Gottes zu suchen. Und sollte der Blick eines solchen Kindes auf diese Seiten fallen: erinnere dich der Gnade Gottes, die noch immer um dich wirbt; es gibt noch einen Weg „nach Hause“. Ist es so schwer zusagen: „Vater, ich habe gesündigt“?

 

JAKOB

 

 

Jakobs Geschichte ist voll von tiefen und lehrreichen Lektionen. Über seinem Leben steht gleichsam von Anfang bis zum Ende geschrieben: „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten“. Er hatte seinen Vater hintergangen und seinen Bruder betrogen. Später war er es, der betrogen und hintergangen wurde, und zwar von seinem Schwiegervater und später von seinen eigenen Söhnen. Doch all das läßt Gottes Gnade ihm gegenüber um so heller erstrahlen.

 

 

 

Ihr werdet bemerkt haben, wieviel Platz der Geist Gottes im ersten Buch Mose der Geschichte Jakobs widmet. Und ich denke, daß unsere Herzen sich freuen, daß es so ist. Jakob gleicht uns so sehr, daß sich uns immer wieder der Gedanke aufdrängt: „Dies könnte ebensogut ich selbst sein!“ Die Schwächen, der Eigenwille, das Planen, der Mangel an Glauben, das Hinwenden zur Welt, das alles sind   leider ist es so   Dinge, die manchen von uns nur allzugut bekannt sind. Aus diesem Grunde freuen wir uns, daß unser Gott so beharrlich von Sich Selbst als „dem Gott Jakobs“ spricht und so selten als „dem Gott Abrahams“. Siehe z. B. Ps 20, 1; 46, 7. 11; 75, 9; 81, 1. 4; 84, 8; 94, 7; 114, 7; 132, 2. 5; 146, 5. Vergleiche Ps 47, 9. Beachte, daß wir in den Psalmen dreizehnmal „der Gott Jakobs“ finden, während nur einmal „der Gott Abrahams“ vorkommt. Und laßt uns daran denken, daß Jakob „Überlistet, Betrüger“ heißt, während Abraham soviel wie „Vater vieler Nationen“ bedeutet.

 

 

 

Ich brauche mir jetzt nicht die Zeit zu nehmen, die Einzelheiten seiner ganzen, äußerst fesselnden Geschichte zu verfolgen. Das steinerne Kissen, wo die Sonne unterging, mit den mehr als zwanzig Jahren harter Arbeit, die darauf folgten, bevor wir wieder von einem Sonnenaufgang lesen, die Leiden in Haran   all das sind unbestreitbar Folgen seiner Sünde gegen Vater und Bruder. Ebensowenig dürfen wir vergessen, daß Jakob zwei Frauen und zwei Kebsweiber hatte, ganz im Gegensatz zu seinem Vater und seinem Großvater. Schon in Haran sehen wir Ruben, seinen Erstgeborenen, damals noch ein Kind, bei einem Handel beteiligt, wo allein die Liebe hätte das Wort haben sollen. Es verwundert dann kaum, daß derselbe Sohn im späteren Leben seinen Mangel an Ehrerbietung diesen heiligen Dingen gegenüber beweist, indem er bei Bilha, dem Kebsweib seines Vaters liegt. Diese einzelne Tat kostete Ruben sein Erstgeburtsrecht, aber darüber hinaus verursachte sie Jakob den bittersten Kummer. Kurz vor dem Ende seines Lebens (1. Mo 49, 4. 5) scheint ihm das Abscheuliche dieser bösen und unsauberen Tat bewußter und furchtbarer gewesen zu sein als in jenen früheren Tagen, als Jakob nur von ferne folgte, anstatt mit Gott zu wandeln, wie er es während der letzten Jahre seines Lebens getan zu haben scheint. Und in einer Hinsicht ist das so, wie es sein sollte. Wahrhaftig, die Sünden sind vergeben, sie sind alle zugedeckt, wir sind gerechtfertigt: und wenn Gott es ist, der rechtfertigt, wer ist es dann, der verdamme? „Der Verkläger der Brüder“ ist nur zu eifrig, uns diese alten Sünden entgegenzuhalten und uns an sie zu erinnern; aber dem Herrn sei Dank, wir haben Einen für uns. Der stets bereit ist zu sprechen: „Jehova schelte dich, Satan! ja, es schelte dich Jehova . . . Ist dieser nicht ein Brandscheit, das aus dem Feuer gerettet ist“ (Sach 3, 2)? Und dennoch, der Abscheu vor diesen alten Sünden sollte desto größer werden, je mehr wir erkennen, wieviel sie unseren Erlöser gekostet haben

 

 

 

Abraham und Isaak waren Fremdlinge. Sie hatten ihr Zelt und ihren Altar. Das einzige Stück Land in Kanaan, das dem einen oder anderen dieser Patriarchen gehörte, war ein Grab; Jakob hätte in ihren Fußtapfen nachfolgen sollen, doch in 1. Mo 33, 17 und 19 sehen wir ihn ein Haus bauen und Land kaufen. Dies zeigt eine andere Gesinnung als es die seines Vaters und Großvaters war. Es ist nicht immer leicht oder angenehm, den Fremdlingspfad zu gehen. Der Eine, Der sagte: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege“ (Mt 8, 20 und Lk 9, 58),  fand in dieser Welt keinen Platz, wo Er Sein heiliges Haupt niederlegen konnte, bis Er am Kreuz ausrief „Es ist vollbracht“ und Sein Haupt neigte. (Im Griechischen ist es in beiden Fällen dasselbe Wort, und es sind die einzigen Male, wo es in dieser Weise im Neuen Testament gebraucht ist). Hat es jemals einen gegeben, der über diese Erde schritt, in dem der Fremdlingscharakter so hell hervorleuchtete! Ein jeder mochte nach seinem Hause gehen, aber Jesus ging nach dem Ölberg; denn Er hatte kein Zuhause hienieden, wohin Er hätte gehen können (Joh 8, 1).

 

 

 

Jakob scheint des Fremdlingspfades überdrüssig geworden, zu sein und gab der Versuchung nach, sich niederzulassen und ein Haus zu bauen. Und was war die Folge dieses Verhaltens? Seine Tochter Dina geht aus, um die Töchter des Landes zu sehen. Ihr Vater hatte sich in der Welt niedergelassen, anstatt ein himmlischer Fremdling zu sein, der lediglich durch sie hindurchzog; was war da natürlicher, als daß seine Tochter wünschte, sich mit der Welt anzufreunden? Das traurige, beschämende Ergebnis davon kennen wir. Wer hätte geahnt, daß das Vertauschen eines Zeltes mit einem Haus solche bitteren Folgen haben könnte? Dennoch ist es so, und auch in unseren Tagen ist die Freundschaft der Welt noch immer Feindschaft gegen Gott, und wenn wir uns in dieser Welt einrichten und den Fremdlingscharakter verlieren, können wir schwerlich unsere Kinder tadeln, wenn sie die Freundschaft derer suchen, in deren Mitte wir uns häuslich niedergelassen haben.

 

 

 

Die Unehre für den Namen Gottes, die Schmach der ganzen Sache legte sich Jahre später (1. Mo 49) wohl weit eindringlicher auf die Seele Jakobs, als gleich zu Beginn, als die Sünde gerade geschehen war, und er ruft aus: „Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam! Ich werde sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen in Israel“ (1. Mo 49, 7). Levi wurde zerstreut in Israel zur Strafe für die furchtbare Untat, die Jahrzehnte zuvor in Sichem verübt worden war. Doch nun   zu unserer Ermunterung sieh die Gnade Gottes: eben die Strafe, das Zerstreutsein in Israel, wird zu einem unaussprechlichem Segen. Dieser Stamm ist erwählt, Gott zu nahen, und er ist zerstreut in Israel mit dem Ergebnis, daß durch ihn die Kenntnis Gottes und Seines Wortes in Israel ausgebreitet werden möge. Wieder einmal ließ Er den „Grimm des Menschen“ zu Seinem Preise ausschlagen, wieder einmal kam „Fraß aus dem Fresser“ hervor. Wie ermutigend!

 

Wir dürfen die Betrachtung über Jakob und seine Söhne nicht abschließen, ohne die Gnade zu erwähnen, die dem armen, fehlenden Jakob einen Sohn wie Joseph gab! Soviel ich weiß, berichtet die Heilige Schrift von keinem einzigen Makel in seinem Leben. Wie können wir Gott danken und Mut fassen, wenn wir immer wieder sehen, wie Seine Gnade weit höher reicht als unsere Sünden. Es ist eben diese Gnade, auf die wir Eltern heute rechnen müssen. Und die Geschichte Jakobs ist von Anfang bis zum Ende die Geschichte dieser Gnade.

„Jakob“

Siehe, ich bin stets mit dir!“
Mit mir, dessen Name „Betrüger ist?
O Herr, das kann nicht sein!
Mit Isaak wohl, meinem Vater,
doch niemals, Herr, mit mir!
„Doch, ich bin stets mit dir!“

 

Ich will dich sicher geleiten!“
Mich geleiten, der seinen Bruder beraubte?
Der nun um sein Leben flieht!
Mich geleiten, den sie „Überlister“ nennen?
Nein, mich wirst du nicht geleiten.
„Doch, ich will dich sicher geleiten!“

 

Und in das Land deiner Väter bringen!“
Mich, den Wurm, genannt Jakob?
O Herr, kann das sein?
„Ich gebe dir Nahrung und Kleidung“.
Dann sollst Du mein GOTT sein!
„Ja, ich bringe dich in das Haus deines Vaters zurück!“

 

Denn ich werde dich nicht verlassen!
Noch werde ich dich je versäumen.
Ich bin der Gott Jakobs auf ewig.“
Diesen Segen darf jeder nehmen  
Gott sagt zu jedem Glaubenden:
Nein, ich werde dich nie verlassen !“

 

AMRAM UND JOKEBED

 

 

Laßt uns nun zu Amram und Jokebed, den Eltern Moses, kommen. Was für eine wunderbare Erzählung ist das in dem 2. Kapitel des 2. Buches Mose. Wohl scheint die Frau hier der treibende Geist gewesen zu sein, und vielleicht ist das kaum zu verwundern, da Jokebed Amrams Tante war (2. Mo 6, 20); doch finden wir keinerlei Andeutung, daß Amram nicht seinen rechtmäßigen Platz in dieser kleinen Familie in Ägypten gehabt hatte. Hebr 11, 23 sagt uns: „Durch Glauben wurde Moses, als er geboren wurde, drei Monate von seinen Eltern verborgen, weil sie sahen, daß das Kindlein schön war; und sie fürchteten das Gebot des Königs nicht“. Diejenigen unter uns, die einmal in einem Lande gelebt haben, das von einer feindlich gesinnten Macht beherrscht wurde, können den wunderbaren Mut dieses gottesfürchtigen Paares, als sie das Gebot des Königs nicht fürchteten, richtig würdigen. Es war eine Bewährung ihres Glaubens; doch wir wissen, daß sie „viel köstlicher ist als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird“ (1. Petr 1, 7). Und wie hat Gott ihren Glauben geehrt! Jedes ihrer drei Kinder stand später an hervorragender Stelle in Seinem Dienst.

 

 

 

Welch eine Ermunterung ist das für Eltern heute, kühn auf der Seite Christi zu stehen zum Besten ihrer Kinder und ohne Menschenfurcht auf Ihn allein zu rechnen. Sicherlich wird Er heute einen solchen Glauben noch ebenso ehren, wie Er ihn in den Tagen Amrams und Jokebeds ehrte.

 

Indessen lehrt uns Jokebed noch eine andere liebliche Lektion. Der Pharao hatte seinem ganzen Volke befohlen: jeden Sohn, der geboren wird, sollt ihr in den Fluß werfen. Jokebed gehorcht dem König. Sie erkennt an, daß das Gebot des Königs für ihren Sohn Geltung hat, und sie wirft ihn in den Fluß jedoch in einem Kästchen verborgen, so daß kein einziger Tropfen von diesem Todeswasser ihn berühren konnte. Und Gott belohnt ihren Glauben reichlich. Ihr kennt alle die Geschichte. Die Königstochter nimmt das Kind auf, und die Schwester des Säuglings läuft, eine Amme zu rufen, die indessen keine andere ist als des Kindes eigene Mutter. Mit welcher Freude nimmt sie den Kleinen aus den Armen der Königstochter, nun nicht für sich selbst, sondern für diejenige, die ihn gerettet hatte: „Nimm dieses Kind mit und säuge es mir, und ich werde dir deinen Lohn geben“.

 

 

Ähnlich ist es bei uns. Gläubige Eltern haben das Vorrecht, anzuerkennen, daß das Kind, das Gott gegeben hat, unter dem Todesurteil steht. Jedoch ein Anderer ist zuvor durch den Tod hindurchgeschritten; und Er, auf Den wir hinsichtlich der Errettung unserer Kinder rechnen dürfen, sagt uns gleichsam: „Nimm dieses Kind und ziehe es für Mich auf, und Ich werde dir deinen Lohn geben“. Es gehört nicht mehr uns, wenn wir in Wahrheit suchen, es für Ihn aufzuziehen.

 

 

PHARAO

 

 

Wir können hier nicht gut die Kinder unerwähnt lassen, die der Pharao in Ägypten zurückhalten wollte (2. Mo 10, 10). Es war das Herz eines wahren Vaters, welches entgegnete: „Mit unseren Jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern, mit unserem Kleinvieh und mit unseren Rindern wollen wir ziehen“. Wieviele Eltern gibt es, die sich damit begnügen, daß sie selbst aus Ägypten herausgekommen sind, und die sich damit abfinden, daß ihre Kinder darin zurückbleiben. Möge Gott uns Eltern Gnade schenken, eine klare Trennung von der Welt zu vollziehen sowohl im Hinblick auf unsere Kinder als auf uns selbst und alles, was wir besitzen.

 

 

 

Das schreckliche Gericht, das den Pharao seinen ältesten Sohn kostete, war lediglich die Folge seines Unglaubens. Sollte der Blick eines ungläubigen Vaters auf diese Seite fallen, so möge er innehalten und sich besinnen, bevor es auf ewig zu spät ist: Welchen Preis werden deine Kinder zu bezahlen haben für deinen Unglauben. Bevor wir weitergehen, um Aarons Familie zu betrachten, laßt uns einen Augenblick innehalten und einen kurzen Blick auf das Familienleben in Ägypten werfen in den Jahren vor dem Auszug Israels aus Ägypten. Wir sehen Mose in seinem natürlichen Eifer für seine Nation aufstehen gegen ihre Bedrücker, denn „er meinte, seine Brüder würden verstehen, daß Gott durch seine Hand ihnen Rettung gebe; sie aber verstanden es nicht“ (Apg 7, 25). Die Erwartung der Befreiung erfüllte Moses Herz offenbar schon vierzig Jahre, bevor für Israel die Zeit reif war, Ägypten zu verlassen. Es kann sein, daß der Geist Gottes zu dieser Zeit die Herzen vieler Israeliten anrührte und sie zu dem Gott ihrer Väter hinwandte. Wenn wir in 4. Mose die Namen derer lesen, die „die Berufenen der Gemeinde“ (4. Mo 1, 16) waren, und bedenken, daß „EL“ Gott heißt, dann beeindruckt uns die Anzahl der Namen, in denen dieses „EL“ vorkommt. Zum Beispiel heißt Elizur (4. Mo 1, 5) „Gott ist mein Fels“; Schelumiel (V. 6) bedeutet „Freund Gottes“; Nethaneel (V. 8) heißt „von Gott gegeben“ und Eliab (V. 9) „Mein Gott ist Vater“. Und so könnten wir fortfahren.

 

 

 

Diese Männer waren viele Jahre vor dem Auszug aus Ägypten geboren, und obschon ihre Eltern gottesfürchtige Leute gewesen zu sein scheinen, deren Hoffnung wirklich auf Gott gerichtet war, hatten sie dennoch eine lange Wartezeit, und zweifellos verließen viele von ihnen diesen Schauplatz, noch bevor die erwartete Befreiung eintraf. In diesem Warten liegt für uns eine sehr wichtige Lektion. Wir sind von Natur so ungeduldig. Es fällt uns so schwer zu warten. Unsere Hoffnung ist auf Gott, und wenn es Sein Wille ist, wird Er es geschehen lassen; aber oft läßt Er es zu, daß wir lange warten müssen, bevor unsere Erwartung verwirklicht wird. Welch eine Ermutigung, weiterzubeten und weiterzuhoffen. Jakob konnte sagen: „Ich lasse dich nicht los, du habest mich denn gesegnet“ (1. Mo 32, 26); und in Hos 12, 4 gibt uns der Geist Gottes Seine Stellungnahme zu dieser Tat. „Er kämpfte mit dem Engel und überwand, er weinte und flehte zu ihm“. Wir werden so leicht des Wartens müde und „lassen los“. Die Stärke und Intensität des Verlangens weicht von uns, wie es bei Mose geschah: als schließlich der Befehl kommt, zu gehen und eben das zu tun, was er vor vierzig Jahren zu tun versucht hatte, ist er nahe daran es abzulehnen. Doch jene vierzig Jahre waren keine vergeudeten Jahre, und jetzt geht er in der Kraft des Herrn, wo er zuvor in seiner eigenen Kraft gegangen war. Auch wir werden feststellen, daß die beschwerlichen Jahre des Wartens keine vergeudeten Jahre sind, sondern daß Gott uns vielmehr in dieser Wartezeit Lektionen erteilt hat, die auf keine andere Weise hätten gelernt werden können.

 

 

AARON

 

 

Als nächstes wollen wir uns nun der Familie Aarons zuwenden. Er hatte vier Söhne: Nadab, Abihu, Eleasar und Ithamar. Im 8. und 9. Kapitel von 3. Mose haben wir einen äußerst interessanten und zugleich aber auch höchst ernsten Bericht von der Weihe Aarons und seiner vier Söhne. Sie wurden in eine Stellung gebracht, bei der sie unter allen Israeliten Gott am nächsten waren. Kein anderer junger Mann besaß die Vorrechte, die ihr Teil waren.

 

 

 

Sie waren nicht allein Söhne des Hohenpriesters von ihres Vaters Seite her, sondern sie waren von der mütterlichen Seite Neffen des Fürsten von Juda, aus königlichem Geschlecht.

 

 

 

Das 9. Kapitel von 3. Mose schließt mit dem herrlichen Gipfelpunkt der ganzen achttägigen Weihezeremonien: „Und es ging Feuer aus von Jehova und verzehrte auf dem Altar das Brandopfer und die Fettstücke; und das ganze Volk sah es, und sie jauchzten und fielen auf ihr Angesicht“.

 

 

 

Wie furchtbar traurig ist es dann, in den ersten Versen des nächsten Kapitels sehen zu müssen, daß Nadab und Abihu es wagen, dem Herrn „fremdes Feuer“ darzubringen. Und was war die Folge? „Da ging Feuer von Jehova aus und verzehrte sie, und sie starben vor Jehova“. Möglicherweise ist ihre Handlung der Trunkenheit zuzuschreiben, wenn wir nach dem 9. Vers des 10. Kapitels urteilen wollen, jedoch können wir das nicht als sicher betrachten. Welch ein schnelles und ernstes Gericht an jenen, die an dem Platz des größten Vorrechts stehen und es wagen, Gott auf ihre eigene Weise zu nahen! Wie furchtbar, den ältesten Sohn, den einzigen in der Linie für das wunderbare Amt des Hohenpriesters, in einem Augenblick dahingerafft zu sehen! Aber je größer das Vorrecht ist, um so größer ist die Verantwortung.

 

 

 

„Und Aaron schwieg“. Das Herz eines Vaters wird Aaron das tiefste Mitgefühl entgegenbringen, wenn er sich die Qual jenes Augenblicks vergegenwärtigt. Und während er seinen Mund nicht auftat, ob da nicht sein Geistesauge in die Vergangenheit zurückblickte? War es nicht erst ein Jahr her, daß er selbst das goldene Kalb gemacht hatte und das Volk jenem abscheulichen Festfeiern preisgab! Was für ein Beispiel hatte er da seinen Söhnen gegeben! War es zu verwundern, daß sie in bezug auf Gottes Ehre achtlos waren, wo sie doch hatten mitansehen müssen, wie ihr eigener Vater so furchtbar fehlte! Es macht den Schlag nicht leichter, wenn man weiß, daß man zu einem Teil oder ganz für die Sünde seiner Kinder verantwortlich ist. Gleich Aaron können wir uns nur gebrochenen Herzens niederwerfen und „schweigen“.

 

 

 

Doch finden wir bei der Betrachtung von Aarons Familie sowohl Warnung als zu gleicher Zeit auch Trost. Wie schön ist es, Eleasar beim Tod seines Vaters an dessen Stelle treten zu sehen! Und wenn wir Eleasars Weg von jener Zeit an durch das Buch Josua weiter verfolgen und seinen Sohn Pinehas heranwachsen sehen, wie er in die Fußtapfen seines Vaters und Großvaters tritt, so erfreut und tröstet es das Herz (siehe Jos 22). Und tatsächlich bestand die Ehre des Priestertums durch diese beiden Söhne Eleasar und Ithamar so lange fort wie das Priestertum „nach der Ordnung Aarons“ dauerte. Nun ist ein anderer großer Hohepriester, nach der Ordnung Melchisedeks und nicht nach der Ordnung Aarons, aufgestanden, und an Ihm ist kein Makel.

 

Es war Gnade, nichts als Gnade, daß Aaron diese Ehre zuteil wurde und diese Freude und dieser Segen in seinen Söhnen und Enkeln   ungeachtet seines schmerzlichen Versagens und seiner Sünde. Dem Herrn sei Dank, wir haben denselben Gott und dieselbe Gnade, auf die wir zählen dürfen trotz all unseres Versagens!

 

MOSE

 

 

Wir kommen jetzt zur Familie Moses, und wie bei einigen der Familien, die wir bereits betrachtet haben, erfüllt es uns mit Scham, von den Fehlern dieser heiligen Männer Gottes zu sprechen. Dennoch sind diese Begebenheiten uns überliefert, damit wir darüber nachdenken und die darin enthaltenen Ermahnungen beherzigen.

 

 

 

Ihr werdet euch daran erinnern, daß wir in 2. Mo 2, 21 von der Heirat Moses mit Zippora, der Tochter Reghuels (2. Mo 2, 18) oder Jethros (2. Mo 18, 5) lesen. Wir müssen immer im Auge behalten, daß Zippora eine Frau aus den Nationen war, und ich hoffe, daß ihr einmal die Gelegenheit findet, die Betrachtungen von J. G. Bellett über die Reihe der berühmten heidnischen Frauen, die einen besonders hervorragenden Platz in Israel einnahmen, zu lesen. Zippora gehört auch zu dieser bemerkenswerten Reihe, die alle, die ein offenes Ohr haben, an die Braut aus den Nationen erinnert, die der Herr Sich in der gegenwärtigen Zeit zubereitet.

 

 

 

Mose hatte zwei Söhne, Gersom („Fremdling daselbst“) und Elieser („Mein Gott ist Hilfe“), deren Namen ein glänzendes Zeugnis des aufrichtigen und treuen Herzens ihres Vaters sind. In 2. Mo 4, 24. 26 finden wir einen Hinweis, daß in Moses Familie nicht alles in Ordnung war, denn offensichtlich wollte Zippora die Söhne nicht beschneiden lassen, da sie die Beschneidung für eine grausame, unnötige Sitte hielt. Aber Zippora hatte nicht nur ihren Platz der Unterwerfung verlassen, sondern sie beging auch den Fehler, einen eigenen Weg zu wählen, anstatt sich dem Befehl Gottes zu beugen. Bevor Gott Seinen Diener gebrauchen konnte, mußte dies in Ordnung gebracht werden; seine Familie mußte wie er das Zeichen tragen, das den Tod bezeugt. Um das Leben ihres Mannes zu retten, führt Zippora schließlich selbst diese Handlung an ihren Söhnen durch, aber sie klagt: „Fürwahr, du bist mir ein Blutbräutigam!“ Es ist gut, stets daran zu denken, daß wir Gottes Anordnung nicht ungestraft beiseite setzen können, auch wenn wir lieber unseren eigenen Weg gehen. Die Geschichte der Familie Aarons und Moses zeigt uns, daß wir in den Sachen mit Gott nicht leichtfertig sein oder unseren eigenen Weg gehen dürfen. Es ist wirklich ein gutes Zeichen, wenn Vater und Mutter zusammen einmütig anerkennen, daß nach der Weise Gottes Tod und Blutvergießen das einzige Teil sind, das unserer Nachkommenschaft rechtmäßig zukommt.

 

 

 

Jahre sind vorübergegangen, und in 4. Mo 12, 1 lesen wir: „Und Mirjam und Aaron redeten wider Mose wegen des kuschitischen Weibes, das er genommen hatte; denn er hatte ein kuschitisches Weib genommen“. Wir wissen, daß Jehova Aaron und Mirjam eine sehr ernste Zurechtweisung erteilte und Mirjam, dafür, daß sie wider Mose gesprochen hatte, so schrecklich mit Aussatz strafte. Aber dadurch wurde die Tat Moses noch nicht gerechtfertigt. Ich erinnere daran, daß Mose von Gott benutzt wurde, diese Bücher zu schreiben, und wir können seine Bestätigung und sein Eingeständnis dieser Tat aus dem Nachsatz herauslesen: „Denn er hatte ein kuschitisches Weib genommen“. Wir erfahren nicht, ob Zippora tot war oder ob Mose diese Frau zu der anderen hinzugenommen hatte. Als Mose Zippora heiratete, war er nicht in der Lage, eine Frau aus seinem eigenen Volk zu nehmen, aber jetzt gab es keinen solchen Grund dafür, eine Frau außerhalb des Volkes Gottes zu suchen. Die Gnade Gottes hat jedoch einen Schleier über alle diese Einzelheiten gezogen, und wir wollen nicht mit Aaron und Mirjam gegen den geehrten Knecht Gottes reden.

 

 

 

Es ist gut, daran zu denken, daß es keine Freude für den Geist Gottes ist, die Fehler des Volkes Gottes aufzudecken. Die Liebe bedeckt die Sünde, wo dies rechtens möglich ist, und so handelt auch unser Gott in Gnade im Blick auf uns.

 

Aber obwohl so vieles verdeckt bleibt, zeigen uns diese wenigen Andeutungen aus dem Familienleben Moses vielleicht ein sehr, sehr trauriges Geheimnis, dessen sich selbst heute viele noch nicht bewußt sind. Sollte Gott in Seiner Gnade zugelassen haben, daß die bittere Schmach, die ein Enkel Moses auf sich lud, den meisten Lesern verborgen geblieben ist, mit Ausnahme derer, die Sein Wort lieben und ihre Freude daran haben, unter der Oberfläche zu graben? Wie dem auch sei, wenn wir Ri 18, 30 aufschlagen, lesen wir die traurigen Worte: „Und Jonathan, der Sohn Gersoms, des Sohnes Moses, er und seine Söhne waren Priester für den Stamm der Daniter bis auf den Tag, da das Land in Gefangenschaft geführt wurde“ (Elberf. Übers.). Wenn diese Lesart richtig ist (was wahrscheinlich der Fall ist, obwohl man das natürlich nicht mit Sicherheit sagen kann), dann war der erste Götzenpriester in Israel, von dem wir wissen, ein Enkel Moses. Es ist zu traurig, darüber zu sprechen, und vielleicht ist es das Beste, diese Tatsache so, wie Gott sie berichtet hat, ohne Kommentar stehen zu lassen. Aber warnt sie nicht alle Eltern, unabhängig davon, was für eine Stellung sie bekleiden und wie Gott ja manches vor den Augen der Menschen verbirgt, daß die Frucht der eigenen Torheit eines Tages geerntet werden muß?

 

 

Neben Traurigem finden wir aber auch Erfreuliches, wenn wir die Nachkommenschaft Moses verfolgen, denn „Schebuel, der Sohn Gersoms, des Sohnes Moses, war Oberaufseher über die Schätze (1. Chron 26, 24); und Schelomith   ein Nachkomme Eliesers, des Bruders Gersoms   und seine Brüder waren über alle Schätze der geheiligten Dinge“ (1. Chron 26, 26). Das war in den Tagen Davids. Es ist erquickend zu sehen, wie diesen Kindern Moses eine der verantwortungsreichsten Arbeiten im Königreich anvertraut wurde, und besonders, wenn wir daran denken, daß „Jonathan, der Sohn Gersoms, des Sohnes Moses“ mit Freuden an dem Diebstahl der Schätze Michas teilgenommen hatte (Ri 18, 18 20).

 

 

Kaleb

Mit Freuden können wir uns jetzt Kaleb und seiner Tochter Aksa zuwenden. Wir alle kennen die Geschichte Kalebs, der mit Josua und zehn anderen ausging, das Land auszukundschaften. Die zehn verbreiteten ein böses Gerücht über das Land, aber Kaleb und Josua brachten gute Botschaft und drängten darauf, daß Israel sich sofort aufmachen sollte, um das Land Kanaan in Besitz zu nehmen, „denn wir werden es gewißlich überwältigen“.

 

 

Wir wissen, wie die Geschichte ausging und Israel sich weigerte, zu hören, und für vierzig Jahre in die Wüste zurückkehren mußte. Kaleb mußte mit ihnen umkehren, aber ich glaube, daß das Herz Kalebs in all diesen Jahren in Kanaan war. Ich kann mir vorstellen, daß an manchem Abend in diesen vierzig Jahren, wenn das Lager in der großen und schrecklichen Wüste mit ihren kahlen, roten, hochaufragenden Bergkuppen aufgeschlagen war, die kleine Aksa mit ihren Brüdern (1. Chron 4, 15) sich nahe zu ihrem Vater setzte. Ich könnte mir denken, daß Aksa auf seinem Schoß saß und Kaleb seine Arme um sie gelegt hatte; vielleicht hatten sie ein kleines Lagerfeuer, und Kaleb erzählte ihnen eine Geschichte, und in Gedanken sehe ich, wie sie mit atemloser Spannung zuhörten. Da gab es Geschichten von Riesen, von richtigen, echten Riesen, die ihr eigener Vater mit seinen eigenen Augen gesehen hatte, und ihre Burgen und ihre Städte mit Mauern, die in den Himmel ragten. Er erzählte ihnen von den Früchten, die so groß waren, daß eine Weintraube an einer Stange von zwei Männern getragen werden mußte. Aber das Schönste von allem war, daß er am Ende der Geschichte sagte, daß sie mit ihrem Gott wohl in der Lage sein würden, diese Feinde zu besiegen und daß diese Städte und Burgen vielleicht schon bald Israel gehören würden. Aber die Lieblingsgeschichte wird gewiß die Geschichte von Hebron gewesen sein. Ich nehme an, daß diese Geschichte beginnen würde mit den Tagen Abrahams, als dessen Neffe Lot als erster einen Teil des Landes wählen durfte und weggezogen war, um bei Sodom zu wohnen. Dann ging Abraham hin und schlug sein Zelt bei Hebron auf und baute dort einen Altar. Dort kaufte Abraham auch die Höhle Machpela, um Sara zu begraben. In der gleichen Höhle begruben Isaak und Ismael ihren Vater Abraham, dort wurden Isaak und Rebekka begraben, dort begrub Jakob seine Frau Lea, und zu derselben Höhle wurde Jakobs Leib aus Ägypten gebracht.

 

Ich bin sicher, daß Kaleb ihnen die Geschichte erzählt hat, wie Jakob seinen geliebten Sohn Joseph aussandte vom Tale von Hebron, und die ganze Geschichte, die ihr so gerne gehört habt, als ihr klein waret, wurde auch Aksa und ihren Brüdern erzählt. Gewiß endete die Geschichte mit den Worten: Das ist unser Erbteil. Hebron, der liebste Ort im ganzen Lande Kanaan, gehört uns! Er gehört euch Kindern und mir! Er wird ihnen auch erzählt haben, wie Mose an jenem Tage schwur und sprach: „Wenn nicht das Land, auf welches dein Fuß getreten ist, dir und deinen Söhnen zum Erbteil wird ewiglich! denn du bist Jehova, meinem Gott, völlig nachgefolgt“. Ja, er wird gesagt haben: Hebron gehört mir und meinen Kindern. Ich sehe, wie die Augen der kleinen Aksa glänzen, während sie das alles hört und sich zu eigen macht. Sie wußte jetzt alles über die Traube, die von zwei Männern getragen werden mußte, und sie hatte alles über die Früchte des Landes Kanaan gehört. Vielleicht hatte sie sogar eine kleine Kostprobe davon schmecken dürfen. Lange bevor ihre Augen das Land Kanaan jemals gesehen hatten, hatte sie in ihrem Herzen gelernt, seine Hügel und Täler, seine Früchte und Weidegründe zu lieben und das Land nach seinem wahren Wert zu schätzen.

 

 

Ach, ihr lieben jungen Eltern, wie wenig schätzen wir diese Abende, wo die Kinder auf unserem Schoß sitzen oder gerade ins Bett gegangen sind und bitten: „Erzähle mir eine Geschichte!“ Das sind Gelegenheiten, für die ihr später vielleicht alles, was ihr besitzt, hingeben würdet. Jetzt habt ihr diese Gelegenheiten noch. Jetzt könnt ihr eure Kinder noch lehren, das himmlische Land zu lieben, zu dem ihr unterwegs seid. Jetzt habt ihr die Gelegenheit, ihnen den wahren Wert des himmlischen Landes zu zeigen. Ihre Herzen sind jung, und ihre Liebe ist frisch und warm; jetzt ist eure beste Gelegenheit, eine Gelegenheit, die ihr niemals wieder haben werdet. Ich weiß, der Tag war arbeitsreich und anstrengend, ich weiß, du bist müde, und ich weiß, wieviel einfacher es ist, „Ich bin klein, mein Herz mach rein“ zu beten und dann den Gutenachtkuß zu geben,  . aber es ist eine vertane Gelegenheit, die mehr wert ist als alles Gold in der Welt.

 

 

 

Wie oft kommen wir erst zu der Entdeckung, welche wunderbaren Gelegenheiten wir gehabt haben, wenn diese Gelegenheiten vorüber sind und die geliebten Geschichten von früher ihre Anziehungskraft verloren haben, weil die Berührung mit den schmutzigen Geschichten dieser Welt stattgefunden hat.

 

 

 

Aber nicht nur das Herz der eigenen Tochter Kalebs wurde durch diese Geschichten gewonnen, sondern sein Neffe Othniel, der zu jener Zeit noch ein Knabe war, wurde auch gewonnen. Vielleicht gewann Othniel in diesen ermüdenden Tagen der Wüstenreise nicht nur die Gefilde Kanaans lieb, sondern auch seine Kusine Aksa, denn als sie das verheißene Land erreicht hatten und es jetzt hieß, dafür zu kämpfen, sagte sein Onkel Kaleb: „Wer Kirjath Sepher schlägt und es einnimmt, dem gebe ich meine Tochter Aksa zum Weibe. Da nahm es Othniel ein, der Sohn Kenas ; der jüngere Bruder Kalebs; und er gab ihm seine Tochter Aksa zum Weibe“.

 

 

 

Ich glaube, daß Othniel und Aksa in bezug auf das Land Kanaan der gleichen Meinung waren, und als sie zu ihm kam, trieb sie ihn an, ein Feld von ihrem Vater zu erbitten. Aber Othniel brauchte nicht für sie zu bitten, denn der Vater selbst liebte sie, und für ihn war es eine reine Freude, daß er eine Tochter hatte, die das Land liebte, welches er liebte.

 

 

 

Bei einem solchen Vater ist es kein Wunder, daß Aksa alles, was sie bekommen konnte, von diesem geliebten Erbteil haben wollte. Ich bin sicher, daß es das Herz des alten Kaleb erfreute, zu sehen, wie seine Tochter von ihrem Esel stieg, als sie zu ihm kam. Er konnte sehen, daß sie etwas wollte, und fragte deshalb: „Was ist dir?“ Glaubt ihr, daß die Kühnheit ihrer Bitte ihn in Verlegenheit brachte: „Gib mir einen Segen; denn ein Mittagsland hast du mir gegeben, so gib mir auch Wasserquellen!“ Antwortete er: „Ich habe dir schon ein Mittagsland gegeben, ist das nicht genug? Warum soll ich dir noch mehr geben?“ Nein, Aksa war eine Tochter nach seinem Herzen, sie schätzte das Land Kanaan und wollte einige der Quellen Kanaans haben, und deshalb gab er ihr doppelt soviel, wie sie gewünscht hatte! So ist auch unser Herr! „Und auch was du nicht erbeten hast, habe ich dir gegeben“ (1. Kön 3, 13).

 

Welch eine Freude muß auch der Neffe für seinen alten Onkel gewesen sein! Er war ein Mann nach seinem Herzen, würdig seiner Tochter, die er so liebte. Aber das war noch nicht alles. Die Jahre vergingen und Israel wich von Jehova ab, so daß Sein Zorn gegen Sein Volk entbrannte und Er sie in die Hand ihrer Feinde verkaufte. Aber als sie zu Jehova schrien, erweckte Jehova den Kindern Israel einen Befreier, eben diesen Othniel, den Sohn Kenas, des jüngeren Bruders Kalebs. Ja, Othniel war der erste in dieser Reihe von Befreiern und Richtern, die Gott in der Not für Israel erweckte. Ich kann mir gut vorstellen, daß Othniel und Aksa auf diese ehrenhafte Erwähnung im Worte Gottes vorbereitet worden waren durch die Geschichten, die sie in der Wüste über das Land gehört hatten, das sie, obwohl sie es nicht gesehen hatten, liebten.

Der Herr helfe uns, die Herzen unserer Kinder zu gewinnen! Man sagt, daß der Name Kaleb „ein Hund“ bedeutet, und wir wissen, daß Kaleb vor allem dadurch berühmt wurde, weil er Jehova, seinem Gott, völlig nachfolgte. Siehe 4. Mo 14, 24; Jos 14, 8 usw. Ein guter Hund folgt seinem Herrn immer und ist ihm absolut treu. Vielleicht war es dieser „Geist“ (4. Mo 14, 24) in Kaleb, der seine Tochter so tief beeinflußte. Aber die Gottseligkeit kann nicht vererbt werden, und so traurig es ist, wir sehen, daß Nabal, ein Mann, der geizig und böse in seinen Taten war, aus dem Hause Kalebs stammte (1. Sam 25, 3).

 

ACHAN

 

 

Wie verschieden von Aksa war ihr entfernter Vetter Achan! Beide waren vom Stamme Juda, beide waren in der Wüste aufgewachsen, beide überquerten sie den Jordan und kamen in das Land Kanaan, zu derselben Zeit. Obgleich er noch ein junger Mann war (sein Großvater konnte nicht älter als 60 gewesen sein), stand sein Herz dennoch   nicht nach den Quellen und Tälern Kanaans   sondern nach einem hübschen babylonischen Mantel und einer Stange Gold (Jos 7, 21).

 

 

 

Was für eine ernste Warnung ist in dieser ersten öffentlichen Sünde eingeschlossen! Wie seltsam, daß Babylon darin enthalten sein sollte! Es war eben jene Stadt, die am Ende dem Lande Juda Vernichtung und Verwüstung brachte. Der babylonische Mantel war zum Tragen gedacht. Er war, vermute ich, viel eleganter als die Mäntel Kanaans. Achan hatte sein Leben lang die Wüstenkleidung getragen, eine, die wahrscheinlich von seinem Vater und Großvater an ihn weitervererbt worden war: jene wunderbaren Mäntel, die sich nicht abtrugen. Auch wir schätzen solche an uns weitervererbten Dinge   so gut sie auch sein mögen   nicht immer, und Achan hatte ebenfalls nicht das Herz, jene Kleidungsstädte zu schätzen   er begehrte babylonische Kleidung.

 

 

 

Wir werden Gelegenheit haben, noch einmal auf diese Kleidung zurückzukommen, wenn wir uns der Zeit nähern, da das Verweilen Israels im Lande Kanaan sich seinem Ende zuneigte. Seltsam genug, festzustellen, daß ebenso wie ein babylonischer Mantel den ersten Fall herbeiführte, es auch wiederum babylonische Kleidung war, die mit dem letzten furchtbaren Zusammenbruch zu tun hatte (Hes 23, 12 17; Zeph 1, 8).

 

Aber da war nicht nur der babylonische Mantel, da waren auch die goldene Stange und die zweihundert Sekel Silber. Und, so traurig es ist: es gibt dasselbe in unseren Herzen, und es gibt dasselbe in den Herzen unserer Kinder, das sich zu Gold und Silber hinwenden will; zu einem babylonischen Mantel, einem Mantel nach der Art der Welt; und wie abstoßend sind manche von den babylonischen Kleidungsstädten, die wir heute sehen. Möge der Herr eure Lieblinge davor bewahren, nach einem solchen auch nur zu begehren.

 

 

Es liegt für ein gläubiges Elternherz etwas eigentümlich Herzerforschendes in der Tatsache, daß in einer Liste von 28 Gegenständen, mit denen ein späterer Babylonier handelte, das Gold an erster Stelle kommt und die Menschenseelen zuletzt (Offb 18, 12. 13). Möchten wir doch darauf sehen, daß die Seelen unserer Kinder als erstes kommen, und lassen wir das Gold an letzter Stelle sein in unserem Rechnen und Handeln. Was für ein Beispiel setzen wir unseren Kindern vor? Seien wir dessen eingedenk: sie lesen uns wie ein Buch! Sehen sie, daß unsere Herzen auf die Quellen Kanaans gerichtet sind, oder auf die Kleidung Babylons? In unserem Handel, unserem Geschäft, unserer Beschäftigung an jedem Tag   sehen sie da Gold oder Menschenseelen als zuoberst in der Liste?

 

Das Los unserer Kinder hängt wahrscheinlich von der Antwort auf diese Fragen ab. Erinnern wir uns, daß Achan und sein ganzes Haus wegen seiner Begehrlichkeit umkamen (Jos 7, 24).

 

 

Ich vermute, eben die Tatsache, daß Achans Vater und Großvater so klar herausgestellt sind und gewissermaßen mit ihm gleichgesetzt werden, will uns einen Fingerzeig geben, daß die Verantwortung für seine Sünde auch auf sie zurückging.

 

 

RAHAB

 

 

Noch einmal werden unsere Herzen erquickt, wenn wir die reiche Belohnung sehen, die Gott so gern dem Glauben gibt; denn Kinder sind ein Erbteil des Herrn, und Leibesfrucht ist eine Belohnung (Ps 127, 3). Jedoch waren Kinder nicht die einzige Belohnung, die Gott der Rahab schenkte.

 

 

 

Ihr kennt alle die Geschichte. Ihr wißt, sie war eine kanaanitische Heidin: eine von denen, die zur völligen Vernichtung bestimmt waren. Ihr wißt, sie war eine Hure. Aber habt ihr schon einmal über ihren Glauben nachgedacht und über die Belohnung, die sie dafür erlangte? Ihr erinnert euch, daß ihr Name eingetragen ist in der Ehrenliste des Glaubens in Hebräer 11.

 

 

 

In Josua 2, 9 sagt sie: „Ich weiß, daß Jehova euch das Land gegeben hat, . . . denn wir haben gehört, daß Jehova die Wasser des Schilfmeeres vor euch ausgetrocknet hat . . .“ Sie spricht die echte Glaubenssprache: „Ich weiß“, nicht „ich denke“ oder „ich nehme an“, sondern „ich weiß“. Da ist wirklicher Glaube. Glaube kommt durch Hören: sie hatten alle in Jericho gehört, aber nur Rahab glaubte   hatte Glauben; also war es einzig Rahab, die wußte. Beachte, wie persönlich die Sache ist: Sie sagt: „Wir haben gehört“, aber „ich weiß“. Sie wußte, daß der Herr, Jehova, Israel das Land gegeben hatte; sie wußte, daß festgesetztes Gericht und Vernichtung Jericho erwarteten, und so bittet sie, nicht nur für ihr eigenes Leben, sondern „daß ihr an meines Vaters Hause Güte erweisen werdet; und gebet mir ein zuverlässiges Zeichen, und lasset meinen Vater und meine Mutter und meine Brüder und meine Schwestern und alle ihre Angehörigen am Leben und errettet unsere Seelen vom Tode“!

 

 

 

Und was war das Ergebnis? Erwiderte ihr der Herr, daß sie zuviel erbat? Sagt Er: Nein, Rahab, du selbst sollst zwar gerettet werden, aber deine Angehörigen können auf deinen Glauben hin nicht gerettet werden? In der Tat sagte Er nichts dergleichen. Sein Versprechen lautete: „das ganze Haus deines Vaters“ (2. 18). Es erinnert uns an das wunderbare Versprechen an den Kerkermeister zu Philippi: „Glaube an den Herrn Jesus Christus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“ (Apg 16, 31). Daß aber nun niemand meine, es sei kein persönlicher Glaube zur Errettung nötig. Gewiß muß er da sein. Doch Gottes eigener Weg ist es, daß der Einzelne in seinen Anspruch   durch Glauben   die ganze Familie einschließen darf; und das ist genau das, was Rahab tat. Sie übersetzte das Wort Haus nicht in der engherzigen Weise, wie das manche von unseren Freunden heute tun, die sich unaufhörlich bemühen zu beweisen, was nicht bewiesen werden kann: nämlich, daß es in den Haushalten des Neuen Testamentes keine kleinen Kinder gab (Apg 16, 15; 16, 31. 33. 34; 1. Kor 1, 16; 16, 15). Sie hoffen so zu beweisen, daß wir Rahab heute nicht nachahmen dürfen, indem wir unsere Kleinen mit uns an den außerhalb befindlichen Ort des Segens, dessen wir uns erfreuen, bringen. Aber alle solche Mühe steht in direktem Gegensatz zur Schrift und zu der freien Gnade Gottes.

 

Nein, als die Kundschafter kamen, um Rahab aus der verlorenen Stadt hinauszubringen, aus dem Hause, das durch die Karmesinschnur im Fenster geschützt war, fanden sie dort „ihren Vater und ihre Mutter und ihre Brüder und alle ihre Angehörigen; und sie führten alle ihre Geschlechter hinaus, und sie ließen sie außerhalb des Lagers Israels“ (Jos 6, 23). Sie sagten nicht: Rahab, du hast mit diesem Wort „Haus“ zu viele gemeint. Im Gegenteil, der Herr berichtet mit Freuden die Größe von Rahabs Glauben, und Er ehrt ihn in vollem Maße. Ich zweifle nicht, daß Er zu ihr   wie zu einer anderen kanaanäischen Frau   gesagt haben würde: „O Weib, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst“ (Mt 15, 18). Nein, es ist kein Glaube, der Gott ehrt, der es ausschlägt, unser „Haus“, unsere Familie mit uns an den Segensort Gottes zu bringen; es ist im Gegenteil, fürchte ich, Gleichgültigkeit oder Unglaube gegenüber der unvergleichlichen Gnade des Herzens Gottes - kleinlicher, Gott verunehrender Unglaube.

 

 

Aber die Errettung „aller ihrer Geschlechter“, ihrer Familien, war erst der Anfang ihrer Belohnung. Ihr kennt Rahab; kennt ihr aber ihren Gatten und ihren Sohn? Sie war nur eine Hure in Jericho; doch wer war sie in Israel? Sie heiratete Salmon (Mt 1, 5), den Sohn Nachschons, des Fürsten der Kinder Juda (1. Chron 2, 11) und Anführers des Stammes, der als erster durch die Wüste gezogen war (4. Mo 10, 14). So war sie direkt in die königliche Linie Israels gebracht worden, in eine der am meisten geehrten Familien von allen, und sie wurde ein Vorfahr des verheißenen Messias. Sie ist eine der vier Frauen, die in der Geschlechterfolge unseres Herrn erwähnt sind.

 

 

 

Doch war das noch nicht alles. Nachschons Schwester Elischeba (unser Elisabeth) war die Frau Aarons, des Hohenpriesters. In was für eine Stellung war da die arme kanaanitische Hure gelangt! Schwiegertochter des königlichen Fürsten Israels, durch Heirat Nichte des Hohenpriesters, mit Namen genannt in der Geschlechterfolge des Messias, wo selbst die Namen Saras, Rebekkas und Rahels übergangen sind, nochmals erwähnt in der großen Glaubensliste in Hebräer 11, und zu alledem kommt noch hinzu: Gott schenkte ihr einen Sohn, Boas, was „Stärke“ bedeutet, der die Moabiterin Ruth zur Frau hatte, die ebenfalls mit Namen in der königlichen Linie erwähnt ist; und Boas und Ruth waren die Urgroßeltern von David, dem König. Solcherart war die Belohnung von Rahabs Glauben.

 

 

DIE TÖCHTER ZELOPHCHADS

 

 

Vielleicht sollten wir diese fünf jungen Frauen, Machla, Noa, Chogla, Milka und Tirza   Namen, die für immer fortdauern werden   nicht mit hier einfügen. Aber sie erinnern uns so an Aksa, die ich so gern habe, daß ich nicht widerstehen konnte, sie zumindest zu erwähnen. Sie hatten keine Brüder, nur Mädchen in dieser Familie; doch auch sie hatten gelernt, das Land der Verheißung zu schätzen und zu lieben, und lange bevor sie dieses Land erreichen, kommen sie zu Mose und tragen ihren Fall vor. Weil wir Mädchen sind, sollen wir keinen Anteil an dem Erbe dieses herrlichen Landes haben? „Gib uns ein Eigentum unter den Brüdern unseres Vaters“! Moses weiß nicht was er tun soll, also bringt er die Sache vor den Herrn. Und hat der Herr je ein Mädchen oder einen Jungen, Tochter oder Sohn weggeschickt? O nein, ich bin gewiß, es erfreute Sein Herz, fünf Mädchen zu sehen, die das Land, das in Seinen Augen die Krone aller Länder war, so hoch wertschätzten. Und so hören wir Sein Urteil: „Die Töchter Zelophchads reden recht“ (4. Mo 27).

 

Was sollte aber geschehen, wenn sie in einen anderen Stamm heirateten? Also muß in Kapitel 36 ein besonderes Gesetz erlassen werden, und ein ganzes Kapitel der Bibel wird dem gewidmet   für die Töchter Zelophchads.

 

 

Doch ist das noch nicht alles. Diese Mädchen sind entschlossen, sich ihr Erbteil ja nicht entgehen zu lassen oder etwa übergangen zu werden, und so finden wir sie nochmals, in Josua 17, wo sie vor Eleasar, den Priester, und vor Josua hintreten und nachdrücklich auf ihrem Erbteil bestehen. Und sie bekamen es. Darüber hinaus bin ich aber auch gewiß, daß, wenn der Geist Gottes bereit ist, dem Bericht von diesen jungen Frauen so viel Raum zu widmen, es deshalb ist, weil ihr Verhalten eine solche Freude für den Himmel war. Ich denke, Zelophchad muß sie gelehrt haben, so wie Kaleb es seine Tochter Aksa gelehrt haben mußte, jenes Land, das sie nie gesehen hatten, zu lieben.

 

 

 

Und Er hat eine Stadt gebaut
von Liebe, Licht und Gesang,
wo das Auge endlich erblickt,
was das Herz geliebt schon so lang.
Und da ist mein Erbe,
die königliche Heimat mein;
das Laub mag fallen und vergehn
eher trifft der Frühling nicht ein.

 

 

GIDEON

 

 

Wir können schwerlich an dem tragischen Ende von Gideons Söhnen vorübergehen: siebzig Personen, hingeschlachtet auf einem Stein. Es scheint sonderbar, wenn wir uns den verheißungsvollen Anfang der Geschichte Gideons vor Augen führen. Aber gab es da nicht eine Ursache? Ach! leider stellen wir wiederum fest, es war ohne Zweifel eine Ursache für die Tragödie vorhanden. Es war Abimelech, „der Sohn seiner Magd“ (Richter 9, 18), der seine siebzig Brüder ermordete. Wir lesen in Richter 8, 30, daß Gideon „viele Weiber hatte“. Dies schon allein war nicht von Gott; aber es machte es noch unentschuldbarer, daß er seine „Magd“ zur Konkubine nahm. Es war die Befriedigung dieser Lust, die den Tod aller dieser Söhne Gideons verursachte.

 

 

 

Doch ist das noch nicht alles. Ihr erinnert euch, daß nach Gideons berühmtem Sieg über die Fürsten von Midian „die Männer von Israel zu Gideon sprachen: Herrsche über uns, sowohl du, als auch dein Sohn und deines Sohnes Sohn; denn du hast uns aus der Hand Midians gerettet. Und Gideon sprach zu ihnen: Nicht ich will über euch herrschen, und nicht mein Sohn soll über euch herrschen; Jehova soll über euch herrschen“ (Richter 8, 22. 23). Das war eine vortreffliche Antwort, in Übereinstimmung mit dem Glauben, der einen so bemerkenswerten Sieg errungen hatte.

 

 

 

Doch als Gideon älter wurde, verdunkelte sich sein Glaube, und   ich fürchte  sein Stolz nahm zu; und als seine Konkubine, die Magd, ihm einen Sohn gebar, „gab er ihm den Namen Abimelech“ (Ri 8, 3I). Und was bedeutet Abimelech? Es heißt „mein Vater ist König“. Eben den Platz, den er in seinen frühen Tagen zurückgewiesen hatte, sucht er jetzt einzunehmen, und der Name seines Sohnes verrät seinen traurigen Fall. „Mein Vater“ (d. i. Gideon) „ist König“: welch beklagenswertes Abweichen von dem edlen Glauben, den er einst hatte. Damals hatte er gesagt: „Nicht ich will über euch herrschen, und nicht mein Sohn soll über euch herrschen“. Jetzt begehrt er den Platz des Königs, und der Sohn seiner Magd bemächtigt sich dieses Platzes, auf Kosten aller seiner Brüder, ausgenommen des jüngsten. Schreckliches Ergebnis der Zügellosigkeit und des Stolzes ihres Vaters: doch was der Mensch sät, das wird er auch ernten.

 

 

JEPHTHA

 

 

In Jephtha sehen wir den bitteren Kummer eines Vaterherzens. Er war wirklich ein Mann des Glaubens und ist unter den „Glaubenshelden“ in Hebräer 11 aufgeführt. Aber es war seine eigene Torheit, indem er ein voreiliges Gelübde tat, was solch bitteren Schmerz über ihn brachte, nämlich den Verlust seines einzigen Kindes.

 

 

 

Wie oft machen wir Eltern den gleichen Fehler wie Jephtha! Wie oft kommt uns einvoreiliges oder auch ungeduldiges Wort über die Lippen! Ein Wort, für das wir alles gäben, wenn es ungesagt wäre. Aber es ist zu spät. Der Schaden ist angerichtet.

 

 

 

Ich erinnere mich noch gut an einen Abend, der schon weit zurück liegt. Unser ältester Junge war damals vielleicht vier Jahre alt. Wir pflanzten gemeinsam den Garten an. Er half mir so gern, und auch ich hatte es gern, wenn er mir half. Er schien zu umfassend an das Wort zu glauben: „Wer freigebig sät, wird auch segensreich ernten“, und so säte er mit so verschwenderischer Hand, daß mein kleiner Vorrat an Samen rapid zusammenschmolz. Ich versuchte ohne Erfolg, seine Methode zu ändern, und zuletzt rief ich in Verzweiflung und sehr ungeduldig: „Ach . . .!“

 

 

 

Der Kleine war sehr gekränkt, und ohne ein Wort drehte er sich um und verließ mich. Gern hätte ich allen Samen und den ganzen Garten dafür gegeben, wenn ich jene zwei Worte hätte zurücknehmen können   aber es war zu spät. Der Ton, in dem sie gesprochen waren (vielleicht mehr als die Worte selbst), hatten ihn so tief verletzt, daß die Narbe vielleicht immer bleiben wird.

 

Wie wenig vergegenwärtigen wir uns zuweilen, wie überaus feinfühlend manche Kinder sind, und wie sogar ein Lächeln, eine Geste oder ein gedankenloses oder ungeduldiges Wort wie ein Giftpfeil sein können, den man unbedacht in dem Herzen der Kleinen zurückläßt und der dort nagt und schmerzt.

 

 

Und wie leicht und unbesonnen tun wir „Gelübde“ oder geben wir den Kindern Versprechen: „Wenn du das noch mal tust, werde ich dich hauen“. Das Kind weiß, du meinst es nicht so, und es tut es daher wieder und entkommt dem Hauen. Es ist ein Sieg für das Kind und eine Hilfe zu seinem Verderben hin. Die meisten von uns haben es bitter nötig, von Jephtha unsere Lektionen zu lernen.

 

 

SIMSON

 

 

Wir gehen zu Simson weiter. Hier sehen wir ein Kind der Verheißung und eines, das zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Wir sehen gottesfürchtige Eltern und ein echtes Verlangen, ihren Sohn aufzuziehen, wie es geschehen sollte, „und der Knabe wuchs, und Jehova segnete ihn“ (Ri 13, 24).

 

 

 

Die Mutter war offenbar der stärkere Charakter, doch erscheint keine Andeutung, daß sie in einer Weise handelte, die nicht ihrer Stellung entsprach oder unziemlich war. Wenn da in der Erziehung des Jungen ein Versäumnis auf Seiten der Eltern vorgelegen haben sollte; so scheint die Schrift einen Schleier darüber zu ziehen. Die Lektion für uns Eltern in Simsons Geschichte scheint von anderer Art zu sein. Es ist einer von jenen Teilen von Gottes Wort, aus denen Eltern durch den Trost der Schrift Hoffnung schöpfen dürfen.

 

 

 

Ein starker, eigensinniger, launenhafter junger Mann war Simson. Wir mögen sagen, die Eltern hätten nicht so leicht seiner Forderung „Diese nimm mir, denn sie ist recht in meinen Augen“ nachkommen sollen (Ri 14, 3). Und sehr wahrscheinlich ist das wahr. Ist nicht Simson gerade hierin ein wahrheitsgetreues Bild unserer modernen Jugend? „Sie gefällt mir gut“ oder „es paßt mir so“, ist gar zu oft ein ausreichender Grund zum Handeln für die Jugend (oder das Alter) in vielen Dingen. Sie vergessen ganz den Einen, von Dem gesagt ist: „Denn auch der Christus hat nicht sich selbst gefallen“.

 

 

 

Die Eltern mögen darin gefehlt haben, daß sie den Wünschen ihres Sohnes nachgaben, obschon die Schrift das nicht sagt; im Gegenteil, sie berichtet uns: „Sein Vater und seine Mutter wußten aber nicht, daß es von Jehova war“ (Ri 14, 4). Und welchen Trost das uns in unserem Versagen bringt, mögen wir in goldenen Lettern eingeschrieben sehen: „Aus dem Fresser kam Fraß, und aus dem Starken kam Süßigkeit“ (Ri 14, 14). Jede Anstrengung, die der Feind machte, um den Namen des Gottes Israels zu verunehren, kehrte Er um, auf daß sie Unglück für den Feind und Ehre für Seinen eigenen Namen bewirkte.

 

 

 

Dies entschuldigt in keiner Weise Simson, was all seinen Eigensinn und seine Sünde anbelangt, aber es bringt einem wehen Herzen großen Trost zu wissen, daß das „Vorrecht Gottes ist, aus Bösem Gutes hervorzubringen“   Fraß aus dem Fresser   Süßigkeit aus dem Starken. Er läßt noch immer „den Grimm des Menschen zu Seinem Lobe ausschlagen“, und der alte Vers „Wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken“, ist noch immer wahr.

 

Dies sind einige der Lektionen des Trostes, die die Geschichte Simsons uns Eltern lehrt. Und wir tun gut, uns zu erinnern, daß Simsons Name in der Liste von Hebräer 11 erscheint.

 

ELIMELECH UND NOOMI

Es ist eine traurige Geschichte, Elimelech zu folgen, dessen Name „mein Gott ist König“ bedeutet, wie er von den Feldern Bethlehems („Haus des Brotes“) hinaus aus dem Lande Israel in die Gefilde Moabs zieht. Traurig ist es in der Tat, einen aus dem Volke Gottes zu sehen, der den Ort, wo Er richtet, verläßt, verläßt, um Schutz zu suchen unter der Herrschaft eines Fremden (Ri 1, 1). Jedoch lautet der Vers vor Ruth 1, 1: „In jenen Tagen war kein König in Israel; ein jeder tat, was recht war in seinen Augen“. Und es sieht sehr danach aus, als ob Elimelech, ungeachtet seines Namens, dem allgemeinen Brauch des Landes folgte und tat, was recht war in seinen Augen.

 

 

Einen so schwerwiegenden Schritt zu tun, wie es der war, sein Vaterland zu verlassen, scheint uns wirklich zu sagen, daß es nicht das erste Mal war, daß er tat, was recht war in seinen Augen. Und die Namen seiner beiden Söhne, Machlon (was „große Schwachheit“ bedeutet) und Kiljon („Verschmachten, Dahinschwinden oder Aufzehrung“), sagen uns, daß die Frucht seines eigenen Weges Mangel und Sorge in seine Familie gebracht hatte. Seine schwächlichen Söhne und nun die Hungersnot im Lande hätten ihn dazu bringen sollen, daß er innehielt und „seinen Weg überdachte“. Aber es war nicht so. Und so kam es schließlich dazu, daß Elimelech das Land, wo man wenigstens voraussetzte, daß Gott richtete, verließ und in jenes Land zog, wo einst Balak regierte, und wo der Prophet Bileam einst versucht hatte, Israel zu verfluchen. Es scheint ein befremdlicher Ort für einen, der den Namen „mein Gott ist König“   Elimelech   trägt, um dort Zuflucht zu surften; aber wohin werden wir nicht überall gehen, wenn wir tun, was recht ist in unseren Augen? Und der Vater hätte sich erinnern sollen, daß es noch gar nicht so lange her war, daß die Töchter Moabs das Mittel waren, das einen schrecklichen Fallstrick und eine furchtbare Zerstörung über das Volk Gottes brachte; man möchte meinen, er wurde gezögert haben, seine beiden Söhne an einen Ort zu bringen, wo sie den Töchtern Moabs ebenfalls begegnen würden.

 

 

 

Aber wenn wir einmal unsere Herzen darauf richten, zu tun, was in unseren eigenen Augen recht ist, dann sind die gesegneten Aussagen und Warnungen der Schrift mit Leichtigkeit beiseitegefegt, und wir gehen keck vorwärts auf dem Pfad unserer Wahl. Das unvermeidliche Resultat folgte: beide Jungen wählten Mädchen aus Moab zu ihren Frauen; und das Gesetz Israels sagte deutlich, daß Moabiter nicht in das Land Israel kommen sollten, nicht bis auf die zehnte Generation (5. Mo 23, 3). Doch das Wort Gottes hatte alle Macht über ihre Herzen verloren; Elimelech hatte vergessen, daß Gott sein König war, und ihr einziger Gedanke war, zu tun, was recht war in ihren eigenen Augen.

 

 

 

Dann kommt der Tod. Gott hat Wege, zu uns zu sprechen, die uns zwingen werden zu hören, wenn wir dabei beharren, uns von „dem stillen sanften Säuseln“ abzuwenden. Möge es Gott schenken, daß dieser furchtbare Botschafter bei euch, meine Lieben, nicht nötig wird, um den Allmächtigen euer Ohr erreichen zu lassen. Der Vater und die beiden Söhne werden von dem König der Schrecken gefordert, und Noomi bleibt gebrochenen Herzens und allein übrig. Und doch nicht allein, denn sie hat ihre beiden moabitischen Schwiegertöchter. Wir wissen nicht, wie lange die Mädchen bei ihrer Schwiegermutter gelebt hatten, wahrscheinlich einige Jahre, denn die Familie hatte ungefähr zehn Jahre in Moab gelebt. Aber das wissen wir, daß sie in jenen Jahren diese eine, die eine Fremde in ihrem Land war, lieben gelernt hatten. Ihr bescheidener, tugendhafter Wandel hatte die Herzen ihrer Schwiegertöchter gewonnen (1. Petr 3, 1). Und als Noomi aufbricht, um in ihr Heimatland zurückzukehren, gehen die beiden Mädchen mit ihr: eine liebliche Belohnung für ein folgerichtiges Leben. Gott ist nicht ungerecht, solch einen Wandel   wenn auch im Land der Fremde   zu vergessen; ebensowenig will Er Sich abwenden von einer   auch nicht von einer Moabitin  , die zu Ihm kommt im Glauben.

 

Ihr kennt die Geschichte so gut wie ich, und ich brauche sie hier nicht zu erzählen, so sehr wir sie auch lieben; aber ich kann nicht widerstehen, Ruths erhabene Antwort anzuführen, die sie ihrer Schwiegermutter gab auf deren Bitte, sie möge doch wie Orpa „zu ihrem Volke und zu ihren Göttern“ zurückkehren. (O Noomi, wie konntest du solche Worte sagen! Wie konntest du versuchen, und deine Anstrengungen fortsetzen, eine wegzuschicken, die bereit war, dir in das Land zu folgen, wo der wahre Gott als König herrscht!) Doch Ruth ließ sich nicht einschüchtern, die Bande der Liebe waren zu stark. Und die Herzen unzähliger Millionen sind bewegt worden von ihrer wunderbaren, großartigen Antwort: „Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, hinter dir weg umzukehren; denn wohin du gehst, will ich gehen, und wo du weilst, will ich weilen; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott; wo du stirbst, will ich sterben, und daselbst will ich begraben werden. So soll mir Jehova tun und so hinzufügen, nur der Tod soll scheiden zwischen mir und dir“!

 

 

Herrliche Worte! Eine reiche Belohnung für ein stilles, folgerichtiges Leben daheim, das echte Resultat eines „sittsamen Wandels“. Wie mag der Geist Gottes frohlocken, solch einen Ausspruch aus dem Munde einer heidnischen Fremden zu berichten! Was für eine Ermunterung für Noomis Herz! Wie muß dieses traurige, niedergeschlagene Herz vor Freude gebebt haben, als sie diese Worte hörte. „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott“. Augenscheinlich war die Wahl vorher noch nicht getroffen worden, aber jetzt sind die Götter Moabs für immer zurückgelassen, und der Herr, der Gott Israels ist bis ans Ende ihr Gott.

 

 

 

Wie erquickt doch diese Geschichte die Herzen von Eltern, die mit Schmerzen sehen, wie ihr Sohn oder ihre Tochter sich in jemanden verliebt, von dem sie genau wissen, daß er als Lebenspartner ungeeignet ist. Wie hilflos sind die Eltern in einem solchen Fall. Gott ist unsere einzige Zuflucht, und welch ein Trost, welche Wohltat, die ganze Angelegenheit im Gebet Ihm hinzulegen; und wenn, wie es wirklich der Fall sein kann, dieser falsche Schritt allein die Folge der Sünde und des Versagens der Eltern ist. Welch ein Trost, diese heiligen Seiten aufzuschlagen und sich an einer solchen Geschichte zu laben. Und sieh, wie unser barmherziger, liebender, geduldiger, mächtiger Gott wieder einmal unser Versagen zu Seiner Verherrlichung ausschlagen läßt und es so wendet, daß aus dem Fresser wiederum Fraß hervorkommt und aus dem Starken noch einmal Süßigkeit.

 

 

 

Es kann in der Tat zu so einer Zeit zu großer Gewissensqual kommen. Bittere Sorge kann, und wird zweifellos, folgen, so daß die betagte Mutter bittet, daß ihr Name „Noomi“ (Liebliche) in „Mara“ (Bittere) geändert werden möge. Und kann es in solch einem Jammer Hilfe geben? Ja, die Geschichte von Ruth bringt den niedergeschlagenen Eltern sowohl Vertrauen als Hoffnung.

 

 

 

Und die Gnade krönt das Ganze; die Gnade gibt der jungen Witwe einen anderen Gatten: Boas („Stärke“), anstelle von Machlon („große Schwachheit“), einen Gatten, dessen eigene Mutter eine Heidin war und der sich   wie kein anderer es könnte   in die innersten Gedanken ihres Herzens hineinversetzen und sie verstehen kann. Die Gnade schenkt diesem Mädchen, das noch vor kurzem eine arme, einsame und ohne Aussicht kinderlose junge Witwe war, ein Kindlein; und die Gnade tröstet das Herz der traurigen, einsamen, verbitterten alten Witwe ebenfalls. Und das kleine Kind ist der Großvater von David, vielleicht das leuchtendste Ornament der ganzen jüdischen Geschichte, bis des „großen Davids größerer Sohn“ erschien.

 

Leise die Stimme des Erbarmens erklang,
dem Ohr lieblicher als Musik:
„Die Gnade ist überschwenglich geworden,
wo die Sünde überströmend geworden ist";
Dies ist das Wort, das unsere Angst beschwichtigte.
Gnade, der lieblichste Klang, den wir kennen,
Gnade für Sünder hienieden.

 

 

 

Gnade, wir singen, Gottes Gnade durch Jesus;
Gnade, die Quelle des Friedens für den Menschen;
Gnade, die uns von jeder Sorge frei macht;
Gnade, zu hoch für unser Denken;
Gnade, das Thema der Gottesliebe,
Gnade, Thema aller Themen droben (K .)

 

 

HANNA

 

 

Wir kommen nun zu der schönen Geschichte von Hanna und Elkana. Der Glaube dieser Mutter ist besonders tröstlich für ein Elternherz. Wie ihr euch erinnern werdet, war Hanna über den beißenden Spott ihrer Widersacherin, weil sie keinen Sohn hatte, so betrübt, daß sie nicht einmal mehr essen konnte. Aber sie tat das beste, was sie tun konnte: sie brachte es im Gebet vor den Herrn. Dies sollte für christliche Eltern eigentlich selbstverständlich sein, aber gerade hierin versagen wir oft. Die Kinder ärgern uns, unsere Freunde ärgern uns mit Kritik und Erzählungen über andere Familien, unsere Verwandten ärgern uns oft mit wohlgemeinten Ratschlägen, die vollkommen an den Tatsachen vorbeigehen. Wie oft geht es uns wie Hanna, daß diese Dinge uns so ärgern, daß wir kaum noch essen können. Laßt uns dann ihrem Beispiel folgen und alles im Gebet vor den Herrn bringen. Bei ihr war es gewiß nicht leicht. Welche Übungen, ja welchen Widerstand, könnte man fast sagen, mußte Hanna über sich ergehen lassen von seiten der Frau, die ihr Hilfe und Mitleid hätte erweisen sollen. Aber alles das diente nur dazu, daß Hanna an jenem Tage ernstlicher betete, so daß der alte Priester Eli davon beeindruckt wurde, und daß Eli den wunderbaren Segen aussprechen konnte: „Gehe hin in Frieden; und der Gott Israels gewähre deine Bitte, die du von ihm erbeten hast"! Welch ein Trost diese Worte für ihr verwundetes Herz waren, können wir daran sehen, daß sie selbst mehre Jahre später fast die gleichen Worte ausspricht.

 

Was geschieht nun? Ihr Angesicht ist nicht mehr traurig. Das ist die wahre Folge des Gebets. Wenn wir unsere Klagen ausschütten und unsere Last auf den Herrn werfen, dann nimmt Er die Last auf, und unser Ärger und Kummer verwandelt sich in Frieden, der allen Verstand übersteigt. „In allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden; und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christo Jesu“. So war es bei Hanna, und der unergründliche Friede bewahrte ihre Seele und veränderte ihr Angesicht. Das erinnert uns an unseren gesegneten Herrn. „Und indem er betete, wurde das Aussehen seines Angesichts anders“. Ich weiß wohl, daß dies eine ganz andere Bedeutung hat, und daß es andere, ganz besondere Umstände waren. Aber in gewisser Hinsicht trifft dies auch für uns beim Gebet zu: wenn wir beten - richtig beten ; wird das Aussehen unseres Angesichts verändert.

Einige Jahre später, als das Kind entwöhnt ist, bringt sie es zum Zelt der Zusammenkunft, zu dem alten Eli, dessen Worte einst ihre verbitterte Seele so getröstet hatten. „Um diesen Knaben habe ich gefleht“, sagt sie, „und Jehova hat mir meine Bitte gewährt, die ich von ihm erbeten habe“.

 

 

Wie manche Mutter und mancher Vater können in diese Worte einstimmen: „Um diesen Knabe habe ich gebeten“! Wie oft bringen die Jungen (und auch die Mädchen) uns auf die Knie! Lieber Vater, liebe Mutter, laßt euch nicht entmutigen, der Herr wird euch hören, wenn ihr für diesen Jungen betet. Betet weiter für ihn, und: „Gehe hin in Frieden, und Gott gewähre deine Bitte, die du von ihm erbeten hast“.

 

Wir Eltern können noch eine andere Lektion von Hanna lernen. Sie verzichtet auf ihren Sohn und lieh ihn Jehova solange er lebte. Das sollte auch bei uns so sein. Eine solche Mutter schrieb die folgenden Worte:

Freudig gebe ich Dir meinen Sohn,
der mir dennoch Deine größte Gabe ist.
Was Du gegeben, gebe ich mit Freuden zurück,
mit Schmerz in der Freude, und dennoch,
im Schmerz welch Glück!

 

 

 

Möchte Gott uns Eltern schenken, daß wir die Kinder, die Er uns gegeben hat, für das heiligste Gut halten, das Gott uns anvertrauen kann Der Herr hat einige zu „Verwaltern“ Seiner Güter bestimmt, aber wieviel größer ist die Verantwortung, wenn uns kostbare, unsterbliche Seelen anvertraut werden, die wir erziehen und zubereiten sollen für Ihn und Seinen Dienst! Es gibt nur einen richtigen Weg, der zu diesem Ziel führt.

 

 

 

Diese kostbaren Seelen müssen dem Herrn zurückgegeben „geliehen“   werden, solange sie leben. Wenn wir so verstehen und verwirklichen, wem sie gehören, dann werden wir nicht nur mit mehr Ernst unserer Verantwortung entsprechen, sondern wir werden auch Ihn besser kennenlernen, Der bereit und willig ist, die unendliche Gnade, Geduld und Weisheit zu geben, die nötig sind, um sie für Ihn zu erziehen. Wir lesen: „Und sie schlachteten den Farren und brachten den Knaben zu Eli“. Wenn wir unsere Kinder dem Herrn zurückgeben, dann können wir das nur durch den Tod, d. h. die Anerkennung der Tatsache, daß sie nur den Tod verdienen,   aber daß ein anderer für sie starb.

 

 

 

Wir tun gut daran zu denken, daß der Herr die Gabe annimmt wenn wir die Kinder dem Herrn übergeben, aber daß sie von dem Tage an auch Sein sind. Hanna ging nicht nach ein paar Monaten wieder hin und holte ihren Sohn nach Hause, um ihn für einige Zeit für sich zu haben. Es war eine endgültige Handlung, die sie in allem Ernst vor dem Herrn vollzogen hatte, und der Herr nahm ihre Gabe an. Nur zu oft sind wir geneigt, dies zu vergessen, und tun so, als ob diese Kinder, die wir dem Herrn „geliehen“ haben, unser eigen wären, und wir erziehen sie zu ihrem eigenen Nutzen, oder für uns, oder die Welt, und nicht für Den, Dem sie allein gehören.

 

 

ELI

 

 

Welch ein trauriger Unterschied besteht zwischen dem Sohn der Hanna und den Söhnen Elis! Wir lesen von ihnen, „daß seine Söhne sich den Fluch zuzogen und er ihnen nicht gewehrt hat“ (1. Sam 3, 13). Die Bosheit der Söhne Elis ist so wohlbekannt, daß es nicht nötig ist, auf die Einzelheiten ihrer Sünden und ihres Gerichts einzugehen (siehe 1. Sam 3, 13). Der Herr Selbst hat alles in dem eben angeführten Vers zusammengefaßt und uns den Grund sowohl für ihre Sünden als auch für ihr Gericht angegeben: „Er hat ihnen nicht gewehrt". Eli wurde achtundneunzig Jahre alt, und als er seine Söhne zurechtwies, war es zu spät. „Sie hörten nicht auf die Stimme ihres Vaters, denn Jehova war willens, sie zu töten“ (1. Sam 2, 25). Wohl kaum eine Begebenheit in der Schrift spricht ernster zu uns Eltern als diese traurige Geschichte. Möchten wir sie daher doch alle beachten und unsere Lehren daraus ziehen. Wahrscheinlich hätte ein paarmal eine gute Tracht Prügel in jungen Jahren diese beiden Jungen nicht nur vor einem frühzeitigen Tode, sondern auch ihre Seelen vor der Hölle bewahrt. Heute ist es in manchen Kreisen nicht mehr Mode, die Kinder zu schlagen, aber wie deutlich redet die Schrift: „Entziehe dem Knaben nicht die Züchtigung; wenn du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht sterben. Du schlägst ihn mit der Rute, und du errettest seine Seele von dem Scheol“ (Spr 23, 13). „Wer seine Rute spart, haßt seinen Sohn, aber wer ihn lieb hat, sucht ihn früh heim mit Züchtigung“ (Spr 13, 24). „Narrheit ist gekettet an das Herz des Knaben; die Rute der Zucht wird sie davon entfernen“ (Spr 22, 15). „Rute und Zucht geben Weisheit; aber ein sich selbst überlassener Knabe macht seiner Mutter Schande“. „Züchtige deinen Sohn, so wird er dir Ruhe verschaffen und Wonne gewähren deiner Seele“ (Spr 29, 15. 17). „Züchtige deinen Sohn, weil noch Hoffnung da ist; aber trachte nicht danach, ihn zu töten“ (Spr 19, 18). Die angeführten Schriftstellen zeigen uns deutlich den Willen Gottes in dieser Frage. Sie weisen darauf hin, daß es nötig ist, die Kinder mit dem Stock zu schlagen, und man soll sich nicht durch ihr Schreien abhalten lassen.

 

 

 

Wir sehen auch, wie wichtig es ist, früh zu beginnen. „Erziehe den Knaben seinem Wege gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird“ (Spr 22, 6). Welch ein Gegensatz bestand zwischen dem Sohne der Hanna und den Söhnen Elis! Wir brauchen wohl kaum zu bezweifeln, daß die gute und hingebungsvolle Mutter Samuels die kurze aber kostbare Zeit, während der sie ihren Sohn hatte, dazu benutzte, ihn „seinem Wege gemäß“ zu erziehen. Wir dürfen überzeugt sein, daß sie nicht Elis schlechtem Vorbild folgte, sondern daß sie Samuel „wehrte“. Es ist möglich, daß Eli im Alter diese Lektion gelernt hatte, und als Gott in Seiner Gnade der Sorge dieses einst so schwachen Vaters ein neues junges Leben anvertraute, scheint er den Sohn der Hanna ganz anders aufgezogen zu haben als seine eigenen Söhne.

 

 

 

Die moderne Auffassung, die Kinder sich selbst entwickeln zu lassen, kann nur zu Kummer und Verderben führen. Wie viel besser ist es, in dieser so wichtigen Frage der Kindererziehung auf das klare Wort Gottes zu achten!

 

 

SAMUEL

 

 

Der traurigste Teil dieser traurigen Geschichte, und dasjenige, das uns am meisten überrascht, ist, daß Samuel selbst diese Lektion trotz allem was er gesehen und gehört hatte, anscheinend nicht gelernt hatte. Als Samuel alt war, „da setzte er seine Söhne als Richter ein über Israel . . . Aber seine Söhne wandelten nicht in seinen Wegen; und sie neigten sich dem Gewinne nach und nahmen Geschenke und beugten das Recht“ (1. Sam 8, 1 3). Gottesfurcht kann nicht vererbt werden. Nur durch beständige, wache, mit Gebet verbundene Fürsorge können wir hoffen, unsere Kinder auf dem Wege zu erziehen, auf dem sie wandeln sollen.

 

 

 

Doch auch in dieser traurigen Geschichte des mehrfachen Versagens finden wir eine helle Seite. Der Name des ältesten Sohnes Samuels war Joel (1. Sam 8, 1), und er wird besonders hervorgehoben in Verbindung mit dem Abschweifen der Söhne Samuels. In 1. Chron 6, 33 lesen wir jedoch, daß Heman, der älteste Sohn Joels, einen höchst ehrenvollen Platz als einer der Sänger erhält, und in 1. Chron 25, 1 sehen wir ihn zusammen mit Asaph und Jeduthun, „welche weissagten mit Lauten und Harfen und mit Zimbeln“. In demselben Kapitel, Vers 4, finden wir vierzehn Söhne Hemans; „alle diese waren Söhne Hemans, des Sehers des Königs in den Worten Gottes, um seine Macht zu erheben; und Gott hatte dem Heman vierzehn Söhne und drei Töchter gegeben.   Alle diese waren unter der Leitung ihrer Väter . . . beim Gesange im Hause Jehovas . . .“

 

 

 

Vielleicht sollen uns die Worte „unter der Leitung ihrer Väter“ sagen, daß diese entzückende Reihe von siebzehn Kindern, die alle Sänger waren, im Gegensatz zu den Familien Elis und Samuels, gemeinsam ihrem Vater untertan waren. Wie freut es uns auch, zu lesen, daß der Enkel Samuels „der Seher des Königs in den Worten Gottes“ genannt wird, eine Stellung, die fast derjenigen seines geehrten Großvaters gleichkam.

 

 

 

Noch etwas anderes sollten wir beachten. Diese Familie diente nicht nur gemeinsam dem Herrn, sondern sie übten ihre Tätigkeit im Einklang mit ihren Vettern, den Söhnen Asaphs und Jeduthuns, aus. Wie oft sehen wir Neid und Kritik unter Vettern, aber „wie gut und wie lieblich ist es, wenn Brüder   und Vettern   einträchtig beieinander wohnen“.

 

 

 

Es ist eine Freude, zu sehen, wie Samuels Enkel und Urenkel auf so einem guten und angenehmen Weg zusammen wandeln. Welch eine Ermunterung ist es für unsere Herzen, auf die Gnade Gottes rechnen zu dürfen, nicht um unsere Fehler zu entschuldigen, sondern um die Gnade zu empfangen, wenn wir uns demütigen, die Gnade, die Befreiung schenkt, obwohl vielleicht erst nach langer ermüdender Wartezeit.

 

 

 

Noch ein Wort über Hanna und den großen Einfluß, den eine Mutter auf das Leben eines Kindes ausübt. Im allgemeinen ist der Vater den ganzen Tag fort und sieht im Vergleich zur Mutter verhältnismäßig wenig von den Kindern. So ist ihr Einfluß ganz von selbst größer. Ich nehme an, daß aus diesem Grunde in der Geschichte der Könige von Israel und Juda fast immer der Name der Mütter erwähnt wird.

 

 

 

In vielen Fällen war sie diejenige, die den Charakter ihres Sohnes bildete. Wie schön wäre es, wenn alle Kinder so gute und weise Mütter wie Hanna oder die Mutter Lemuels (Spr 31, 1) hätten.

 

 

DAVID

 

 

Das erste Anzeichen, daß etwas im Familienleben Davids nicht in Ordnung war, war vielleicht, daß er mehrere Frauen nahm. Wie ihr euch erinnert, erkaufte er sich seine erste Frau, Michal, die Tochter Sauls, mit dem Leben von zweihundert Feinden des Königs. In 1. Sam 25 lesen wir jedoch, daß David zuerst Abigail (die Witwe Nabals, des Karmeliters, von der Familie Kalebs) und dann Achinoam, die Jisreelitin, noch als Ehefrauen hinzunahm.

 

 

 

Nun hatte Gott aber deutlich die Warnung ausgesprochen, daß der König, den Er erwählen würde, „sich die Weiber nicht mehren (sollte), daß sein Herz nicht abwendig werde“ (5. Mo 17, 15. 17). David wußte wohl, daß Gott ihn zum König auserwählt hatte. Er hatte ihn zum König gesalbt, als er noch ein Jüngling und „rötlich“ war. Aber im wissentlichen Ungehorsam gegenüber dem klaren Gebot Gottes, das sich in besonderer Weise an ihn richtete, begann David, sich die Frauen zu mehren.

 

 

 

Jeder, der in leichtfertiger Weise irgendwie dem Worte Gottes ungehorsam ist, muß die bittere Frucht seines Ungehorsams ernten. David hat wohl kaum daran gedacht, daß seine böse Nachgiebigkeit gegenüber dieser besonderen Lust des Fleisches von seinem berühmten Sohn so sehr nachgeahmt werden würde, daß sie ihm zum Verderben gereichte und den Verlust und Verfall eines großen Teiles seines Reiches nach sich zog. Es ist schlimm und bitter, den Herrn oder eines Seiner Gebote zu verlassen (Jer 2, 19). Jemand hat darauf hingewiesen, daß schon das Wort „Leidenschaft“ für die Lust, der wir so oft nachgeben, in beredter Weise von den Leiden spricht, die immer die Folge davon sind.

 

 

 

Der Name des dritten Sohnes Davids, Absalom, bedeutet „Vater des Friedens“. Er zeigt uns, wie das Herz Davids nach langen Jahren ermüdenden Krieges und Umherziehens nach Frieden verlangte. Aber wer war Absaloms Mutter? Maaka, die Tochter Talmais, des Königs von Gesur. Das war schlimm. Nicht genug damit, daß David sich die Frauen mehrte, ging er sogar zu den heidnischen Nationen der Umgebung, um Frauen königlichen Geblütes zu finden. Auch das war ein klarer Ungehorsam und eine Verwerfung des oft wiederholten Gebotes Gottes, daß sie sich keine Frauen aus den sie umgebenden heidnischen Völkern nehmen sollten. Wie konnte David erwarten, durch die Frucht einer solchen Verbindung gesegnet zu werden? Es hatte wenig Zweck, dem Sohne dieser Frau einen Namen mit einer so schönen Bedeutung zu geben, wenn er aus einer Ehe stammte, die in wissentlichem Ungehorsam gegenüber dem Worte Gottes geschlossen worden war.

 

 

 

Aber damit waren die Schwierigkeiten noch nicht zu Ende. Absalom war ein besonders schöner Mann. „In ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom; von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehl an ihm“ (2. Sam 14, 25). Wir können uns denken, daß solches Lob auf den schönen Knaben und Jüngling keinen guten Einfluß ausübte.

 

 

 

In 1. Kön 1, 6 lesen wir von Adonija, dem Sohne Haggiths, der altersmäßig auf Absalom folgte. Über seine Erziehung macht Gottes Wort die traurige Feststellung: „Sein Vater hatte ihn, so lange er lebte, nicht betrübt, daß er gesagt hätte: Warum tust du also?“ Welch ein ernster, wahrer Beweis der Richtigkeit der Worte, die einer der Halbbrüder Adonijas kurze Zeit später schrieb: „Wer seine Rute spart, haßt seinen Sohn, aber wer ihn lieb hat, sucht ihn früh heim mit Züchtigung“ (Spr 13, 24). Wie ganz anders hätte die Geschichte Davids, Salomos und aller ihrer Nachfolger sein können, wenn die Söhne Davids in jungen Jahren ab und zu einmal eine Tracht Prügel bekommen hätten.

 

 

 

Auch Adonija „war sehr schön von Gestalt; und Haggith hatte ihn nach Absalom geboren“. Wir dürfen wohl annehmen, daß die Erziehung ähnlich war wie die seines jüngeren Bruders. Es ist das unsagbar traurige Bild von zwei nahezu gleichaltrigen Knaben, die beide sehr hübsch waren, und ohne jede Zurechtweisung aufwuchsen. Sie durften ihren eigenen Willen tun und ihre eigenen Wege gehen, die bei beiden zu einem frühen und gewaltsamen Tod führten. Es gibt heutzutage Toren genug, die diese Art der „Selbstentfaltung“ gutheißen. Aber das praktische Ergebnis, das der Heilige Geist uns hier vorstellt, sollte uns doch vor dieser bösen und unverständigen Erziehungsmethode warnen; möchten wir uns an die Methode halten, die im Worte Gottes vorgestellt wird.

 

Aber wir wollen David weiter folgen. In 2. Sam 11, 1 lesen wir: „Und es geschah bei der Rückkehr des Jahres, zur Zeit, wann die Könige ausziehen, da sandte David Joab und seine Knechte mit ihm und ganz Israel; und sie richteten die Kinder Ammon zu Grunde und belagerten Rabba“. David selbst aber bleibt in seinem Palast zurück. Warum blieb er zu Hause, wenn es die Zeit war, „wann die Könige ausziehen“? War es Trägheit? Fast scheint es so. Joab, seine Knechte und ganz Israel sind draußen beim Kampf, und David, der König, ist müßig in seinem Hause! Welch ein Gegensatz zu den früheren und späteren Jahren im Lebte Davids! „Müßiggang ist aller Laster Anfang“, und wir brauchen uns nicht zu verwundern, daß Satan eine Schlinge legte, in die David nur zu schnell hineinging.

 

 

„Und es geschah zur Abendzeit, als David von seinem Lager aufstand und auf dem Dache des Hauses des Königs wandelte, . . .“ Hier zeigt sich Genußsucht und Trägheit. Und draußen waren Joab, seine Knechte und ganz Israel damit beschäftigt, die Kriege des Königs zu führen! „Und es geschah . . ., daß er von dem Dache herab ein Weib sich baden sah; und das Weib war sehr schön von Ansehen“. Warum nur wandte David seinen Blick nicht sofort weg? Aber dadurch, daß er schon seiner Lust nachgegeben hatte, war das zarte Gewissen, das einen so unschätzbaren Wert hat, verhärtet, und anstatt seinen Blick abzuwenden, begehrte er sie und ruhte nicht eher, als bis er den Gegenstand seiner Lust erlangt hatte.

 

 

 

Jeder von uns würde an Davids Stelle sehr schnell dasselbe getan haben. Die meisten von uns sind nicht vorsichtig genug gewesen, um ihr eigenes Gewissen vollkommen zart und rein zu bewahren, und um ihren Blick schnell wegzuwenden, wenn sie etwas sehen, was ihre Begierde erweckt, und wir können daher keinen Stein auf David werfen.

 

 

 

Der weitere Verlauf dieser traurigen und demütigenden Geschichte der Lügen und des Mordens könnte, wenn Gott uns in Seiner Gnade nicht bewahrt, die Geschichte des Schreibers oder Lesers dieser Zeilen sein. Aber sogar eine solche Sünde kann vergeben werden, und auf den Schrei des gebrochenen Herzens „Ich habe gegen Jehova gesündigt“! folgt die Antwort: „So hat auch Jehova deine Sünde hinweggetan“.

 

 

 

Aber eine solche Saat muß ihre Früchte bringen. Wir sehen dies in den Wogen des Kummers, die in späteren Jahren über den König hereinbrachen Das kleine Kind, die Frucht dieser bösen Tat, stirbt, und David beugt sich den Schlägen der Zucht. Aber damit nicht genug. Das gleiche, was David Bathseba, der Frau des Urija, angetan hatte, tut Amnon, jetzt sein ältester Sohn, Tamar, der schönen Tochter Davids an. Welch eine traurige Begebenheit! Es ist kein Wunder, daß David sehr zornig war, als er von diesen Dingen hörte (2. Sam 13, 21). Aber war David sich bewußt, daß er selbst das Vorbild gegeben hatte für die Sünde seines ältesten Sohnes, über die er sich jetzt so ärgerte und die ihn so demütigte?

 

 

 

Aber auch das war noch nicht alles. Tamar war die Schwester Absaloms, und dieser wurde über die böse Tat seines Halbbruders Amnon mit solchem Haß erfüllt, daß er nicht eher ruhte, als bis er ihn ermordet hatte. David muß weiter an Traurigem ernten, was er Jahre zuvor an Bösem gesät hatte. Absalom flüchtet, um der Bestrafung zu entgehen, zu seinem heidnischen Großvater mütterlicherseits, Talmai, dem König von Gesur, und findet bei ihm Aufnahme. Dort fühlt er sich sicher vor der Strafe, die aufgrund des Gesetzes Gottes auf ihn hätte kommen müssen

 

 

 

Ihr kennt die traurige Geschichte der zeitweiligen Verbannung, und schließlich die Rückkehr, wobei er von seinem einst erzürnten Vater mit einem Versöhnungskuß empfangen wurde, ohne daß auch nur ein Wort gefallen wäre, das dem Bekenntnis nahekäme: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen“.

 

 

 

Es folgt der Anschlag, die Herzen der Männer Israels zu stehlen (2. Sam 15, 6). Die Verschwörung strebt ihrem Höhepunkt zu, und Absalom lädt Ahitophel, den Giloniter, holen (2. Sam 15,12). „Der Rat Ahitophels aber, den er in jenen Tagen riet, war, wie wenn man das Wort Gottes befragte“ (2. Sam 16, 23). Wie konnte Absalom die Frechheit besitzen, den vertrauten Ratgeber Davids holen zu lassen? Dies war eine weitere traurige Frucht einer früheren bösen Saat. Ahitophel scheint der Großvater Bathsebas gewesen zu sein, und wir können verstehen, daß er David diese Behandlung seiner Enkelin nie vergeben hat (vgl. 2. Sam 11, 3 und 23, 34).

 

Dennoch wird dieses traurige, dunkle Bild von hellen Strahlen erleuchtet wie zum Beispiel der Hingebung Ittais, des Gathiters und andere, alter und junger, solcher aus Israel und solcher aus anderen Völkern, die aber alle treue Gefolgsleute eines verworfenen Königs waren. Aber das Bild als Ganzes wird dunkler und dunkler, bis wir den edlen König von Kummer gequält, den Tod seines bösen Sohnes beweinen sehen. Es ist einer der traurigsten Anblicke, die Gott in Seiner Weisheit in Seinem Worte zeigt. Ich kann mir keinen traurigeren Schrei vorstellen, als den, der sich dem gebrochenen Herzen dieses Vaters entrang: „Mein Sohn Absalom! mein Sohn, mein Sohn Absalom! wäre ich doch an deiner Statt gestorben! Absalom, mein Sohn, mein Sohn“! Nur Eltern können die Tiefen der Not, die aus diesem traurigen Ruf klingt, verstehen.

 

 

Bei dem Tod des Kindes der Bathseba war es ganz anders (2. Sam 12) Damals konnte David sagen: „Ich gehe zu ihm, aber es wird nicht zu mir zurückkehren“. David wußte wohl, daß die Trennung von seinem geliebten Sohn Absalom ewig war. Nichts ist so traurig, wie ein Tod ohne Hoffnung. Der Tod, der König der Schrecken, und danach das sichere Gericht mit ewiger nie endender Strafe! Möchte doch kein christlicher Elternteil den herzzerreißenden Kummer einer solchen Trennung erleben!

 

 

 

Doch auch damit ist die traurige Geschichte noch nicht zu Ende. Als Nathan zu David kam, nachdem er die schreckliche Sünde begangen hatte, und ihm die Geschichte von dem reichen Mann erzählte, der das einzige Lamm seines armen Nachbarn genommen hatte, da hatte David in gerechtem Unwillen diesen reichen Mann dazu verurteilt, es „vierfach“ zu erstatten (2. Sam 12, 6). Aber der Prophet hatte geantwortet: „Du bist der Mann“, und Gott erlaubte es, daß das Urteil Davids bei ihm selbst zur Ausführung kam. Wir haben gesehen, wie David drei seiner „Lämmer“ genommen wurden. Aber ein viertes mußte ihm auch noch genommen werden. Wir lesen von dem traurigen Tod Adonijas in 1. Kön 1 und 2, besonders Kap. 2, 24. 2 f. In Wahrheit mußte der „reiche Mann“ vierfach erstatten.

 

 

 

Das war die unsagbar bittere Frucht, deren Anfang darin bestand, daß ein Schritt im Ungehorsam gegen Gottes Wort getan wurde.

 

Herr, bewahre uns!

 

ITTAI

Aus allem Kummer, den wir soeben gesehen haben, strahlt die Treue und Liebe Ittais, des Gathiters, hell hervor. Wie ihr wißt, war auch Goliath ein Gathiter. Ittai und Goliath kamen also aus demselben Ort, nämlich Gath, und vielleicht waren sie Freunde. Vielleicht ist es nicht richtig, aber ich stelle mir gerne vor, daß Ittai sich zum ersten Mal zu David hingezogen fühlte, als dieser den Helden tötete, auf den Ittai vertraute. Später floh David vor Saul zu Achis, dem König von Gath (1. Sam 21) und nahm das Schwert Goliaths mit dorthin. Es ist kein Wunder, daß man ihn dort nicht als Freund empfing und daß David sich schwachsinnig stellen mußte, um zu entkommen. Aber auch jetzt konnte Ittai ihn, dem er später folgen würde, sehen oder wenigstens von ihm hören. Am Ende seines Umherwanderns scheinen Davids Glaube und Geduld versagt zu haben, und er flüchtet noch einmal nach Gath.

Diesmal wird er von dem König aufgenommen, und er erhält eine Stadt, in der er wohnen kann. Achis verspricht David sogar, ihn „zum Hüter seines Hauptes“ zu machen „alle Tage“ (Kap. 27 und 28). Vielleicht lernte Ittai David in dieser Zeit der Verwerfung kennen und lieben. Obwohl wir es nicht sicher wissen, dürfen wir es doch wohl annehmen. Ittai nimmt alle seine Männer und seine Kinder und verläßt das Land der Philister, nicht weil ihn der Wohlstand des Landes Israel sondern die Person des Königs Israels angezogen hat. Wir wissen nicht, wie lange er sich an dem Wohlstand des Landes erfreuen konnte, aber David sagt, er sei „gestern“ gekommen (2. Sam 15, 20). Nun wird der König wieder einmal vertrieben und fühlt, was es heißt, verworfen zu sein. Die meisten Israeliten stellen sich auf die Seite des Aufrührers, aber Ittai zögert nicht einen Augenblick. Er verläßt seine Wahlheimat mit all den Seinen, um dem verworfenen König zu folgen, wohin er auch gehen mag. Der König sagt zu ihm: „Warum willst auch du mit uns gehen? Kehre um und bleibe bei dem König; denn du bist ein Fremder und sogar in deinen Ort eingewandert. Gestern bist du gekommen und heute sollte ich dich mit uns umherirren lassen? Ich aber gehe, wohin ich gehe. Kehre um und führe deine Brüder zurück; Güte und Wahrheit seien mit dir!“ Aber wie erfreut die Antwort unser Herz!„So wahr Jehova lebt und mein Herr König lebt, an dem Orte, wo mein Herr, der König, sein wird, sei es zum Tode, sei es zum Leben, daselbst wird auch dein Knecht sein!“ Wir werden an die Antwort der Ruth an Naomi erinnert. Auch sie war eine Fremde aus den Nationen. Die große Macht der Liebe hatte ihre Herzen bewegt und vollständig erfüllt, so daß sie keinen Gedanken mehr für ihr Land und ihre Verwandtschaft hatten. Sie hatten die Bedeutung der Worte erkannt: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig“ (Mt 10, 37. 38).

 

 

Was mag die Antwort Ittais für Davids Herz gewesen sein! Seine Antwort ist kurz: „Komm und zieh hinüber!“ Kein Wort des Dankes oder der Anerkennung! Warum? Ich glaube, daß Davids Herz zu voll war, als daß er es in Worten hätte ausdrücken können, und Ittai verstand ihn. Es gibt Augenblicke, in den zwei Herzen einander so gut verstehen, daß Worte nicht mehr nötig sind, weil sie nur stören würden.

 

 

 

So zog Ittai, der Gathiter, „hinüber mit allen seinen Männern und allen Kindern, die bei ihm waren“. Als an jenem Abend für die Kinder die Zeit zum Schlafengehen kam, gab es keine warmen Betten. Immer weiter wanderten sie auf den steilen, rauhen Höhen zum Jordan hinab, und dann mitten in der Nacht durch das dunkle Wasser. Welch eine seltsame Szene muß das gewesen sein! Ich höre die Kleinen sagen: „Vater, wohin gehen wir? Warum sind wir von zu Hause weggegangen?“ Und Ittai antwortet: „Wir folgen dem König!“ Das genügt, und ich wage zu sagen, daß die Herzen dieser Kinder von jetzt an mit ihrem König durch Seile der Liebe verbunden waren, die nie zerrissen werden konnten.

 

 

 

Meine Lieben, versucht eure kleinen Lieblinge dahin zu bringen, daß sie ihren König lieben! Sucht ihm Zuneigungen zu Ihm zu wecken, solange sie noch jung sind! Glaubt ihr, daß jene Kinder sich nach dem Luxus, der Bequemlichkeit und Ruhe des Hauses, das sie verlassen hatten, sehnten, als sie mit ihren Eltern hinter dem König herwanderten? Sogar ein Kind würde einen solchen Gedanken als ganz und gar unwürdig verwerfen.

 

 

BARSILLAI DER GILEADITER

 

 

,Barsillai war aber sehr alt, ein Mann von achtzig Jahren; und er hatte den König versorgt, als er zu Machanaim weilte, denn er war ein sehr reicher Mann“. Der König fordert Barsillai auf, mit ihm nach Jerusalem zu gehen, „und ich will dich bei mir versorgen“. Aber Barsillai fühlt sich zu alt dazu, und außerdem hatte er seinem verworfenen Herrn nicht für eine Belohnung oder Anerkennung gedient. Die Liebe hatte ihn dazu bewegt, dem König in jenen dunklen Tagen freigebig mit seinem Besitz zu helfen, und Liebe wartet nicht auf eine Belohnung. Aber er fügt hinzu (und ich glaube, daß wir alle das an jenem zukünftigen Tage sagen werden: „Und warum sollte der König mir diese Vergeltung erweisen?“ Er selbst möchte nach Hause zurückkehren, aber er bietet dem König an, daß sein Sohn Kimham mitgehen soll, „und tue ihm was gut ist in deinen Augen“. Darauf antwortet der König: „Kimham soll mit mir hinübergehen, und ich will ihm tun was gut ist in deinen Augen“ (2. Sam 19).

 

Was tat David für den Sohn seines alten Fremdes, der während seiner Verwerfung für ihn gesorgt hatte? Wir wissen es nicht sicher, aber sollte er nicht seinen Familienbesitz in Bethlehem mit ihm geteilt haben? Wir wissen, daß unser König Sein königliches Haus mit denen teilt, die Seine Verwerfung teilen. Wir lesen jedenfalls in Jeremia 41, 17 von solchen, die sich aufhielten in „der Herberge Kimhams, welche bei Bethlehem ist“. Manche meinen, daß diese „Herberge Kimhams“ die gleiche Herberge sein könnte, in der später „kein Raum“ für den König der Könige gefunden wurde, und daß der größere Sohn des großen David in ihrem Stall diese Welt betrat, verworfen, wie einst David in schwachem Maß verworfen war.

 

 

Wir wissen es nicht sicher, aber wir wissen, daß David den nicht vergaß, der mit ihm seine Verwerfung geteilt hatte, und auf seinem Sterbebette legte er seinem Sohn Salomo nicht nur Kimham, sondern „die Söhne Barsillais“ des Gileaditers ans Herz.

 

 

 

Es ist ein gesegnetes Vorrecht, die Verwerfung Jesu teilen zu dürfen, und es ist noch gesegneter, daß unsere Kinder diese Verwerfung mit uns teilen dürfen. Sie und wir werden an dem kommenden Tage die Herrlichkeit mit Dem teilen, Den wir in Seiner Verwerfung lieben gelernt haben. Manche sagen: Laßt die Kinder sich doch selbst entscheiden. Aber so war es nicht bei jenen edlen Männern des Alten Testaments. Die Kinder gingen ganz selbstverständlich mit den Vätern. Möchte es doch mehr und mehr auch bei unseren Kindern so sein.

 

 

 

Ich möchte jedoch noch ein kurzes Wort über Kimham sagen, auch wenn es nicht direkt im Zusammenhang mit unserem Thema steht. Der Name „Kimham“ bedeutet „Schmachtend, verlangend“. Er ist abgeleitet von einem hebräischen Wort, welches die Bedeutung „nach etwas verlangen“ hat. Dies Wort kommt nur einmal in der Bibel in Ps 63, 1 vor: „Nach dir schmachtet mein Fleisch“. So erinnert uns dieser Name an das heiße Verlangen im Herzen des edlen Vaters Kimhams, der nach den verheißenen Segnungen für Israel „schmachtet“, auf die er so lange warten wußte. Vielleicht sollte ich lieber nicht „den Segnungen“ sondern „dem Segnenden“ sagen, denn es heißt ja nicht „nach ihnen“, sondern „nach dir schmachtet mein Fleisch“. So geschah es, daß, obwohl Barsillai selbst nicht mit David nach Jerusalem gehen konnte, sein „Verlangen“ mitzog und dort bei dem König blieb.

 

 

 

Ich wollte eigentlich die Geschichte Barsillais hiermit beenden, obwohl in meinem Notizbuch noch die drei Verse in Esra 2, 61 63 stehen. Es fiel mir schwer, den Namen des edlen Barsillai auch nur mit dem kleinsten Makel behaftet zusehen, und ich entschloß mich daher, meine Notizen stillschweigend auszulassen. Aber der Geist Gottes ist ein zu treuer Geschichtsschreiber, als daß Er jedes Versagen bedecken könnte, obwohl Er es oft tut, und oft gefällt es Ihm, diese Fehltritte so zu verbergen, daß nur wenige sie finden.

 

 

 

So muß ich mich eigentlich gegen Willen mit jenen noch nicht erledigten Notizen in meinem Büchlein beschäftigen und wir wollen zusammen den Grund für diesen dunklen Flecken auf dem guten Namen Barsillais betrachten.

 

 

 

Die ganze Sache kam erst nahezu fünfhundert Jahre später, nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft, ans Licht. Damals suchten die Söhne Habajas, die Söhne Hakkoz, die Söhne Barsillais . . . ihr Geschlechtsregisterverzeichnis, aber es wurde nicht gefunden. Sie wurden deshalb als unrein von dem Priestertum ausgeschlossen. „Und der Tirsatha sprach zu ihnen, daß sie von dem Hochheiligen nicht essen dürften, bis ein Priester für die Urim und die Thummim aufstände“.

 

 

 

Was war nun der Grund für diese Schande und Zurücksetzung? Warum konnten diese Männer ihr Geschlechtsregister nicht finden? Vor vielen Jahren hatte einer ihrer Vorväter eine Tochter Barsillais, des Gileaditers, geheiratet. Das war sicherlich eine gute Partie für den jungen Priester, die Reichtum und Ehre mit sich brachte, denn wie wir gesehen haben, war Barsillai ein sehr reicher Mann von edlem Charakter (sein Name bedeutet „eisern“, ein Hinweis auf seine Standfestigkeit und Treue), und sein Reichtum war so gewaltig, daß er von seinem Privatvermögen den König während seiner Verwerfung unterhalten konnte.

 

 

 

Es ist nicht so leicht, der Schwiegersohn eines solchen Mannes zu werden. Im Widerspruch zu Gottes Befehl gab der junge Priester seinen eigenen Namen auf und nahm den Namen seiner Frau an. So finden wir ihn im Buche Esra unter dem Namen „Barsillai“. Sein eigener priesterlicher Name war verlorengegangen durch seinen Wunsch, in der Welt voranzukommen, Reichtum und Ehre zu erwerben. Gewiß hat er dies alles erreicht, und vielleicht dachte er, daß er nur einen kleinen Preis dafür gezahlt hatte, aber wie wenig ahnte er, daß diese Tat seine Kinder fünfhundert Jahre später ihre gesegnete, kostbare Stellung als Priester kosten würde! Wir können keinen Vorteil in weltlichen Dingen erreichen, ohne ihn mit einem Verlust an himmlischen Dingen zu erkaufen. Am Ende werden wir finden, daß der Reichtum und die Ehre des Himmels von längerer Dauer sind als die Schätze der Erde, wie verlockend das Angebot jetzt auch sein mag (siehe Esra 2, 61).

 

Es steht uns nicht an, festzustellen, wer der Schuldige war. Aber es ist traurig, den Namen Barsillais, des Gileaditers, im Buche Esra mit dieser traurigen und schmachvollen Tatsache verbunden zu sehen.

 

 

Ich brauche wohl nicht besonders auf die darin enthaltene Lehre für uns hinzuweisen. Aber ich möchte auf das Ende dieses Abschnittes aufmerksam machen, weil hier eine gesegnete Botschaft der Hoffnung zum Ausdruck kommt. Für uns ist ein Priester für die Urim und Thummim aufgestanden, Der die Herzen kennt. Er weiß, ob das Geschlechtsregister wahr ist, ob die neue Geburt stattgefunden hat, auch wenn Jahre der Verbindung mit der Welt es vor den Augen anderer zweifelhaft erscheinen lassen.

 

 

SAUL

Eigentlich hätten wir den König Saul sowie seinen Sohn Jonathan schon vorher betrachten müssen, aber wir werden sie jetzt in Verbindung mit Mephiboseth ein wenig betrachten.

 

 

Die Gesichte der Familie Sauls ist so traurig, daß ich sie gerne übergehen würde. Saul scheint ein Mann ohne Glauben gewesen zu sein, und ohne Glauben ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen. Es ist hier nicht der Ort, die traurige Geschichte dieses unglücklichen Mannes zu verfolgen, die einen so strahlenden Anfang und ein so tragisches Ende nahmen.

 

 

 

Außer seinem Sohn Jonathan und seiner Tochter Michal, die David heiratete, kennen wir nur wenig von der Familie Sauls. Jonathan, sein Vater Saul und seine beiden Brüder Abinadab und Malkischua wurden im Kampfe auf dem Gebirge Gilboa getötet. Isboseth, ein anderer Sohn, bestieg den Thron seines Vaters und regierte ungefähr sieben Jahre. Es war eine Zeit beständigen Krieges mit David, dem König nach Gottes Wahl. Am Ende ermordeten zwei seiner Knechte ihn in seinem Bett. David nennt ihn einen „gerechten Mann“. Zwei andere Söhne Sauls, Armoni und Mephiboseth, wurden vor dem Angesicht Jehovas erhängt, weil ihr Vater in seiner Bosheit die Treue zu den Gibeonitern gebrochen hatte. Als David in die Verbannung ging, wurde Michal die Frau Adriels, des Meholathiters. In dieser Ehe hatten sie fünf Söhne, die alle mit ihren eben erwähnten Oheimen erhängt wurden. Michal selbst wurde später dem David wiedergegeben, aber weil sie ihren Mann verachtet hatte, als die Bundeslade nach Jerusalem zurückkehrte, hatte sie kein Kind bis zum Tage ihres Todes (2. Sam 6, 23). Es ist schwer, sich eine Familie vorzustellen, die ein schrecklicheres Ende nahm, und ich glaube, daß der Vater dafür die Verantwortung trug. Er verwarf das Wort Jehovas, und Jehova verwarf ihn (1. Sam 15, 26). Welch eine ernste Lehre für alle Eltern. Das Wort des Herrn fordert Gehorsam von uns, und wir können es nicht ungestraft verwerfen. Voll Eifersucht wandte Saul sich gegen David, den Mann der Wahl Gottes, und haßte ihn mit großem Haß. Am Abend vor seinem Tode gibt er es zu: „Gott ist von mir gewichen“, und wendet sich zu einer Hexe, dem Teufel selbst, um Hilfe.

 

 

JONATHAN

 

 

Die Gesichte der Familie Sauls ist schmerzlich zu lesen. Und doch sehen wir sogar hier einen glänzenden Strahl der Gnade Gottes. Jonathan, dessen Name „Jehova hat gegeben“ bedeutet, und der ein Sohn Sauls war, ist einer der lieblichsten Charaktere in der Bibel. Seine Liebe zu David ist fast sprichwörtlich geworden. Als David Goliath getötet hatte, „verband sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids; und Jonathan liebte ihn wie seine Seele. Und Jonathan zog das Oberkleid aus, das er anhatte, und gab es David, und seinen Rock und bis auf sein Schwert und seinen Bogen und seinen Gürtel“ (1. Sam 18, 1. 4). Sein liebendes Herz war seinem Freunde immer ergeben

 

 

 

Sogar angesichts des glühenden Hasses seines Vaters blieb Jonathan seinem Freund immer treu. Lesen wir nur den rührenden Abschied der beiden voneinander, als David um sein Leben fliehen mußte: „Und sie küßten einander und weinten miteinander, bis David über die Maßen weinte. Und Jonathan sprach zu David: Gehe hin in Frieden! Es sei, wie wir beide im Namen Jehovas geschworen haben, als wir sagten: Jehova sei zwischen mir und dir und zwischen meinem Samen und deinem Samen auf ewig!“ Während David jedoch Schande und Verwerfung zu erwarten hatte, ging Jonathan in die Stadt zurück. Wie viel glücklicher wäre er gewesen, wenn er die Verwerfung Davids geteilt hätte! Wohl war sein Herz mit David, und er besuchte ihn in den Wäldern „und stärkte seine Hand in Gott“ (1. Sam 23, 16). Aber wieder folgen die gleichen traurigen Worte: „Und David blieb im Walde, und Jonathan ging nach seinem Hause“. Erinnert uns das nicht an unseren Herrn und Meister? „Und ein jeder ging nach seinem Hause, Jesus aber ging nach dem Ölberg“ (Joh 7, 53; 8, 1). War es die Anziehungskraft seines eigenen Hauses oder war es Treue gegenüber seinem Vater? Warum nur teilte Jonathan nicht mit ganzem Herzen die Verwerfung dessen, den er wahrhaft liebte und den er als den eigentlichen König anerkannte? Ich kenne die Gründe nicht; ich weiß nur, daß er die Verwerfung nicht teilte. Ich hoffe, daß es nicht seine Liebe war, die hier versagte. Petrus hat seinen Herrn einmal verlassen, und ich glaube nicht, daß es geschah, weil seine Liebe versagte. Auch ich erinnere mich an Zeiten, da ich nicht gewillt war, die Verwerfung meines Herrn zu teilen. Ich kann mich an Gelegenheiten erinnern, daß ich Ihn nicht vor den Menschen bekannt habe. Mehr als einmal habe ich unter Schluchzen die Worte des Petrus sagen müssen: „Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich lieb habe“, obwohl äußerlich das Gegenteil zu sehen war. In der finsteren Nacht der Verleugnung des Petrus war nicht einer da, der gewillt gewesen wäre, die Verwerfung seines Herrn zu teilen, sondern „es verließen ihn alle und flohen“. Als Sein Diener Paulus vor Nero stand, ging er den gleichen Weg wie sein Herr und mußte schreiben: „Niemand stand mir bei, sondern alle verließen mich“. Auch heute noch ist unser Meister ebenso wirklich verworfen wie in jenen Tagen. Glaubt nicht, Geliebte, daß es einfach sei, dem vergessenen und verworfenen Jesus nachzufolgen. Nein, es ist nicht leicht, und es gibt heute nur wenige, die es sich erlauben können, Jonathan sehr hart zu tadeln, ohne sich selbst anzuklagen.

 

 

 

Die Geschichte ist traurig. Anstatt „der Zweite nach“ dem König zu sein (was zweifellos der Fall gewesen wäre, wenn er dessen Verwerfung geteilt hätte), stirbt Jonathan, dieser liebliche Charakter, dieser tapfere Soldat, auf dem Gebirge Gilboa. Sein kleiner Sohn Mephiboseth wird durch einen Fall für sein ganzes Leben gelähmt, als seine Amme ihn retten wollte. Er wächst in Lodebar   „keine Weide“   heran, so weit wie nur möglich von dem König entfernt. Er muß die Verbannung schmecken, die sein Vater von sich gewiesen hatte.

 

 

 

Wessen Herz ist nicht durch die Geschichte Mephiboseths erwärmt worden! David erweist ihm Güte Gottes, um Jonathans, seines Vaters willen, und er bringt diesen armen, lahmen und hilflosen Waisen an seinen eigenen Tisch und hält ihn wie einen der Königssöhne. Ziba, der Knecht seines Großvaters, bearbeitete mit seinen fünfzehn Söhnen und zwanzig Knechten sein Land, denn der König hatte ihm „alles, was Saul und seinem ganzen Hause gehört hat“, als Erbteil gegeben.

 

 

 

Doch wir müssen diese liebliche Geschichte noch zu Ende verfolgen. Als der König David aus der Verbannung zurückkehrte, fragte er Mephiboseth: „Warum bist du nicht mit mir gezogen, Mephiboseth“? Es stimmte, daß Mephiboseth nicht mit dem König aus Jerusalem ausgezogen war. Aber sein böser Knecht Ziba hatte eine Lüge über ihn ausgesprochen und das Vertrauen des Königs zu ihm erschüttert. Währenddessen saß Mephiboseth, unfähig zu gehen, trauernd zu Hause, weil sein Knecht seinen Befehl, einen Esel für ihn zu satteln, nicht ausgeführt hatte. In dieser ganzen Zeit hatte er „seine Füße nicht gereinigt und seinen Bart nicht gemacht und seine Kleider nicht gewaschen von dem Tage an, da der König weggegangen war, bis zu dem Tage, da er in Frieden einzog“. Ich habe mir oft den Kopf über die ungerechte Antwort des Königs zerbrochen: „Du und Ziba, ihr sollt die Felder teilen“, nachdem Mephiboseth ihm gerade versichert hat, daß er so treu und ergeben sei wie eh und je. Aber jetzt weiß ich, daß gerade diese Antwort nötig war, um die treue und ungeteilte Ergebenheit Mephiboseths nur um so deutlicher hervortreten zu lassen, wenn er darauf sagt: „Er mag auch das Ganze nehmen, nachdem mein Herr, der König, in Frieden in sein Haus gekommen ist“. Häuser und Ländereien bedeuteten Mephiboseth nichts im Vergleich zu dem König, den er liebte.

 

 

 

Es gibt nur wenige Geschichten in der Bibel, die trauriger sind, als die beiden, die wir soeben betrachtet haben. Aber einerseits strahlt wohl in keiner anderen die Gnade Gottes, die „Güte Gottes“ leuchtender, und andererseits begegnen wir nur selten einer solchen liebevollen Ergebenheit, wie der, die das Herz Mephiboseths erfüllte. Herr, gib uns solche Herzen!

 

 

 

Mephiboseth hatte erkannt, welches die wahre Quelle war, woher alle seine Segnungen kamen, denn er „hatte einen kleinen Sohn, sein Name war Micha“, und Micha bedeutet: „Wer ist wie Jehova“? Welch ein überaus schöner Höhepunkt einer so lieblichen Geschichte!

 

 

 

 

BENAJA der Sohn Jojadas

 

Ich darf Benaja nicht übergehen. Seit meiner Kinderzeit, als meine Mutter uns diese Geschichten zu erzählen pflegte, habe ich Benaja immer liebgehabt. Er war einer der Helden Davids. Welcher Junge, welches Mädchen hat sich nicht an den Taten dieser „Helden“ ergötzt?

 

 

„Benaja, der Sohn Jojadas, der Sohn eines tapferen Mannes, groß an Taten, von Kabzeel; selbiger erschlug zwei Löwen von Moab. Und er stieg hinab und erschlug den Löwen in der Grube an einem Schneetage. Und er war es, der den ägyptischen Mann erschlug, einen Mann von fünf Ellen Länge. Und der Ägypter hatte einen Speer in der Hand wie einen Weberbaum; er aber ging zu ihm hinab mit einem Stabe, und riß dem Ägypter den Speer aus der Hand und tötete ihn mit seinem eigenen Speere“ (1. Chro 11, 22f). (Vielleicht sind die „löwenähnlichen Männer von Moab“ ein Bild des Fleisches (siehe Fußnote Elb. Üb.), die „Löwen in der Grube“ ein Bild des Teufels, und der „Ägypter“ ein Bild von der Welt?)

 

 

 

Jojada, der Vater Benajas, war ein Fürst von Aaron (1. Chron 12, 27). Die Familie stammte aus Kabzeel, wie wir oben gelesen haben, einer der Städte am Ende des Stammgebietes der Kinder Juda, gegen die Grenze Edoms hin, im Süden (Jos 15, 2I). In 1. Chron 27, 5 wird Benaja als Haupt, „ein Sohn Jojadas, des Krondieners (oder: Priesters)“ genannt. Während aller Kämpfe und Eifersucht, die die Thronbesteigung Salomon begleiteten, als sogar Joab für Adonija Partei ergriff, blieb Benaja immer treu.

 

 

 

Aber wir wollen Benaja auch in seiner Eigenschaft als Vater betrachten. In dieser Hinsicht erfahren wir nur wenig von ihm, aber in 1. Chron 27, 5 und 6 lesen wir in Verbindung mit den Beamten Davids: „Der Oberste des dritten Heeres für den dritten Monat war Benaja, der Sohn Jojadas, des Krondieners, als Haupt; und in seiner Abteilung waren vierundzwanzigtausend. Dieser Benaja war ein Held unter den Dreißig und über die Dreißig; und von seiner Abteilung war Ammisabad, sein Sohn, Oberaufseher“.

 

 

 

Welch ein Trost für das Herz eines Vaters, wenn er einen Sohn hat, auf den er sich später stützen kann. Welches Einverständnis, welches Vertrauen und welche Gemeinschaft mag zwischen den beiden bestanden haben! Wir werden an Timotheus erinnert, der wie ein Sohn mit dem Vater mit Paulus am Evangelium gearbeitet hat. Möchte Gott euch helfen und euch die nötige Weisheit geben, wenn die Kinder noch klein sind, sie so zu euren Gefährten zu machen, daß ihr ganz selbstverständlich zusammenarbeiten könnt, wenn sie älter geworden sind. Ihr wißt so gut wie ich, wie sehr euer Vater in dieser Hinsicht gefehlt hat. Möchte es bei euch deshalb nicht so sein.

 

 

DER SOHN ABNERS

Ihr kennt die Geschichte Abners, des Sohnes Ners, des Oheims Sauls (1. Sam 14, 50). Er war bekanntlich der Heeroberste Sauls (2. Sam 2, 8), und er kämpfte noch für Sauls Familie, nachdem David schon einige Jahre zum König gekrönt worden war.

 

 

David scheint Abner immer verehrt und bewundert zu haben, und als er schließlich kam, um Frieden zu schließen, nahm David ihn auf und bereitete ihm ein Fest. Aber Joab war eifersüchtig auf Abner und ermordete ihn zu jener Zeit kaltblütig. Zum Teil wegen dieser Tat wurde Joab später auch getötet. Wir erfahren, wie David über Abner dachte, wenn er sagte: „Wisset ihr nicht, daß an diesem Tage ein Oberster und Großer in Israel gefallen ist“?

 

Angesichts dieses traurigen Mordes ist es sehr erquickend, zu sehen, daß David Jaasiel, den Sohn Abners, zum Fürsten über den Stamm Benjamin machte (1. Chro 27, 21).

 

SALOMO

 

 

Wir haben uns bereits ausführlich mit dem Fehltritt Davids beschäftigt, der dazu führte, daß Bathseba seine Frau wurde. Wir haben gesehen, daß das erste Kind Bathsebas schon bald starb. Salomo war der jüngere Bruder dieses Kindes. Sein Name bedeutet „Friedliebend“, und „Jehova liebte ihn“ (2. Sam 12, 24. 25). Und weil Jehova ihn liebte, hatte er einen zweiten Namen: Jedidjah, was „Geliebter Jehovas“ bedeutet.

 

 

 

Ihr kennt die Geschichte so gut, daß ich sie euch nicht mehr zu erzählen brauche. Ihr wißt, wie herrlich am Anfang alles aussah. Als Gott ihm das wunderbare Angebot machte, zu wählen, was er wollte, bat er um Weisheit. Unser Herr selbst konnte von „Salomo und all seiner Herrlichkeit“ sprechen. Es hat wahrscheinlich nie wieder jemanden gegeben, der in seinen jungen Jahren so herrliche Zukunftsaussichten gehabt hat wie Salomo.

 

 

 

Aber dennoch gab es schon in den ersten Jahren seiner Regierung Anzeichen dafür, daß nicht alles in Ordnung war. Gleich zu Anfang seiner Herrschaft verschwägerte Salomo sich mit Pharao, dem König von Ägypten, indem er dessen Tochter zur Frau nahm und sie in die Stadt Davids brachte (1. Kön 3, 1). Salomo hatte keine Veranlassung, eine Frau aus Ägypten zu nehmen. Sie ist sehr wahrscheinlich eine Götzendienerin gewesen, und es dauerte auch nicht lange, bis Salomo einsah, daß diese Frau nicht zu dem „heiligen Berge Zion“ paßte, und wir lesen dann auch: „Und Salomo führte die Tochter des Pharao aus der Stadt Davids herauf in das Haus, das er ihr gebaut hatte; denn er sprach: Mein Weib soll nicht in dem Hause Davids, des Königs von Israel, wohnen; denn die Orte sind heilig, in welche die Lade Jehovas gekommen ist“. Salomo hätte wissen müssen, daß eine Frau, die nicht würdig war, in der Stadt Davids zu wohnen, auch nicht würdig war, seine Gemahlin zu sein. In den Tagen Esras wurden die Juden gezwungen, die heidnischen Frauen, die sie genommen hatten, zu entlassen. Jetzt in der Gnadenzeit sehen wir die Gnade Gottes in dieser Hinsicht z. B. in 1. Kor 7, 14, wo es heißt, daß die gläubige Frau den ungläubigen Mann heiligt, und umgekehrt der gläubige Mann die ungläubige Frau heiligt. So sind auch unsere Kinder heilig, auch wenn nur ein Elternteil gläubig ist. Aber wir müssen uns vor Augen halten, daß dies kein Freibrief ist, einen ungläubigen Ehepartner zu heiraten. „Nur im Herrn“ ist die klare Weisung des Wortes Gottes in 1. Kor 7, 39.

 

 

 

Da wir gerade von der Ehe sprechen, möchte ich eure Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand lenken, den wir in einer unserer früheren Betrachtungen übergangen haben. Ich bin kürzlich auf die besondere Sorgfalt aufmerksam geworden, die Abraham auf die Heirat seines Sohnes verwendete. Wie entschieden bestimmt er, daß Isaak keine Frau von den Nationen ringsum nehmen sollte! Aber ebenso wenig sollte Isaak in die Länder zurückkehren, aus denen sein Vater gekommen war. Wie schnell vergaßen die Söhne Isaaks den Ernst ihres Großvaters in diesen Dingen, und anscheinend machte es Isaak gar nicht viel aus, daß Esau Frauen von den Nationen ringsum nahm und daß Jakob in das Land zurückkehrte, obwohl sein Vater es einst verboten hatte. Dies war vielleicht ein Zeichen für Wachstum in der Freiheit, aber nicht für Wachstum in Gnade oder Heiligkeit.

 

Eure Kinder sind jetzt vielleicht noch zu jung, als daß ihr an ihre Verheiratung denkt, aber ihr werdet euch wundern, wie schnell die Jahre vorüberfliegen, jene kostbaren Jahre, in denen ihr eure Kinder bei euch habt. Dann werdet auch ihr plötzlich vor dieser Frage stehen, die eine der wichtigsten im Leben eurer Kinder ist. Möchte Gott euch in dieser schwierigen Angelegenheit helfen und euch Weisheit und Treue Ihm gegenüber schenken.

 

 

Aber kehren wir zu Salomo zurück. Es scheint, daß er die Weisheit, die Gott ihm gegeben hatte, nicht auf seinen eigenen Wandel angewendet hat. Geht es uns oft nicht auch so, daß wir besser jemand anders darauf aufmerksam machen können, wie er richtig wandeln muß, als selbst auf dem rechen Weg zu gehen? Salomo konnte schreiben: „Sprich zur Weisheit: Du bist meine Schwester und nenne den Verstand deinen Verwandten; damit sie dich bewahre vor dem fremden Weibe“ (Spr. 7, 4. 5). „Und der König Salomo liebte viele fremde Weiber, und zwar neben der Tochter des Pharao: moabitische, ammonitische, edomitische, zidonische, hethitische, von den Nationen, von welchen Jehova zu den Kindern Israel gesagt hatte: Ihr sollt nicht unter sie kommen, und sie sollen nicht unter euch kommen; gewiß, sie würden euer Herz neigen ihren Göttern nach! An diesen hing Salomo mit Liebe. Und er hatte an Weibern siebenhundert Fürstinnen, und dreihundert Kebsweiber; und seine Weiber neigten sein Herz. Und es geschah zur Zeit, als Salomo alt war, da neigten seine Weiber sein Herz anderen Göttern nach; und sein Herz war nicht ungeteilt mit Jehova, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David. Und Salomo wandelte der Astoreth nach, der Gottheit der Zidonier, und dem Milkom, dem Greuel der Ammoniter. Und Salomo tat, was böse war in den Augen Jehovas, und er folgte Jehova nicht völlig nach wie sein Vater David. Damals baute Salomo eine Höhe dem Kamos, dem Greuel der Moabiter, auf dem Berge, der vor Jerusalem liegt, und dem Moloch, dem Greuel der Kinder Ammon. Und also tat er für alle seine fremden Weiber, die ihren Göttern räucherten und opferten“ (1. Kö 11, 1 8).

 

 

 

Der strahlende Anfang läßt die Tragödie dieses bösen Falles nur um so dunkler erscheinen. Wir erinnerten uns bei der Betrachtung der Geschichte Davids daran, daß Gott dem König, den Er erwählen würde, in besonderer Weise befahl, sich die Weiber nicht zu mehren (5. Mo 17, 15. 17). Wir haben gesehen, daß die schrecklichen Prüfungen und Schmerzen, die über David kamen, eine Folge der Mißachtung dieses klaren Gebotes waren. Außer dem Gebot Gottes hatte Salomo also noch diese ernste Lektion vor Augen, aber er verachtete Gottes Gebot willentlich und wandelte in offenbarem Ungehorsam.

 

 

 

Dieser Ungehorsam kostete seinen Sohn Rehabeam zehn der zwölf Stämme Israels. Bis auf den heutigen Tag werden uns die bitteren Früchte des Ungehorsams Salomon vor Augen geführt, wenn wir sehen, wie man sich den Kopf zerbricht, wo die zehn Stämme jetzt sein mögen. Gott allein kann diese Frage beantworten, aber trotz Salomon Sünde und allem menschlichen Versagen wissen wir, daß der Tag kommen wird, an dem Gott diese zehn Stämme heimsuchen und in ihr so lange verlorenes Land zurückbringen wird (siehe Hes 37, 15 - 28 und Jer 16, 16). So sehen wir sogar durch die schmerzlichen Folgen der Sünde Salomon hindurch die Gnade Gottes, die überschwenglicher ist als die Sünde des Menschen und die zum Schluß die Wiederherstellung bringt. Aber welch eine lange Nacht der Finsternis haben diese zehn Stämme durchgemacht, und laßt uns daran denken, daß alles mit durch den Ungehorsam des Weisesten unter den Menschen verursacht worden ist! Und bedenken wir, daß sein Anfang zu den höchsten Hoffnungen im Blick auf diese Erde berechtigte, deren sich ein Mensch wohl je rühmen konnte.

 

 

REHABEAM

Mit traurigem Herzen blicken wir auf die Geschichte Salomon zurück, aber wenn wir sehen, daß sein Sohn Rehabeam „Naama, die Ammonitin“ (2. Chron 12,13) zur Mutter hatte, sind wir nicht überrascht, daß auch sein Weg kein guter war. Wie sein Vater und sein Großvater, vermehrte auch er sich die Weiber. Er hatte achtzehn Weiber und sechzig Kebsweiber. Das göttliche Urteil über ihn lautet: „Er begehrte (für sie) eine Menge Weiber“ (2. Chron 11, 23; die eingeklammerten Worte „für sie“ stehen im Grundtext nicht. Anm. d. Üb.) Seine Lieblingsfrau war Maaka, die Tochter Absaloms, aber aus Kapitel 13, 2 können wir entnehmen, daß dieser Absalom nicht der Sohn Davids war. Rehabeam ernannte Abija, den Sohn dieser Frau Maaka, zum König an seiner Statt. Wir lesen in 1. Kö 15, 13, daß sie eine Götzendienerin war und „der Aschera ein Götzenbild gemacht hatte“. Welch ein Gedanke, daß diese Frau die Mutter eines Herrschers über das Volk Gottes war!

 

ABIJA

 

 

Obwohl die Mutter Abijas nicht wie die Mutter Rehabeams, seines Vaters, eine Ammonitin, sondern eine israelitische Frau war, war sie dennoch eine Götzendienerin, wie wir soeben gesehen haben. Wir brauchen uns daher auch nicht über ihn zu verwundern. „Und er wandelte in allen Sünden seines Vaters, welche dieser vor ihm getan hatte; und sein Herz war nicht ungeteilt mit Jehova, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David. Dennoch gab ihm Jehova, sein Gott, um Davids willen eine Leuchte in Jerusalem, indem er seinen Sohn nach ihm erweckte und Jerusalem bestehen ließ“ (1. Kön 15, 3 4).

 

 

 

Wir sehen also, daß das schlechte Vorbild seines Vaters diesen König vom Wege abbrachte. Welch eine Warnung für uns Väter! Möge der Herr uns davor bewahren, auf einem Weg der Sünde zu wandeln, auf dem unsere Söhne uns folgen könnten! Denn genau das war der Fall bei Rehabeam und Abija.

 

 

 

Aber es war nicht nur der Vater, der seinen Sohn auf einen Weg der Sünde führte. Die Tatsache, daß der Geist Gottes Namen und Charakter seiner Mutter so sorgfältig aufgezeichnet hat, beweist, daß auch sie teilhatte an der Bildung seines Charakters. Wenn wir diese Geschichten der Könige des Alten Testaments lesen, werden wir immer wieder davon getroffen, daß in den meisten Fällen die Namen der Mütter erwähnt werden, um zu zeigen, daß die Verantwortung für die spätere Einstellung der Kinder in hohem Maße auf der Mutter ruhte. In den Tagen der Kindheit, wenn das Kind Eindrücke für das Leben empfängt, ist es in viel größerem Umfange als der Vater oder eine andere Person die Mutter, die sich mit dem kleinen Kind beschäftigt. Diese Tatsache verringert die Verantwortung des Vaters nicht, aber sie erhöht die Verantwortung der Mutter.

 

Aber sogar im Leben dieses Königs erstrahlt die Barmherzigkeit und Gnade Gottes, und unter seiner Regierung erfuhr Juda eine gewisse Erleichterung, „weil sie sich auf Jehova, den Gott ihrer Väter, gestützt hatten! (2. Chron 13, 18).

 

 

Bemerkenswert bei diesem Mann ist, daß er in Asa einen wohlgeratenen Sohn hatte, obwohl er selbst „wandelte in allen Sünden seines Vaters“. Für viele ist das eine Schwierigkeit, aber finden wir die Lösung nicht in dem bereits angeführten Vers: „Dennoch gab ihm Jehova, sein Gott, um Davids willen eine Leuchte in Jerusalem, indem er seinen Sohn nach ihm erweckte und Jerusalem bestehen ließ“? Dieser gute Sohn Asa war um Davids willen gegeben worden. Dabei war David Asas Ururgroßvater! So brachte also Davids Wandel seinen Nachkommen bis in die vierte Generation Segen! Andererseits wissen wir auch, daß Gott die Ungerechtigkeiten der Väter bei den Kindern bis zum dritten und vierten Gliede heimsucht (2. Mo 20, 5). Es ist ein sehr ernster Gedanke für jeden von uns, daß unser täglicher Wandel unseren Kindern bis ins dritte oder gar vierte Glied, und vielleicht sogar noch länger, zum Segen oder zum Schaden sein kann.

 

 

ASA

 

 

Merkwürdigerweise wird, soviel ich weiß, der Name der Mutter Asas nicht erwähnt, dafür aber seine Großmutter. Zwar wird sie seine „Mutter“ genannt (1. Kö 15, 10), aber die Fußnote (Elb. Übers.) weist darauf hin, daß sie eigentlich seine Großmutter war. Hier finden wir ein kurzes Wort der Ermahnung, aber auch der Ermunterung für die Großmütter. Auch sie üben einen Einfluß aus, der sich bei den Kleinen, mit denen sie zusammenkommen, zum Guten oder Schlechten auswirkt. Möge Gott uns, die wir bereits Großeltern sind, helfen, damit wir den Kleinen, um derentwillen diese Zeilen geschrieben worden sind, nur das beste Beispiel hinterlassen.

 

Aber leider war Asas Großmutter kein gutes Vorbild. Stattdessen sehen wir, daß sie der Aschara ein Götzenbild machte. Wegen dieser Sünde setzte ihr mutiger junger Enkel sie ab, damit sie nicht länger Königin sei, und er zerstörte ihr Götzenbild und verbrannte es am Bache Kidron (1. Kön 15, 13). Welch eine Freude muß diese Tat für das Herz Gottes bedeutet haben! Die göttliche Beurteilung dieses Königs lautete daher auch: „Das Herz Asas war ungeteilt mit Jehova alle seine Tage“ (1. Kön 15,14). Das ist ein beneidenswertes Urteil, das in scharfem Gegensatz zu dem seines Vaters in Vers 3 steht: „Sein Herz war nicht ungeteilt mit Jehova, seinem Gott“. Jedoch im Alter erkrankte auch Asa an seinen Füßen. Das ist meines Erachtens eine Lektion für uns, die Älteren. Mit kranken Füßen kann man nicht richtig laufen. „Die Füße seiner Frommen bewahrt er“ (1. Sam 2, 9). Möchte Er auch unsere Füße stark und rein bewahren bis ins hohe Alter!

 

JOSAPHAT

 

 

Asas Sohn war Josaphat, einer der besten Könige von Juda. „Der Name seiner Mutter war Asuba, die Tochter Schilchis. Und er wandelte auf allen Wegen seines Vaters Asa; er wich nicht davon, indem er tat, was recht war in den Augen Jehovas“ (1. Kö 22, 42). „Und Jehova war mit Josaphat: denn er wandelte auf den früheren Wegen seines Vaters David und suchte nicht die Baalim, sondern er suchte den Gott seines Vaters und wandelte in seinen Geboten und nicht nach dem Tun Israels. Und Jehova befestigte das Königtum in seiner Hand; und ganz Juda gab Josaphat Geschenke, und er hatte Reichtum und Ehre in Fülle. Und sein Herz gewann Mut auf den Wegen Jehovas, und er tat noch die Höhen und die Ascherim aus Juda hinweg“ (2. Chron 17, 3  6).

 

 

 

Und: „Du (hast) dein Herz darauf gerichtet,..., Gott zu suchen“ (2. Chron 19, 3), obwohl „das Volk . . . sein Herz noch nicht auf den Gott ihrer Väter gerichtet (hatte)“ (Kap. 20, 33). Es scheint so, als ob es die Freude Jehovas gewesen sei, diesen guten König mit Seinem Lob zu überhäufen. Lest selbst die Geschichte des Königs Josaphat in 2. Chron 17, 1 bis Kapitel 21, 1, und laßt die Freude und die Fröhlichkeit der mächtigen Siege über die Kinder Moab, die Kinder Ammon und all die anderen, die gegen ihn aufstanden, auf euch einwirken (Kap. 20). Höret die edlen, glaubensstarken Worte: „Glaubet an Jehova, euren Gott, und ihr werdet befestigt werden; glaubet seinen Propheten, und es wird euch gelingen!“ Dieser Glaube bricht in einen Lobgesang aus (wie ja auch bei uns oft, wenn auch aus geringeren Anlässen): „Und er beriet sich mit dem Volke und bestellte Sänger für Jehova, welche lobsangen in heiligem Schmuck, indem sie vor den Gerüsteten her auszogen und sprachen: Preiset Jehova, denn seine Güte währt ewiglich!“ Dies alles geschah, bevor Gott für sie handelte und ihre Feinde vernichtete. Glaubt ihr, daß Gott sie nach einem solchen Loblied, das im Glauben gesungen wurde, hätte unterliegen lassen? Unmöglich! „Und zur Zeit, als sie begannen mit Jubel und Lobgesang, stellte Jehova einen Hinterhalt wider die Kinder Ammon, Moab und die vom Gebirge Seir, welche wider Juda gekommen waren; und sie wurden geschlagen. Und die Kinder Ammon und Moab standen auf wider die Bewohner des Gebirges Seir, um sie zu vernichten und zu vertilgen; und als sie mit den Bewohnern von Seir fertig waren, half einer den anderen verderben“. So gab es einen großen Sieg, und es dauerte drei Tage, bis sie die Beute weggebracht hatten. Am vierten Tage versammelten sie sich im Tale Beraka („Tal des Segens“), „denn daselbst priesen sie Jehova“.

 

Der Weg des Glaubens und des Gesangs ist ein gesegneter, und er führt immer zum Sieg (denn die Freude an Jehova ist eure Stärke), und danach zum Tal des Segens. Möchten wir alle doch diesen Weg mehr und mehr kennenlernen! Vor langer Zeit, bevor ihr geboren wart, war auch unser Haus mit Gesang erfüllt. Ein lieber Freund hatte uns zur Hochzeit einen Kanarienvogel in einem Messingkäfig geschenkt, und dieser Vogel war ein gutes Vorbild, dem eure Mutter gerne nacheiferte. Aber allmählich wurde das Singen weniger und hörte schließlich auf. Wir bemerkten es erst, als unser Kanarienvogel unserem Beispiel folgte und auch das Singen aufgab. Da wurde uns bewußt, daß etwas nicht in Ordnung war, und durch Gottes Gnade kehrte das Singen wieder in unser Haus ein. Möchten doch die Lieder nie aus euren Herzen und Häusern schwinden!

 

 

Es wäre schön, wenn wir die Geschichte Josaphats hier beenden könnten, aber leider ist es noch nicht möglich, denn wir lesen: „Und hernach verband sich Josaphat, der König von Juda, mit Ahasja, dem König von Israel; dieser handelte gesetzlos“ (2. Chron 20, 35). Sie bauten zusammen Schiffe, um nach Tarsis zu fahren; aber Jehova zerstörte die Schiffe, und sie „vermochten nicht nach Tarsis zu fahren“. Aus 1. Kö 22, 50 könnte man schließen, daß Josaphat die Lektion verstanden hat, daß wir uns nicht mit den Gottlosen verbinden können, denn wir lesen, daß er sich jetzt weigerte, mit Ahasja zusammenzugehen.

 

 

 

Der Heilige Geist scheint die Fehler Josaphats teilweise zu bedecken, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden. Erst in 2. Chron 21, 6 lesen wir, daß Joram, der Sohn Josaphats, eine Tochter Ahabs zur Frau hatte. Diese Tochter Ahabs brachte den Sohn dieses guten Königs Josaphat weit vom rechten Wege ab. „Er tat, was böse war in den Augen Jehovas“. Wie hätte es auch anders sein können? Er regierte acht Jahre zu Jerusalem, und er ging hin, ohne vermißt zu werden. Das ist die traurige Geschichte eines bösen Königs, der der Sohn eines der besten Könige von Juda war, und alles nur wegen seiner Frau! Die Ehe mit dieser Frau war durch die vielleicht nur kurze aber unheilige Verbindung seines Vaters mit einem bösen Mann zustandegekommen. Welch eine ernste Lehre für uns. Josaphat verlor seinen Sohn durch diesen Bund mit Ahasja.

 

 

 

Aber damit ist diese tragische Geschichte noch nicht zu Ende. Der Sohn Jorams war Ahasja (vielleicht war er nach seinem Onkel, dem bösen König von Israel, genannt worden), und seine Mutter war Athalja, die Tochter Ahabs, eine der gottlosesten Frauen, die je gelebt haben. Jorams Enkelkind war Joas, der König, der als Kind von seiner Tante Josabath gerettet worden war (welch ein Wort der Ermutigung für alle Tanten!), und sein Urenkel war Amazja. Wenn wir nun das erste Kapitel des Matthäusevangeliums aufschlagen, sehen wir, daß diese drei Könige Ahasja, Joas und Amazja aus dem „Buch des Geschlechts Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams“ ausgelöscht sind. Sie werden in der Ahnenreihe unseres Heilands nicht gezählt. Wir lesen nur: „Joram aber zeugte Osia (= Ussija)“ (Mt 1, 8). Welch eine Schmach und welch ein ewiger Verlust für diesen großen und guten Mann. Alles war die Folge der Freundschaft mit der Welt und vielleicht des Wunsches, ein wenig von dem Gold von Tarsis zu bekommen. Für den erhofften Gewinn mußte er einen viel zu hohen Preis zahlen. So wird es auch euren Lieben gehen, wenn ihr wie Josaphat die Freundschaft der Welt sucht. Von David ging über vier Generationen ein Segen aus, Josaphat brachte Fluch. Möchte Gott uns bewahren, denn wir selbst können es nicht.

 

 

 

Ich will nicht bei der bösen Undankbarkeit eines Joas oder dem geteilten Herzen seines Sohnes Amazja verweilen (2. Chron 25, 2). Möchte Gott Selbst uns vor diesen Sünden, zu denen auch wir neigen, bewahren. Ihr werdet bemerken, daß Joas von seinen eigenen Dienern erschlagen wurde. Einer davon war der Sohn einer Ammonitin, und der andere der Sohn einer Moabitin. Welch ein schweigender, aber ernster Kommentar der Schrift zum Ungehorsam, der nicht nur solche Heiraten zuließ (die nach der Schrift streng untersagt waren), sondern sogar erlaubte, daß Nachkommen aus einer solchen Ehe am Königshofe dienen durften.

 

 

 

Ihr habt sicherlich bemerkt, wie oft in diesen Kapiteln die Namen der verschiedenen Mütter erwähnt werden, z. B. in Kap. 25, 18; 26, 3; 27, 1. Ihr lieben Mütter, welch eine große Verantwortung ruht auf euren Schultern. Diese Verantwortung dürft ihr keinem anderen übertragen, selbst wenn ihr eine Königin wäret. Es ist und bleibt eure besondere Verantwortung, die lieben Kleinen in den Wegen des Herrn zu erziehen, solange ihre Herzen noch jung und zart sind. Die Jahre vergehen nur allzu schnell, und wenn ihr nicht die Gelegenheit ergreift, die der Herr euch gibt, solange die Kinder klein sind, kann es zu spät sein, ehe ihr es merkt. Alles Gold von Tarsis kann nicht den Verlust ersetzen, der entsteht, wenn ihre Namen aus dem Buche des Lebens ausgelöscht werden, weil ihr zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt gewesen seid und keine Zeit gefunden habt, sie für den Herrn zu erziehen.

 

 

HISKIA

 

 

Auch Hiskia war einer der guten Könige von Juda. „Und der Name seiner Mutter war Abija, die Tochter Sekarjas“ (2. Chron 29, 1). Diese Mitteilung wird bis in alle Ewigkeit stehen bleiben. Sie erinnert an die Jahre der geduldigen, ruhigen Erziehung im Verborgenen, von der Wiege bis zum Thron. Wenn wir all das Gute lesen, das Hiskia für sein Land und sein Volk tat, dann wissen wir, daß in Gottes Augen vieles davon Abija, der Tochter Sekarjas, zu verdanken war. Welch eine Ermunterung für euch, die ihr selber Mütter seid!   Sein Vater war ein böser Mann.

 

 

 

Es ist eine der Geschichten, die ihr selbst studieren solltet, damit ihr durch sie getröstet werdet. Hiskia war ein richtiger Vater für sein Volk. „Und Jehiskia redete zum Herzen aller Leviten, welche gute Einsicht in bezug auf Jehova bewiesen“'. Wie schön ist es, solche Worte zu hören! Andererseits hören wir ihn angesichts eines gewaltigen Feindes zu seinem Volk sagen: „Seid stark und mutig! fürchtet euch nicht und erschreckt nicht vor dem König von Assyrien und vor all der Menge, die mit ihm ist; denn mit uns sind mehr als mit ihm. Mit ihm ist ein Arm des Fleisches; aber mit uns ist Jehova, unser Gott, um uns zu helfen und unsere Streite zu führen! Und das Volk verließ sich auf die Worte Jehiskias, des Königs von Juda“ (2. Chron 32, 7. 8).

 

 

 

Wieder möchten wir wünschen, daß unsere Geschichte hier endete, aber es gibt noch mehr zu sagen. Aus irgendeinem guten und weisen Grund ließ Gott Hiskia sagen, daß für ihn die Zeit zu sterben gekommen sei, obwohl er noch ein junger Mann von wahrscheinlich 39 oder 40 Jahren war. Auch in einer solchen Sache sind Gottes Wege immer die besten, aber Hiskia drehte sein Gesicht zur Wand und betete zu Jehova, . . . und Hiskia weinte sehr. Es war ein ernstes, verzweifeltes Gebet, aber ich befürchte, daß der Gedanke: „Dein Wille geschehe“ keinen Raum darin fand. Gott gewährte ihm seine Bitte, wie Er es manchmal tut, wenn wir fest entschlossen sind, etwas zu erlangen, und Er fügte seinem Leben fünfzehn Jahre hinzu. Aber ach, die fünfzehn Jahre strahlten keinen solchen Glanz aus, wie die vorigen vierzehn Jahre. Zunächst kam der Stolz auf (2. Chron 32, 25. 26). Nach drei Jahren bekam er einen Sohn, den er Manasse – „Vergessen“   nannte. Wenn man 2. Chron 32, 25 liest, könnte man fast denken, daß Hiskia die „Wohltat, die ihm erwiesen worden war“, vergessen hatte. Als die fünfzehn Jahre, die dem Leben Hiskias hinzugefügt worden waren, vorbei waren, war Manasse erst zwölf Jahre alt, „und er regierte fünfundfünfzig Jahre zu Jerusalem. Und er tat, was böse war in den Augen Jehovas, nach den Greueln der Nationen, die Jehova vor den Kindern Israel ausgetrieben hatte. Denn er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Hiskia niedergerissen hatte, und er errichtete den Baalim Altäre und machte Ascheroth und beugte sich nieder vor dem ganzen Heere des Himmels und diente ihnen. Auch baute er Altäre in dem Hause Jehovas, von welchem Jehova gesagt hatte: „In Jerusalem soll mein Name sein ewiglich! Und er baute dem ganzen Heere des Himmels Altäre in den beiden Höfen des Hauses Jehovas. . .“ So fährt der Bericht fort mit den schrecklichen Sünden dieses bösen Königs, der der Sohn eines der besten Könige von Juda war, aber leider geboren aus Eigenwillen und Stolz. Der Bericht im Buche der Könige ist fast noch furchtbarer: „ . . . Er (hatte) Jerusalem mit unschuldigem Blute erfüllt . . . Und Jehova wollte nicht vergeben“ (2. Kön 24, 4). „Aber Manasse verleitete Juda und die Bewohner von Jerusalem, mehr Böses zu tun, als die Nationen, welche Jehova vor den Kindern Israel vertilgt hatte. Und Jehova redete zu Manasse und zu seinem Volke; aber sie merkten nicht darauf. Da ließ Jehova die Heerobersten des Königs von Assyrien über sie kommen und sie nahmen Manasse gefangen und banden ihn mit ehernen Fesseln und führten ihn nach Babel. Und als er bedrängt war, flehte er Jehova, seinen Gott an, und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter und betete zu ihm; und er ließ sich von ihm erbitten“  (2. Chron 33,9 13). Erst jetzt „erkannte Manasse, daß Jehova Gott ist“.

 

Obwohl seine Sünde in einer Hinsicht nicht vergeben werden konnte und Jerusalem wegen seiner Sünde zerstört wurde (Jer 15, 4), konnte doch in persönlicher Hinsicht sogar ein Sünder wie Manasse freie und volle Vergebung von Seiten des Gottes Israels empfangen. Dieses Gebet um Vergebung im Gefängnis von Babylon bewertete Gott so hoch, daß Er es aufzeichnen ließ als Ermunterung für andere reumütige Sünder, die auch zu Ihm zurückkommen würden, der heute noch der gleiche Gott ist, gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Güte, und Sich des Übels gereuen läßt (Joel 2, 13). Meine Lieben, sollte es sein, daß einer von euch je von dem schmalen Weg abirrt, dann denkt daran, daß der Weg zurück weit offen ist, und daß der Vater zum Vergeben bereit ist, ohne ein Wort des Vorwurfs. Wir wissen nur zu gut, was wir verdienen und können nicht verstehen, warum wir es nicht empfangen. Ja, es ist kaum zu glauben, daß Gott solch ein GOTT ist, und doch ist es wahr. Manasse erfuhr, daß Er Seinem Worte treu ist, und er erfuhr, daß Er noch viel mehr ist. So werden auch wir es immer finden. Gott gab diesem bösen König, der sich demütigte, einen Enkel mit Namen Josia, der sich als einer der allerbesten in der langen Reihe der Könige von Juda erwies. Das ist die Gnade Gottes.

 

 

Dieser kleine Enkel Manasses war erst acht Jahre alt, als sein Großvater starb, aber wir dürfen wohl glauben, daß die tiefe Demütigung und Buße des alten Königs, gepaart mit seiner Energie bei der Beseitigung der Götzenbilder, die er aufgerichtet hatte, und bei dem Wiederaufbau des Altars Jehovas (2. Chron 33,12 16) einen tiefen Eindruck auf das kleine Kind gemacht haben, so daß sie in Gottes Hand das Mittel gewesen sein mögen, daß er so kühn dieselbe Richtung einschlug. Traurig ist es jedoch, zu sehen, wie Manasses eigener Sohn Amors, der erst zweiundzwanzig Jahre alt war, als sein Vater starb, von dessen Umkehr gar nicht beeinflußt wurde, sondern nur den Sünden seiner früheren Jahre nachfolgte; er „demütigte sich nicht vor Jehova, wie sein Vater Manasse sich gedemütigt hatte; sondern er, Amors, häufte die Schuld“ (2. Chron 33, 23).

 

 

 

Das ist eine ernste und wichtige Botschaft für unsere Herzen, daß wir unsere Kinder schon von frühester Kindheit an auf den rechten Weg führen. Laßt uns daran denken, daß sie folgen, wo wir sie hinführen.

 

 

JOSIA

Bei seinem Regierungsantritt war Josia erst acht Jahre alt, und als er noch ein Knabe von fünfzehn oder sechzehn Jahren war, fing er an, Jehova, den Gott seines Vaters David zu suchen'. Dies ist eine von den Geschichten, die der Heilige Geist uns

gerne berichtet. Stellt einmal fest, wieviel Raum Josaphat, Hiskia und Josia in der Bibel einnehmen. Wir können verstehen, daß Gottes Herz sich freute, einen Mann zu finden, der Ihn wahrhaft suchte. Es ist herzerquickend, den jungen König zu

sehen, als der Priester Hilkija bei der Reinigung und Wiederherstellung des Hauses Jehovas die Bibel findet, die so lange Jahre hindurch verloren und vergessen war. Josia hatte dies Bude vorher weder gesehen noch von ihm gehört. Solcherart war der Zustand, in dem Juda sich befand. Wellt eine Lehre für uns! Lange vorher hatte Jehova gesagt: „Und ihr sollt diese meine Worte auf euer Herz und auf eure Seele legte, und sie zum Zeichen auf eure Hand binden, und sie sollen zu Stirnbändern zwischen euren Augen sein. Und lehret sie eure Kinder, indem ihr davon redet, wenn du in deinem Hause sitzest und wenn du auf dem Wege gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst; und schreibe sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore, auf daß eure Tage und die Tage eurer Kinder sich mehren in dem Lande, welches Jehova euren Vätern geschworen hat, ihnen zu geben, wie die Tage des Himmels über der Erde“ (5. Mo 11, 18 21). Aber in den Tagen Josias und seines Vaters hatte man dies gesegnete Buch so vernachlässigt, daß weder König noch Priester überhaupt von seiner Existenz etwas wußten. So ist es kein Wunder, daß das Volk vom Wege abirrte. Ein Volk ohne Bibel kann gar nichts anderes tun, und dasselbe gilt für eine Familie ohne Bibel. Das ist eine sehr ernste Botschaft für euch, meine Kinder. Ich selbst muß mich in dieser Beziehung scharf verurteilen, aber ihr, meine Lieben, ihr habt noch die Gelegenheit. Möchte der Herr euch helfen, eure Kinder besser mit der Bibel vertraut zu machen, als ich es bei euch je getan habe. Ja, möchten sie lernen, das teure Buch zu lieben und in ihren Herzen (und nicht unter Staub und Schutt, wie es die Einwohner Jerusalems taten) zu verwahren. Aber ihr, die Eltern, müßt sie dazu anleiten   nicht zwingen  , dies kostbare Buch kennenzulernen, zu lieben und zu ehren.

 

 

Der Priester Hilkija gab das Bude Schaphan, dem Schreiber, und dieser brachte es zu dem König und las ihm laut daraus vor (so taten es auch unsere Eltern, bis die Geschichten vor unseren Augen lebten). Der König hatte natürlich noch nie in seinem Leben so etwas gehört, er hatte noch nie eine Bibel gesehen. Was war nun das Ergebnis? Er zerriß seine Kleider und weinte vor Jehova (2. Chron 34, 27). Aber er tat noch mehr. Er sandte Hilkija, Schaphan und einige andere zu der Prophetin Hulda. Vielleicht besaß Hulda eine Bibel   wir wissen es nicht  , aber sie hatte eine traurige, ernste Botschaft für den guten, jungen König: „So spricht Jehova, der Gott Israels: Saget dem Manne, der euch zu mir gesandt hat: So spricht Jehova: Siehe, ich will Unglück bringen über diesen Ort und über seine Bewohner: alle die Flüche, welche in dem Buche geschrieben sind, das man vor dem König von Juda gelesen hat. Darum, daß sie mich verlassen und anderen Göttern geräuchert haben, um mich zu reizen mit all den Machwerken ihrer Hände, so hat sich mein Grimm über diesen Ort ergossen und er wird nicht erlöschen. Zu dem König von Juda aber, der euch gesandt hat, um Jehova zu befragen, zu ihm sollt ihr also sprechen: So sprich Jehova, der Gott Israels: die Worte anlangend, die du gehört hast,   weil dein Herz weich geworden, und du dich vor Gott gedemütigt hast, als du seine Worte über diesen Ort und über seine Bewohner hörtest, und du dich vor mir gedemütigt und deine Kleider zerrissen und vor mir geweint hast, so habe ich es auch gehört, spricht Jehova. Siehe, ich werde dich zu deinen Vätern versammeln, und du wirst zu deinen Gräbern versammelt werden in Frieden; und deine Augen sollen all das Unglück nicht ansehen, das ich über seine Bewohner bringen werde“ (2. Chron 34, 23 28).

 

 

 

Das war die überaus traurige Botschaft. Sogar ein König wie Josia konnte die schreckliche Strafe wohl aufschieben, aber nicht abwenden. Die Buße des Königs und des Volkes von Ninive verzögerte das Gericht über diese Stadt für viele Jahre, aber schließlich wurde das Urteil doch vollstreckt. Josia war erst neununddreißig Jahre alt, also noch ein junger Mann, als er dem kommenden Gericht enthoben wurde; Hiskia war ebenso alt, als Gott ihm sagen ließ, er müsse sterben. Wieviel besser wäre es für Israel gewesen, wenn Hiskia seinem Gott vertraut hätte, denn dann wäre Manasse nie geboren. In Wirklichkeit war ja Manasse die Ursache für den endgültigen Fall Israels. Die Ursache für den Tod Josias war Eigenwille. Er war entschlossen, mit Neko, dem König von Ägypten zu kämpfen. Wohl hatte Gott ihn gewarnt, es nicht zu tun, aber ebenso wie Hiskia vor ihm wollte er seinen eigenen Weg gehen, und „hörte nicht auf die Worte Nekos, die aus dem Munde Gottes kamen. Und er kam in das Tal Megiddo, um zu streiten. Und die Schützen schossen auf den König Josia. Da sprach der König zu seinen Knechten: Bringet mich hinweg, denn ich bin schwer verwundet“ (2. Chron 35, 22. 23) ! Er starb, und ganz Juda und Jerusalem trauerten um Josia. Und Jeremia stimmte ein Klagelied über Josia an.

 

 

 

Sie hatten alle Ursache, zu trauern und zu klagen, denn mit dem Tode Josias war die Uhr der Geschichte Judas nahezu abgelaufen. Es bleibt nur die überaus traurige Geschichte seiner Söhne und Enkel. Wieder erhebt sich die alte Frage: Wie konnte ein so guter König solche bösen Söhne haben? Ich nehme an, daß die erste Antwort in dem Eigenwillen zu suchen ist, der vorher oftmals in Tätigkeit gewesen sein muß, sonst hätte er sich zum Schluß nicht so stark erwiesen, daß er sogar der Grund für den Tod des Königs wurde. Der Eigenwille ist eine sehr heimtückische Sache. Mancher Gläubige, der stolz ist über seine Heiligkeit, wandelt in Wirklichkeit in Eigenwillen. Es ist die Liebe zu dem eigenen Weg, und wer von uns könnte siele von dieser Anklage freisprechen? Es ist etwas, das uns alle demütigt, und wir müssen zugeben, daß wir oft aus diesem Grunde gefallen sind. Es ist eine schwere Lektion, aus tiefstem Herzen sagen zu können: „Nicht mein Wille, sondern der Deine geschehe!“

 

Aber vielleicht gibt es in der Schrift noch einen anderen verborgenen Grund, der   wie es bei den Sünden der Heiligen oft der Fall ist   so versteckt ist, daß man sich fast schämt, ihn ans Licht zu bringen. Der Prophet Zephanja weissagte während der Regierung Josias, und er hat etwas Besonderes über die jungen Prinzen, die Kinder des Königs (sowohl über die jungen Männer, die kurz darauf Könige wurden als auch über ihre Schwestern) zu sagen. „(Ich) werde . . . die Fürsten und die Königssöhne heimsuchen und alle, die sich mit fremder Kleidung bekleiden“ (Zeph 1, 8). Wir leben in einer Zeit, wo unsere jungen Leute in großer Versuchung sind, sich mit fremder Kleidung zu bekleiden. Aber es ist gut, wenn sie und auch ihre Eltern sich daran erinnern, daß diese fremde Kleidung mitschuldig an dem schrecklichen Fall des Königreiches Juda war. Schon 150 Jahre vorher hatte Jesaja ernst vor dem kommenden Gericht gewarnt, weil sie voll waren mit dem, „was aus dem Morgenlande kommt“ (Jes 2, 6). Wir werden dies noch besser verstehen, wenn wir Hes 23, 14. 15 lesen. Dort finden wir, daß Juda bezaubert war von den Bildern der Männer aus Chaldäa, „mit Zinnober gezeichnet, mit Gürteln an ihren Hüften gegürtet, überhängende Mützen auf ihren Häuptern, von Aussehen Ritter insgesamt, ähnlich den Söhnen Babels in Chaldäa, ihrem Geburtslande; und sie entbrannte gegen sie, als ihre Augen sie sahen, und sie sandte Boten zu ihnen nach Chaldäa. Und die Söhne Babels kamen zu ihr. . .“ Schon am Anfang der Geschichte Israels in dem Lande brachte ein babylonisches Gewand Unglück über das Volk (Jos 7, 21), und wie überaus ernst ist es, daß es auch ein babylonisches Gewand ist, daß die Geschichte zum Abschluß bringt. Babylon zeigt uns ein Bild von der Welt. Es ist derselbe Ort wie Babel, der „Verwirrung„ bedeutet. Wenn wir die Dinge der Welt in die Dinge Gottes hineinbringen, kann es nur Verwirrung geben. In der ersten Zeit der Geschichte Israels war geistliche Energie vorhanden, um das Böse wegzutun, aber leider fehlte diese Energie in den Tagen Josias sogar in seiner eigenen Familie. Die Kinder des Königs trugen diese fremde, ausländische Kleidung öffentlich, die einst im Zelt versteckt worden war. Jetzt wurde sie frech in der Öffentlichkeit getragen, ein deutlich sichtbarer Beweis davon, wo ihre Herzen hingehörten. So sind auch die Kleider, die unsere Kinder tragen, der deutlich sichtbare Beweis, wem ihre Herzen gehören, sei es die himmlische Heimat oder die Welt mit ihren Moden. Ach, in dem Palast eines guten Königs von Judäa hatte die Welt Aufnahme und ein gutes Zuhause gefunden, und das Gericht ist unausweichlich. Die Freundschaft der Welt ist Feindschaft gegen Gott; wer ein Freund der Welt sein will, stellt sich als ein Feind Gottes dar (Jak 4, 4). Solche nennt Gott „Ehebrecher und Ehebrecherinnen“. Könnte es ernstere Worte geben? O meine Kinder, wenn ihr eure Kleinen liebhabt, dann laßt diese wichtigen Wahrheiten tief in euren Herzen verankert sein.

 

 

Ich will gar nicht erst versuchen, den Verfall des Hauses Josias bis zum Ende zu verfolgen. Ihr wißt wie ich, daß es eine traurige Geschichte ist; vielleicht lest ihr sie für euch selbst. Die Geschichte Judas und Israels ist damit beinahe beendet. Aber es gibt noch zwei oder drei Geschichten, die wir betrachten können, ehe wir diese Betrachtungen über das Alte Testament beschließen.

 

 

DANIEL

Eigentlich gehört Daniel nicht mit zu der Reihe derjenigen Personen, die wir betrachten, denn wir wissen nichts von seinen Eltern. Er lebte ungefähr zur gleichen Zeit wie die jungen Prinzen, von denen wir gelesen haben, und war ein junger Mann, als auch sie jung waren. Sowohl im Lande Juda als auch in Babylon war er den gleichen Versuchungen ausgesetzt wie sie, die dadurch zu Fall kamen, denn wahrscheinlich war Daniel selbst einer der jungen Prinzen, zu denen der Prophet Zephanja in so ernsten Worten geredet hatte. Ihr werdet euch daran erinnern, wie Daniel und seine Freunde sogar die Speise Babyfons ablehnten und stattdessen Gemüse aßen und Wasser tranken. Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, sich nicht zu verunreinigen (Dan 1, 8). Was du und ich brauchen, ist dieser „Herzensentschluß“, den Daniel an den Tag legte und der auch in der ersten Zeit der Versammlung gefunden wurde (Apg 11, 23). Möchten unsere Kinder an uns sehen, daß wir ganz und gar nur für Christus da sind, und daß eine völlig klare Trennung mit der Welt und ihrem Treiben besteht, ob es sich nun um Kleidung, Essen und Trinken oder irgend etwas anderes handelt. Möchte jeder von uns doch imstande sein, wie Paulus einst zu sagen: „Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist, und ich der Welt“ (Gal 6,14). Paulus und die Welt waren Todfeinde, die nichts miteinander zu tun hatten. Meine Kinder, denkt über diese Prinzen von Juda nach, und Gott gebe euch die Gnade, eure Kleinen dahinzubringen, Daniel und nicht den Söhnen Josias nachzufolgen.

 

MORDOKAI

 

 

Ein kurzes Wort über Mordokai für diejenigen, die Onkel sind. Wir haben gesehen, welchen Trost Othniel für seinen Onkel Kaleb bedeutete; so gibt es auch noch andere, die wir hätten betrachten können. Welch eine Ursache der Freude mag der junge Jonathan für seinen Onkel David gewesen sein (2. Sam 21, 21), als er den Riesen erschlug, der je sechs Finger an seinen Händen und je sechs Zehen an seinen Füßen hatte! Wahrscheinlich war es doch das Vorbild seines Onkels David, das ihm den Mut zu dieser Tat gab. So seid auch ihr, meine Lieben, außer Vätern und Müttern noch Onkel und Tanten.

 

 

 

Welch eine Freude mag Esther für ihren Onkel gewesen sein in jenen dunklen Tagen ihres Lebens in der Burg zu Susan, wohin sie ihr Schicksal verschlagen hatte. Mordokai erzog seine junge verwaiste Nichte, indem er sie lehrte, Jehova, den Gott Israels zu fürchten, und von dieser Belehrung wich sie auch später, sogar als sie am Hofe des Königs war, nicht ab. Ich brauche die ganze Geschichte nicht zu wiederholen, denn ihr kennt sie alle, aber ich möchte doch darauf hinweisen, welch ein schönes lebendiges Beispiel dies für den folgenden Vers ist (Spr 22, 6): „Erziehe den Knaben seinem Wege gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird“.

 

 

 

Es scheint als hätten Esther und Mordokai in der Zeit nach dem Wiederaufbau des Tempels zu Jerusalem gelebt, und dann mutet es doch eigenartig an, daß zwei Menschen wie diese nicht in das Land ihrer Väter zurückgekehrt sind. Wir sehen hierin vielleicht einen der Fälle, in denen Gott etwas erlaubt oder beläßt, womöglich unseren Mangel an Glauben oder Hingebung, die uns daran hindern, den besten Weg zu wählen. Aber Gott nimmt das an, was wir haben, und Er benutzt uns an dem Ort, den wir selbst ausgesucht haben, auch wenn es nicht der Ort Seiner Wahl ist. Für unsere irrenden Herzen ist es sehr tröstlich und ermutigend zu wissen, daß Gott denen, die Ihn lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken läßt  und zwar weil wir dadurch um so tiefer erkennen, wie oft wir fehlen. Welch ein schönes Beispiel für diese Wahrheit ist das Buch Esther, auch wenn der Name Gottes oder das Wort „Gott“ nicht einmal darin vorkommt.

 

 

SCHALLUM UND SEINE TÖCHTER

Ich kann diese Betrachtungen über die Eltern des Alten Testaments und ihre Kinder nicht beschließen, ohne einen Blick auf Schallum zu werfen. Nehemia, der Mundschenk des Königs, ging vielleicht etwa dreißig Jahre nach der Zeit, in der sich die Begebenheiten mit Esther und Mordokai abspielten, nach Jerusalem hinauf, um die Mauer zu bauen. Der Tempel war schon einige Jahre früher vollendet worden, aber die Mauer lag noch vollständig in Trümmern da, und das Herz Nehemias wurde über diese Angelegenheit so betrübt, daß er sein Haupt vor dem König in Gefahr brachte. Aber Nehemia war ein Mann des Gebets, und Gott rettet ihn nicht nur, sondern Er erfüllt ihm den Wunsch seines Herzens, so daß er nach Jerusalem gehen kann, um die Mauer zu bauen. Ich will hier nicht die ganze Geschichte erzählen, die ihr sicherlich kennt und liebt, wie ich hoffe. Die edle Gesinnung Nehemias ermunterte die Herzen des Volkes, und sie vereinigten sich zu dem Werk. Die genauen Einzelheiten, die der Heilige Geist uns berichtet von manchen, die zwei Strecken aufbauten und anderen, „die ihren Nacken nicht unter den Dienst ihres Herrn beugten“ (Neh 3, 5), sind für uns von größtem Interesse. Aber ich möchte einen Augenblick bei Schallum, dem Obersten des halben Bezirks von Jerusalem, und seinen Töchtern verweilen. Wahrscheinlich war er ein reicher Mann, da er der Oberste des halben Jerusalem war. Seine Töchter lebten wahrscheinlich in einem schönen Hause, in dem alle Arbeit von Dienern getan wurde. Es ist möglich, daß ihre Hände weiß und zart waren, da sie harte Arbeit gar nicht gewohnt waren. Aber auf den Ruf, die Mauer Jerusalems zu bauen, macht sich Schallum auf, nicht mit seinen Knechten oder mit erfahrenen, angeworbenen Maurern, sondern mit seinen Töchtern (vielleicht hatte er keine Söhne), und ich bin sicher, daß diese Mädchen willig ihre alten Kleider anzogen und den Schutt wegtrugen, die Steine sammelten und den Mörtel heranbrachten. Und der Herr sah es und verzeichnete für ewige Zeiten, daß die Töchter Schallums bereit waren, ihrem Vater bei einer Arbeit zu helfen, die eigentlich Männerarbeit war. Gute, tapfere Mädchen! Möchten auch eure Töchter sein wie diese! Sicherlich bekamen sie Blasen und Wunden an ihren Händen, die bald rauh und rissig wurden, aber sie fuhren einfach fort, die Mauer zu bauen. Gute, tapfere Mädchen! Ich denke gerne an die Töchter Schallums. Ich kannte einen jungen Mann, der eine Menge guter Empfehlungen besaß, aber am stolzesten war er auf eine, die sehr kurz war und lautete: „Er hat keine Angst, sich die Hände schmutzig zu machen“. Den Töchtern Schallums hätte man die gleiche Empfehlung ausschreiben können.

 

 

Soviel ich weiß, sind diese Mädchen die letzten Kinder mit ihren Eltern, von denen wir in der Geschichte des Alten Testaments lesen, es sei denn, wir erwähnen die Kinder, deren Mütter Heidinnen waren, und die deshalb die Sprache Kanaans nicht richtig sprechen konnten, aber über sie möchte ich nichts sagen. Es scheint mir, daß das Bild dieser Mädchen, die zusammen mit ihrem Vater an dem Werk des Herrn mitarbeiteten, das Schönste und Passendste ist, mit dem wir unsere Betrachtungen schließen können. Dies habe auch ich nicht nur für meine Töchter, sondern auch für meine Söhne begehrt, daß wir zusammen in einem Geiste und mit einer Seele mit dem Glauben des Evangeliums kämpfen (Phil 1, 27). Möchte Gott es mir und euch schenken!

 

„Ihr kennet aber seine Bewährung, daß er,
WIE EIN KIND DEM VATER,
mit mir gedient hat an dem Evangelium“. Phil 2, 22

 

 

NEUES TESTAMENT

 

ZACHARIAS UND ELISABETH

 

 

Das erste Elternpaar im Neuen Testament, das wir betrachten wollen, sind Zacharias und Elisabeth. Der göttliche Bericht über sie lautet: „Es war in den Tagen Herodes, des Königs von Judäa, ein gewisser Priester, mit Namen Zacharias, aus der Abteilung Abias; und sein Weib war aus den Töchtern Aarons, und ihr Name Elisabeth. Beide aber waren gerecht vor Gott, indem sie untadelig wandelten in allen Geboten und Satzungen des Herrn. Und sie hatten kein Kind, weil Elisabeth unfruchtbar war; und beide waren in ihren Tagen weit vorgerückt“ (Lk 1, 5 7).

 

 

 

Zacharias und Elisabeth wohnten in dem Gebirge Juda. Als das Los auf Zacharias fiel, mußte er Räucherwerk im Tempel zu Jerusalem opfern, während das ganze Volk draußen wartete. Während er das Räucherwerk räucherte, erschien ihm der Engel Gabriel und sprach: „Fürchte dich nicht, Zacharias, denn dein Flehen ist erhört und dein Weib Elisabeth wird dir einen Sohn gebären und du sollst seinen Namen Johannes heißen. Und er wird dir zur Freude und Wonne sein, und viele werden sich über seine Geburt freuen. Denn er wird groß sein vor dem Herrn; weder Wein noch starkes Getränk wird er trinken und schon von Mutterleibe an mit Heiligem Geiste erfüllt werden. Und viele der Söhne Israels wird er zu dem Herrn, ihrem Gott, bekehren. Und er wird vor ihm hergehen in dem Geist und der Kraft des Elias, . . . um dem Herrn ein zugerüstetes Volk zu bereiten“ (Lk 1, 13  17).

 

Zacharias hatte offenbar erkannt, daß es ein Engel war, der mit ihm sprach, denn er war bestürzt und Furcht überfiel ihn. Dennoch aber glaubte er nicht, was der Engel ihm sagte. Er fragte ihn: „Woran soll ich dies erkennen?“ So ist das menschliche Herz, auch das Herz eines so geehrten Mannes wie Zacharias, der eine so bemerkenswerte Kennzeichnung erhielt: „gerecht vor Gott, indem sie untadelig wandelten in allen Geboten und Satzungen des Herrn“. Und doch ist er nicht bereit, Gabriel beim Wort zunehmen! Sind wir etwa besser? Sind wir immer bereit, einen Größeren als Gabriel bei Seinem Wort zu nehmen? Ach, die meisten von uns müssen sagen: „O Zacharias, wie könnte ich dich verurteilen? Dein Urteil wäre auch das meinige“. Ja, wir sind noch schlimmer, denn es ist das Wort Gottes, des Herrn Selbst, das wir häufig nicht so nehmen, wie es dasteht, ohne zu zweifeln.

 

 

Aber Zacharias hatte dennoch Glauben. Er hätte nicht „gerecht vor Gott“ sein können, wenn er keinen Glauben besessen hätte, denn daß „durch Gesetz niemand vor Gott gerechtfertigt wird, ist offenbar, denn „der Gerechte“ wird aus Glauben leben“ (Gal 3, 1l). Es ist sicher, daß Zacharias auch gebetet und den Herrn um einen Sohn gebeten hatte, denn der Engel sagte: „Fürchte dich nicht, . . . denn dein Flehen ist erhört“. Nur der Glaube kann Zacharias veranlagt haben, zu beten, und es kann nur ein Gebet des Glaubens gewesen sein, denn es wurde erhört. Ich glaube, daß Zacharias Ähnlichkeit hat mit vielen von uns, die wir Christen sind. Wir haben wohl Glauben, aber wenn es sich um die täglichen Dinge dieses Lebens handelt, wie z. B. die Kindererziehung, die täglichen Sorgen und Bedürfnisse, wie oft sind wir da versucht, unserem Herrn nicht zu glauben!

 

 

 

Ich glaube, daß vielleicht die große Lehre für uns Eltern in dieser lieblichen Geschichte einfach die ist: „Habe Glauben an Gott“. Wenn es schon eine so ernste Sache war, das Wort eines Engels anzuzweifeln, daß Zacharias so lange Zeit stumm war, was muß es dann für das liebende Herz unseres Herrn sein, daß du und ich Ihn so wenig „beim Wort nehmen“? Schon wir Menschen sehen es gerne, wenn man uns vertraut; ein Engel erwartet, daß man ihm vertraut; sollten wir dann Den anzweifeln, Der weit über den Engeln steht, und von Dem wir wissen, daß Er unmöglich lügen kann? Aber wie bewundernswert ist die Gnade Gottes. Der Unglaube des Zacharias läßt ihn mehrere Monate stumm sein. Aber den kleinen Sohn, für den er gebeten hatte, verliert er nicht. Dieser kleine Sohn wuchs zu einem solchen Mann auf, daß sein (und unser) Herr von ihm sagen konnte: „Wahrlich, ich sage euch, unter den von Weibern Geborenen ist kein Größerer aufgestanden als Johannes der Täufer“ (Mt 11, 11; Lk 7, 28). So glaube ich, daß die Geschichte Johannes des Täufers und seiner Eltern für uns Eltern voll Ermunterung ist, wenn auch für die meisten von uns ein Vorwurf darin liegt. Möchten wir demütig beides annehmen und bereitwilliger die Worte unseres Herrn glauben, die zu ihrer Zeit erfüllt werden.

 

 

 

Aber ich glaube, daß in dieser Geschichte noch eine weitere schöne Belehrung für uns liegt. Vers 14 lautet: „Er wird dir zur Freude und Wonne sein“. Gewiß möchte der Herr, daß alle unsere Kinder uns zur „Freude und Wonne“ sind. In Psalm 127 sagt Er: „Siehe, ein Erbteil Jehovas sind Söhne, eine Belohnung die Leibesfrucht“. Daher zweifle ich nicht, daß es Sein Wille ist, daß jedes Kind uns zur „Freude und Wonne“ sei. Ich weiß, daß es oft nicht so ist, aber ist es nicht oft, wenn nicht gar immer so, daß wir die Schuldigen sind?

 

 

DAS HAUS IN NAZARETH

 

 

Die wenigen Familien, deren Geschichte uns im Neuen Testament beredetet wird, sind für uns von großem Interesse. Die Familie, die wir jetzt betrachten, steht jedoch ganz für sich da. Niemals hat es davor oder danach ein solches Kind gegeben wie jenes, das in dem Stall zu Bethlehem geboren wurde, weil für Ihn kein Raum in der Herberge war.

 

Gerne möchten wir mehr über das Heim in Nazareth erfahren, aber Gott hat diese Jahre der Kindheit größtenteils mit einem Schleier bedeckt. Wir können einen kleinen Blick in Sein Leben tun, als Er zwölf Jahre alt war und hören Ihn zu Seiner Mutter sagen: „Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meines Vaters ist?“ „Das, was Seines Vaters ist“, war die Atmosphäre, in der Er lebte. Und Ihn, den HERRN der Herrlichkeit, sehen wir mit Seinen Eltern in das einfache Heim zurückkehren, „und er war ihnen untertan“.

 

 

In dem Hause des Zimmermanns in Nazareth wurde Er „erzogen“. Es ist fast genau dasselbe Wort, das der Geist in bezug auf uns und unsere Kinder in Eph 6, 4 benutzt (‚trepho’ und ‚ek trepho’). „Ziehet sie auf in der Zucht und Ermahnung des Herrn“. Aber davon werden wir später noch sprechen. Laßt uns als Eltern jedoch einen Augenblick bei dem Wort „Erziehung“ verweilen. Ein Kind wie Ihn hat es niemals gegeben. Nie war Er ungehorsam, böse, mürrisch, frech, eigenwillig oder unaufrichtig. Wie anders waren wir, als wir noch Kinder waren! Er hatte vier Brüder: Jakobus und Joses, Judas und Simon, und daneben noch „seine Schwestern“ (Mk 6, 3). In diesem Vers wird Er „der Zimmermann“ genannt, und Er hat zweifellos als Knabe und junger Mann in dem Beruf Josephs in der Zimmermannswerkstatt gearbeitet. Vielleicht war Joseph jetzt tot, da unser Herr hier „der Sohn der Maria“ genannt und Joseph nicht erwähnt wird.

 

 

 

Wir wissen, daß Seine Brüder zunächst nicht an Ihn glaubten, als Er Seinen öffentlichen Dienst antrat, und es ist mehr als wahrscheinlich, daß der Neid jener Brüder in der schönen Geschichte in 1. Mose 37, die so sehr anders waren als ihr Bruder Joseph, nur ein Bild des Neides dieser ungläubigen Brüder in Nazareth war. Gewiß wurde dadurch das Leben dieses Kindes schwer gemach, aber wie schön ist es zu sehen, daß der Nächstjüngere und Ihm vielleicht am nächsten stehende „Jakobus, der Bruder des Herrn“ (Gal 1, 19), schon bald gewonnen und zu einem treuen Nachfolger wurde. Auch war Jakobus nicht der einzige der vier, der gewonnen wurde, denn in 1. Kor 9, 5 sehen wir die „Brüder des Herrn“ in Verbindung mit Kephas. Wir dürfen wohl glauben, das jedes Glied der Familie zu Nazareth ein ernster, treuer und anhänglicher Nachfolger seines und unseres   Herrn Jesus Christus wurde.

 

 

 

Wenn wir uns nun dem Brief des Jakobus zuwenden, der wohl mit Sicherheit von dem Bruder unseres Herrn geschrieben worden ist, so lesen wir im ersten Verse: „Jakobus, Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus“. Es ist sehr erquickend, zu sehen, wie Jakobus den Herrn Jesus Christus in dieser Weise mit Gott dem Vater verbindet, indem er seinen vollkommenen Glauben an die Gottheit Christi zeigt. Auch ist es lieblich, wie er Ihn von ganzem Herzen als Herrn bekennt und sich selbst

 

Sein „Sklave“ nennt, denn das ist die Bedeutung des Wortes, das mit „Knecht“ übersetzt ist. Ein Sklave ist für einen Preis gekauft worden, und Jakobus, der Bruders unseres Herrn, bekennt dies öffentlich von sich selbst in den ersten Worten seines Briefes.

 

 

Sollte die Vermutung falsch sein, daß die Jahre, als der Herr zusammen mit Jakobus, Seinem Bruder, in demselben Hause „erzogen“ wurde, mit zu den Einflüssen gehörten, die Jakobus zum Glauben an Den brachten, Der sein Bruder und zugleich sein Herr war? Im Lichte von 1. Petr 3, 1 dürfen wir wohl annehmen, daß es so war. Petrus spricht von ungläubigen Ehemännern und sagt: „Wenn auch etliche dem Worte nicht gehorchen, sie durch den Wandel der Weiber ohne Wort mögen gewonnen werden“. Das Wort „Wandel“ ist ein Lieblingswort des Petrus. Er gebraucht es achtmal in seinen beiden kurzen Briefen, während es im ganzen übrigen Teil des NT nur noch fünfmal vorkommt. So gewinnt das Betragen des gläubigen Weibes ihren ungläubigen Ehemann. Jakobus benutzt das gleiche Wort in seinem Brief in Kap. 3, 13. Vielleicht dachte er, als er jetzt diese Worte schrieb, an den „Wandel“ Dessen, Den er aus nächster Nähe miterlebt hatte, während seiner Jugendzeit. Seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen, und ich glaube, daß Seine Worte und Sein Wandel sich auch tief in das Herz des Jakobus eingeprägt hatten.

 

 

DIE WITWE ZU NAIN

 

 

Wie ihr wißt, war Lukas ein Arzt und hatte geübte Sinne, die alle Einzelheiten der Krankheit und des Kummers registrierten, deren er, wie die meisten Ärzte heute, nicht fremd gegenüberstand. In Lk 7, 11 bis 15 finden wir, wie der Herr einem Begräbniszug begegnet, der gerade aus der Stadt Nain kam. Der Tote war der eingeborene Sohn seiner Mutter, die eine Witwe war. Als der Herr sie sah, hatte Er Mitleid mit ihr, und sprach zu ihr: „Weine nicht!“ Dann trat Er hinzu und berührte die Bahre, die Träger standen still, und Er sprach: „Jüngling, ich sage dir, stehe auf!“ Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen, und Er gab ihn seiner Mutter zurück.

 

Welches Mitleid, welches Verständnis, welche Gnade strahlt unser Heiland hier aus! Wie gut kannte Er das Herz der Mutter und teilte ihren Schmerz! Er verlangte auch nicht, daß der junge Mann jetzt Ihm nachfolgen sollte, sondern Er gab ihn seiner verwitweten Mutter zurück, damit er ihr zum Trost und zur Stütze sei. „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.“ Er verändert Sich nicht. Auch wir werden Sein Mitleid, Seine Liebe und Sein Verständnis heute ebenso erfahren, wie einst die Witwe vor den Toren Nains.

 

JAIRUS

 

 

In Lukas 8, 41 56 finden wir die liebliche Erzählung von Jairus, dem Synagogenvorsteher, dessen einzige Tochter im Alter von ungefähr zwölf Jahren im Sterben lag. Jairus bat den Herrn, in sein Haus zu kommen, um seine Tochter zu heilen, aber auf dem Wege gab es einen Aufenthalt, und bevor Er das Haus erreichte, kam ein Bote, der berichtete, daß das kleine Mädchen schon gestorben war. Alle weinten und trauerten um sie, aber Er sprach: „Weinet nicht, denn sie ist nicht gestorben, sondern sie schläft“. Aber sie verlachten Ihn, da sie wußten, daß sie gestorben war. Er aber trieb sie alle hinaus, nahm das Mädchen bei der Hand und rief: „Kind, stehe auf!“ (Markus berichtet sogar die genauen Worte, die der Heiland benutzte: „Talitha kumi!“ die wörtlich vielleicht soviel bedeuten wie: Liebe Kleine, ich sage dir, stehe auf!) Ihr Geist kehrte zurück, und alsbald stand sie auf; und Er befahl, ihr zu essen zu geben. Und ihre Eltern gerieten außer sich; Er aber gebot ihnen, niemand zu sagen, was geschehen war.

 

 

 

Wieder sehen wir hier das liebevolle Mitleid unseres Herrn; laßt uns daran denken, daß Er auch heute noch Derselbe ist. Vielleicht habt ihr ein kleines Kind verloren. Der kleine Liebling ist nicht verloren, denn Er wird ihn zurückgeben. Nicht in der gleichen Weise, wie Er dem Jairus seinen kleinen Liebling zurückgab, sondern auf eine bessere Weise. Erinnert euch nur daran, wie Hiob alle seine Kinder und alle seine Besitztümer verlor; sein späterer Reichtum war doppelt so groß, aber seine Kinderzahl war die gleiche, denn der Herr wollte ihm seine anderen Kinder ja auch wiedergeben. Sie waren nicht verloren; sie waren ihrem Vater nur vorangegangen. Welch ein Trost, daß der Herr auch unsere Kinder heute als Seine kleinen Lieblinge ansieht! Die anderen mögen sie vielleicht nicht so ansehen, aber der Herr tut es. Er hat sie alle mit Seinem eigenen Blut erkauft und liebt sie so sehr, daß Er jedes dieser lieben Kleinen für ewig bei Sich, in Seinem Hause haben möchte.

 

 

DER SOHN MIT DEM DÄMON

 

 

In Lukas 9, 38 lesen wir von einem armen, betrübten Vater, der seinen von einem unreinen Geist besessenen Sohn zu den Jüngern gebracht hatte, die ihn jedoch nicht hatten austreiben können. Es war eine furchtbare Lage, und in seiner Qual ruft der Vater aus: „Lehrer, ich bitte dich, blicke hin auf meinen Sohn, denn er ist mein eingeborener!“ Es ist kein Zufall, daß der Geist diesen rührenden Ausdruck in dieser wie in den beiden vorhergehenden Geschichten benutzt; vielmehr sollen unsere Herzen doch daran erinnert werden, was es für Gott war, Seinen Eingeborenen Sohn für dich und für mich hinzu­ geben. Möchten wir diese Belehrung wenigstens teilweise ver­stehen, denn ganz werden wir sie nie erfassen. Diese drei Fälle sollten uns jedoch ein wenig davon sagen, was es den Vater gekostet hat, uns arme, verlorene Sünder zu erlösen. Der Vater in der vor uns liegenden Geschichte besaß nicht viel Glauben, aber der Herr bedrohte den unreinen Geist, so daß er von ihm ausfuhr, und Er gab ihn seinem Vater zurück. In jedem dieser drei Fälle gab Er das Kind den Eltern wieder, obwohl Er ja ein Recht auf sie gehabt hätte, aber Er, Der das Mutterherz ge­schaffen hat, erfüllte es auch mit Liebe.

 

 

 

Er weiß und versteht alles und sorgt für alle Dinge, wie es niemand kann, auch der nächste und liebste Angehörige nicht. Laßt uns deshalb daran denken, daß, wenn wir um unsere Kinder bekümmert sind, Sein Mitleid ebenso wahr und wirklich ist, wie es einst vor langer Zeit war.

 

In kranken und gesunden Tagen, im Leben und im Tode, ist das Beste, was wir mit unseren Kindern tun können, sie dem Herrn Jesus Christus anzubefehlen.

 

DIE SÖHNE DES ZEBEDÄUS

 

 

„Als er aber am See von Galiläa wandelte, sah er zwei Brüder: Simon, genannt Petrus, und Andreas, seinen Bruder, die ein Netz in den See warfen, denn sie waren Fischer. Und er spricht zu ihnen: Kommet mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sie aber verließen alsbald die Netze und folgten ihm nach. Und als er von dannen weiterging, sah er zwei andere Brüder: Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, im Schiffe mit ihrem Vater Zebedäus, wie sie ihre Netze ausbesserten; und er rief sie. Sie aber verließen alsbald das Schiff und ihren Vater und folgten ihm nach“ (Mt 4, 18 22). Hier werden uns zum ersten Mal im Neuen Testament Zebedäus und seine Söhne vorgestellt. Aus Lk 5 wissen wir, daß Simon und Andreas ihre Teilhaber bei dem Fischerunternehmen waren, und in Mk 1 erfahren wir, daß Zebedäus nicht nur seine beiden Söhne hatte, die ihm halfen, sondern außerdem noch „Tagelöhner“.

 

 

 

„Sie aber verließen alsbald das Schiff und ihren Vater und folgten ihm nach“. Von Zebedäus hören wir nicht ein Wort des Vorwurfs, und als später auch seine Frau Ihm nachfolgte und Ihm diente (Mt 27, 55. 56), hören wir immer noch keinen Einspruch. Obwohl Zebedäus ungefähr zwölfmal in den Evangelien erwähnt wird, wissen wir doch nur wenig von ihm. Von seiner Frau erfahren wir jedoch etwas mehr. Offenbar hatte der Meister, dem ihre Söhne nachfolgten, ihr Herz gewonnen. Sie wußten, daß Er ein König war, Der eines Tages in Seinem Reiche kommen würde. Vielleicht wußte sie auch noch mehr, denn sie warf sich vor Ihm nieder (Mt 20, 20. 21). Aber sie wußte oder verstand nicht, daß Er ein verworfener König war, und daß sie in der Zeit Seiner Verwerfung lebte. Sie kam mit ihren Söhnen und erbat für sie den höchsten Platz im Königreich. Sie wußte nicht, daß Christus Jesus Sich Selbst zu nichts machte. Aber der Herr antwortet ihr: „Ihr wisset nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?“ Sie dachten, daß sie es könnten, und Er antwortet, daß sie zwar den Kelch trinken würden, aber Er verspricht ihnen die hohe Stellung, die sie suchten, nicht.

 

 

 

Diese Betrachtung des Weges der Söhne Zebedäus würde ein ganzes Buch, ja vielleicht viele Bücher füllen. Ich möchte jedoch noch einen Augenblick bei der Szene stehenbleiben, die wir soeben gehabt haben. Sie waren nicht die ersten, zu denen der Herr sagen mußte: „Und du, du trachtest nach großen Dingen für dich? Trachte nicht danach“ (]er 45, 5). Auch wir sind manchmal der Versuchung ausgesetzt, für uns selbst oder für unsere Kinder nach großen Dingen zu trachten. „Trachte nicht danach“. Jetzt ist die Zeit der Verwerfung unseres Herrn. Jetzt ist die Zeit, in der wir Seinen Kelch der Leiden und des Schmerzes teilen können. Sucht nicht Macht und Reichtum für eure Kinder! „Die aber reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstrick und in viele unvernünftige und schädliche Lüste, welche die Menschen versenken in Verderben und Untergang. Denn die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen, welcher nachtrachtend etliche von dem Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben“ (1. Tim 6, 9. 10). Es ist weitaus besser, wie Jakobus und Johannes alles zu verlassen und Ihm nachzufolgen.

 

 

 

Dem Juden waren irdischer Segen und ein irdisches Teil verheißen worden, aber unser Bürgertum ist in den Himmeln. Wir sind nicht von dieser Welt, wie auch unser Herr und Meister nicht von dieser Welt war. Der Tag der Herrlichkeit wird kommen. Wir sind Miterben Christi, wenn anders wir mitleiden, auf daß wir auch mitverherrlicht werden. Jemand, der das Mit-Leiden mit Ihm besser kannte als wohl jeder andere, fügt hinzu: „Denn ich halte dafür, daß die Leiden der Jetztzeit nicht wert sind, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll“ (Röm 8, 18).

 

 

 

 

MARIA, DIE MUTTER DES JOHANNES MARKUS

 

 

 

Wie ihr wißt, brachte der Engel, der Petrus in der Nacht aus dem Gefängnis befreite, ihn dazu, in „das Haus der Maria, der Mutter des Johannes, der Markus zubenamt war“, zu gehen (Apg 12). In jener Nacht fand in dem Hause der Maria eine Gebetsstunde statt. Es war eine besondere Gebetsstunde für Petrus, und der Herr hörte und antwortete noch während sie beteten, aber ich fürchte, daß sie (wie vielleicht viele von uns heute) nicht viel Glauben besaßen, denn als Petrus kam und an die Tür klopfte, und Rhode, die Magd, welche die Tür öffnen sollte, berichtete, daß Petrus an der Tür stände, wollten sie ihr nicht glauben und erklärten, sie sei von Sinnen. Da sie jedoch weiterhin behauptete, daß sie richtig gesehen hatte, meinten sie, es sei sein Engel (oder: sein Geist).

 

 

 

Markus war ein Neffe oder Vetter des Barnabas (Kol 4, 10). Petrus nennt ihn in seinem Briefe, den er in Babylon schrieb, „seinen Sohn“ (1. Petr 5, 13). Mutter und Onkel des Markus waren ernste Christen, und mit Petrus war er vielleicht schon von Kindheit an verbunden. Außerdem versammelten sich die Gläubigen in dem Hause seiner Mutter. Alles das wird den jungen Markus stark beeinflußt haben, schon früh in die Nachfolge des Herrn zu treten. Manche haben gemeint, daß er der „Jüngling“ gewesen sei, der die feine Leinwand um den bloßen Leib geworfen hatte und dem Herrn in den Garten Gethsemane gefolgt war. Dann heißt es: „Und die Jünglinge griffen ihn. Er aber ließ die feine Leinwand fahren und floh nackt von ihnen“ (Mk 14, 51. 52). Nur Markus berichtet uns dieses Ereignis, aber wir wissen nicht mit Bestimmtheit, ob er dieser Jüngling war.

 

Im Hause der Maria war soviel Platz, daß die Gläubigen sich dort versammeln konnten, und sie hat ihr Haus auch zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt. Barnabas besaß Land, das er verkaufte, und den Erlös legte er zu den Füßen der Apostel nieder. Offenbar war die Familie reich und befand sich in guten Verhältnissen.

 

 

Als Barnabas und Saulus die Spende zur Unterstützung der Brüder in Judäa von Antiochien mitnahmen, sahen sie Johannes Markus, und auf ihrer Rückreise von Jerusalem nahmen sie ihn mit. Dies trug sich vielleicht kurz vor der Aussendung des Barnabas und Saulus auf ihre erste Missionsreise durch den Heiligen Geist zu. Johannes Markus begleitete sie als ihr ,Diener’ oder ,Helfer’ (Apg 13, 5). Schon bald kamen sie in gefährliche und schwierige Gegenden, und „Johannes sonderte sich von ihnen ab und kehrte nach Jerusalem zurück“ (Apg 13, 13). Das Wort schweigt darüber, ob die Gefahren und Schwierigkeiten des Weges, das Heimweh nach seiner Mutter oder irgendein anderer Grund ihn veranlaßten, zurückzukehren, aber sicherlich geschah dies nicht in der Nachfolge des Herrn.

 

 

 

Das nächste Mal hören wir von ihm, als Paulus und Barnabas auf der großen Versammlung zu Jerusalem gewesen waren, wo darüber entschieden worden war, ob die Nationen unter das Gesetz gestellt werden sollten oder nicht (Apg 15). Paulus und Barnabas kehrten nach Antiochien zurück, und nach einiger Zeit sprach Paulus zu Barnabas: „Laß uns nun zurückkehren und die Brüder besuchen in jeder Stadt, in welcher wir das Wort des Herrn verkündigt haben, und sehen, wie es ihnen geht“. Barnabas wollte wieder seinen jungen Neffen mitnehmen, aber Paulus hielt es nicht für gut, den mitzunehmen, der von ihnen gewichen und nicht mit ihnen gegangen war zum Werke. Der Streit zwischen ihnen wurde so scharf, daß sie sich voneinander trennten. Barnabas nahm Markus mit und segelte nach Zypern, während Paulus sich Silas erwählte und auszog, von den Brüdern der Gnade Gottes befohlen. Es war ein sehr, sehr trauriger Streit, und wir lesen nicht, daß Paulus und Barnabas jemals wieder zusammen gearbeitet haben.

 

Aber wie schön ist es, daß dies noch nicht das Ende der Geschichte ist, obwohl vielleicht fast zwanzig Jahre vorübergehen, bis wir wieder von Johannes Markus hören. Zwanzig verlorene Arbeitsjahre, soweit wir aus dem Worte Gottes entnehmen können. Sie sind offensichtlich durch Feigheit und Untreue verlorengegangen. Von einer Buße erfahren wir nichts. Vielleicht fuhr er nach außen hin fort, im Werk des Herrn zu arbeiten. Das sind Fragen, die auch unser Herz wachrütteln sollten. Er war ein Diener, der versagt hatte, und er scheint wegen dieses Versagens beiseitegesetzt worden zu sein. Vielleicht war er eine Zeitlang mit Petrus in Babylon (1. Petr 5, 13), und wer war besser in der Lage als Petrus, einen gefallenen Diener auf den rechten Pfad zurückzubringen? Er konnte Markus an seinen eigenen schrecklichen Fall erinnern (von dem jener zweifellos schon wußte), und er konnte ihm zeigen, daß er bezüglich seines Dienstes nicht beiseitegesetzt zu werden brauchte, denn es gibt eine Wiederherstellung. Zur Wiederherstellung des Petrus waren nur wenige Tage nötig; bei Markus dauerte es viele Jahre, aber es gibt einen Weg der Rückkehr. So finden wir Markus in Kol 4, 10 in Rom zusammen mit Paulus, dem Manne, der einst so dagegen war, daß er mit ihnen zu dem Werke ging. So sollte es sein. Die Begegnung zwischen Markus und Paulus wird uns nicht beschrieben, aber der alte Fehler ist offenbar beseitigt, und Paulus schreibt: „Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Neffe des Barnabas, betreffs dessen ihr Befehle erhalten habt (wenn er zu euch kommt, so nehmet ihn auf), und Jesus, genannt Justus, die aus der Beschneidung sind. Diese allein sind Mitarbeiter am Reiche Gottes, die mir ein Trost gewesen sind“. Es scheint, als ob Markus noch nicht einmal wieder aufgenommen worden wäre, aber jetzt ist alles in Ordnung gebracht worden, der alte Schmerz ist geheilt und die Fehler sind vergeben. Markus ist jetzt ein Trost für den gefangenen Paulus.

 

 

Die Zeiten werden dunkler, die meisten lassen den Mut sinken, und fast alle verlassen Paulus. Aber Markus steht treu und ergeben an Seiner Seite. Er hat seine Lektion gut gelernt. In 2. Tim 4, 11 lesen wir: „Lukas ist allein bei mir. Nimm Markus und bringe ihn mit dir, denn er ist mir nützlich zum Dienst“. Wie schön ist es, zu sehen, daß Markus völlig wiederhergestellt ist für seinen früheren Platz, „nützlich zum Dienst“, wo er einst unnütz gewesen war. Aber die Zeiten sind vorbei, und in seiner dunkelsten Stunde fragt Paulus nach Markus. Paulus wohnt jetzt nicht mehr in seinem eigenen gemieteten Hause, sondern in einem furchtbaren römischen Verlies. Wir wissen aus der Überlieferung, daß es sich um ein unterirdisches Verlies handelte, in dem es finster und feucht war, und die einzige Öffnung war ein Loch, durch das die Gefangenen hinabgelassen wurden. Wir dürfen annehmen, daß Markus Lukas, dem geliebten Arzt, der allein bei Paulus war, in diesem Kerker begegnete. Zusammen teilen sie die Verwerfung und die Gefahr, dem alten Apostel zu dienen, der nur auf die Zeit seines Abscheidens wartet.

 

 

 

Seitdem sind Markus und Lukas immer in enger Gemeinschaft geblieben. Der gefallene   aber wiederhergestellte   Diener hat uns den Bericht von dem Diener, Der nie versagte, hinterlassen, und der geliebte Arzt schrieb uns den Bericht von dem großen Arzt, Der als Mensch unter uns Menschen gelebt hat.

 

 

 

Eigentlich wollte ich in dieser Betrachtung das Verhältnis der Eltern zum Kind beleuchten, und ich habe es fast aus dem Auge verloren. Welche Belehrung finden wir in dieser Hinsicht? Ich glaube, diese: „Erziehe den Knaben seinem Wege gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird“ (Spr 22, 6). Er mag eine Zeitlang in Eigenwillen und fleischlicher Gesinnung von dem Wege abkommen, aber wenn er alt ist, wird der Herr ihn auf seinen früheren Weg zurückbringen, und er wird „seinem Wege gemäß“ wandeln. Ich glaube und hoffe, daß dies die Belehrung in dieser Geschichte ist. Wenigstens ist es die Belehrung, die ich aus ihr gezogen habe, und ich glaube nicht, daß der Herr mich dafür tadeln wird.

 

 

EINE REIHE VON HÄUSERN

 

KORNELIUS

 

 

Wir haben in manche Familie in der Bibel hineingesehen und kommen nun zu einer bemerkenswerten Reihe von Häusern im Neuen Testament, die alle aus den Heiden sind. Das erste Haus, dem wir begegnen, ist meines Wissens das Haus des Kornelius. Er fürchtete Gott „mit seinem ganzen Hause“ (Apg 10, 2). Er tat wohl, indem er Sorge trug, daß sein ganzes Haus ihm in der Furcht Gottes folgte, und Gott nimmt speziell Notiz davon. Als Petrus den Heiligen zu Jerusalem von seinem Besuch bei Kornelius erzählt, sagt er, der Engel habe Kornelius geboten, nach Joppe zu senden, um Petrus zu holen, „der wird Worte zu dir reden, durch welche du errettet werden wirst, du und dein ganzes Haus“ (Apg 11, 14). Fast denselben Worten werden wir begegnen, wenn wir ein anderes „Haus“ betrachten, so daß man annehmen möchte, daß diese Worte, die das Haus einschließen, die ganz spezielle Botschaft des Heiligen Geistes sind an die, die wirklich errettet werden möchten. Wir brauchen uns jetzt keine Gedanken darüber zu machen, wer zu dem Hause des Kornelius dazugehörte, aber wir müssen beachten, daß das Wort dasselbe ist wie froher: „Du und dein ganzes Haus“ (1. Mo 7,1).

 

LYDIA

 

 

Das nächste Haus, auf das wir stoßen, ist das Haus der Lydia, „einer Purpurkrämerin aus der Stadt Thyatira, . . . deren Herz der Herr auftat, daß sie achtgab auf das, was von Paulus geredet wurde. Als sie aber getauft worden war und ihr Haus, bat sie und sagte: Wenn ihr urteilet, daß ich dem Herrn treu sei so kehret in mein Haus ein und bleibet“ Apg 16, 14. 15). Der Herr öffnete das Herz der Lydia, und sie öffnete ihr Haus...

 

 

 

Es ist nichts Neues in der Schrift, aufgrund den persönlichen Glaubens und der Verantwortlichkeit des Hauptes das Haus in einen Platz äußerer Segnung gebracht zu sehen. Wir haben es im Falle der Rahab ausführlich betrachtet und hätten davon auch in Verbindung mit anderen Häusern sprechen können.

 

 

 

Vor Noah waren persönliche Beziehung und Verantwortlichkeit   wie in Abel, Henoch und anderen   der Grundsatz, den Gott anerkannte und wonach Er handelte. Aber mit Noah gab es eine neue Entwicklung in Gottes Handeln mit dem Menschen. Verantwortliche Regierung wurde eingeführt, und Gott gebot: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden“ (1. Mo 9, 6). Dies war etwas Neues in Gottes Ordnung; und mit der Einführung der Regierung offenbarte Gott zugleich die Familienbeziehung mit der entsprechenden Verantwortlichkeit des Familienoberhauptes. „Gehe in die Arche, du und dein ganzes Haus, denn dich habe ich gerecht vor mir erfunden in diesem Geschlecht“ (1. Mo 7, 1). Von Gerechtigkeit oder Glaube der Hausgenossen wird nichts gesagt, aber das ganze Haus ging in die Arche aufgrund der Gerechtigkeit und des Glaubens seines Hauptes. Und so kam sogar Ham, der sich später als so böse erwies, auf einen Platz äußerer Segnung aufgrund der Gerechtigkeit und des Glaubens seines Vaters. „Durch Glauben bereitete Noah . . . eine Arche zur Rettung seines Hauses, durch welche er . . . Erbe der Gerechtigkeit wurde, die nach dem Glauben ist“ (Hebr 11, 7).

 

Viele andere Beispiele für diesen Grundsatz finden wir im Alten Testament. Alle Männer des Hauses Abrahams wurden beschnitten aufgrund des Glaubens Abrahams (1. Mo 17, 27). In 1. Mose 18, 19 finden wir Abrahams Haus aufs neue mit ihm verbunden.

 

 

Beachten wir, daß Gott bereit war, Lots ganzes Haus zu retten. Der Engel sagte zu ihm: „Wen du noch hier hast, einen Eidam und deine Söhne und deine Töchter und wen irgend du in der Stadt hast, führe hinaus aus diesem Orte!“ Jene Schwiegersöhne waren wahrscheinlich Sodomiter, aber um Lots willen hätte Gott sie gerettet, wenn sie sich hätten retten lassen wollen (1. Mo 19).

 

Potiphars ganzes Haus wurde um Josephs willen gesegnet. Und Joseph war sein Sklave (1. Mo 39; 5).

 

 

Denselben Grundsatz finden wir, als Pharao die Kinder in Ägypten zurückbehalten wollte. Die schöne Antwort ist: „Mit unseren Jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern, mit unserem Kleinvieh und mit unseren Rindern wollen wir ziehen . . . nicht eine Klaue darf zurückbleiben“ (2. Mo 10, 9. 26). Dies veranschaulich sehr schön Gottes großen Grundsatz, daß mit dem Haupt des Hauses das ganze Haus und alles, was dazugehört, eingeschlossen ist.

 

Das gleiche finden wir beim Passah: „Am zehnten dieses Monats, da nehme sich ein jeder ein Lamm für ein Vaterhaus, ein Lamm für ein Haus“ (2. Mo 12, 3) . . .

Aarons Farren des Sündopfers war für ihn „und für sein Haus“ (3. Mo 16, 6. 11).

 

 

Bei der Empörung von Korah, Dathan und Abiram wurden die Familien von Dathan und Abiram mit verschlungen, und zu diesen Familien gehörten kleine Kinder (4. Mo 16, 27. 32. 33; 5. Mo 11, 6).

 

Der hebräische Knecht wollte nicht frei ausgehen, „weil er dich und dein Haus liebt“ (5. Mo 15, 16).

„Du und dein Haus“ sollten das Erstgeborene des Rindes und des Kleinviehes essen (5. Mo 15, 20) . . .

 

 

In Jos 2,12. 18; 6, 23 25 haben wir Rahab gesehen, eine Frau aus den Heiden. Ihr ganzes Haus, der größtmögliche Kreis mit eingeschlossen, wurde aufgrund ihres Glaubens gerettet.

 

 

 

In Ri 1, 25 finden wir einen anderen aus den Heiden, der durch eine Glaubenstat für „sein ganzes Geschlecht“ Segen und Sicherheit erwarb.

 

Obed Edom, der Gathiter, war ein weiterer aus den Heiden, für den Gott nach dem gleichen Grundsatz handelte: „Und Jehova segnete Obed Edom und sein ganzes Haus“ (2. Sam 6, 11. 12).

Ittai, auch ein Gathiter aus den Heiden, verstand Gottes Ordnung in dieser Sache: „Da sprach David zu Ittai: Komm und ziehe hinüber. Und Ittai, der Gathiter, zog hinüber mit allen seinen Männern und allen Kindern, die bei ihm waren“ (2. Sam 15, 22). Sie gingen mit ihrem Vater hinüber, um die Verwerfung ihres Königs zu teilen.

 

 

Als Israel in den Tagen Josaphats in großer Bedrängnis war, da „stand ganz Juda vor Jehova, samt ihren Kindlein, ihren Weibern und ihren Söhnen“ (2. Chron 20, 13).

 

 

 

In Nehemias Tagen opferten sie „große Schlachtopfer und freuten sich, denn Gott hatte ihnen große Freude gegeben; und auch die Weiber und die Kinder freuten sich“ (Neh 12, 43).

 

Wir könnten fortfahren, aber ich fürchte, ich habe euch schon ermüdet. Doch hoffe ich, daß diese Beispiele klarmachen, daß von Noahs Tagen an Gottes großer Grundsatz war: „Du und dein Haus“.

 

 

Die Häuser von Cornelius und Lydia setzen diese bemerkenswerte Linie von Häusern fort, die wir durch das ganze Alte Testament hin finden . . . Dem, der im Alten Testament bewandert ist, dürfte der Ausdruck „Haus“ ganz vertraut geworden sein und er dürfte verstehen, was darin eingeschlossen ist. Es ist beinahe das, was man einen stehenden Ausdruck nennen könnte. Was der Geist Gottes damit sagen will, wenn Er diesen Ausdruck gebraucht, ist aus der Art und Weise zu ersehen, wie Er ihn in früheren Schriften gebraucht hat; und wir haben gesehen, daß das Wort genau das bedeutet, was es sagt: Alle im Hause. Dies mochte   oder mochte auch nicht   Kinder, Jugendliche oder Diener mit einschließen. Und Gott tadelte Rahab nicht, als sie die Bedeutung des Wortes auf ihre Eltern und Brüder und Schwestern mit ihren Familien ausdehnte . . .

 

 

DER KERKERMEISTER ZU PHILIPPI

. . . Nach der Lydia finden wir im selben Kapitel von Vers 23 bis 34 das Haus des Kerkermeisters zu Philippi. Beachte die Frage des Kerkermeisters und dann die Antwort: „Was muß ich tun, auf daß ich errettet werde? . . . Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“.

 

 

Leser, das gilt auch für uns. Erfasse es, glaube es, freue dich darüber, und danke Gott für Seine Gnade, daß Er uns eine solche Verheißung für unser Haus gegeben hat. Es sind fast dieselben Worte, die der Engel an Kornelius richtete (Apg 11,14); aber beachte bitte auch, daß es nicht heißt: „Glaube an Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“. Ganz gewiß wird jeder, der wahrhaft an Jesum glaubt, errettet; aber die Verheißung „und dein Haus“ ist für den, der an den Herrn Jesus glaubt. Das bedeutet, daß man sich vor Ihm als dem Herrn beugt, Seine Autorität in allem anerkennt, mit Seiner Gnade Sein Wort zu bewahren sucht und Ihm den ersten Platz gibt in allen Einzelheiten des Lebens.

 

Paulus und Silas redeten dann das Wort des Herrn zu ihm samt allen, die in seinem Hause waren; und es heißt dann weiter: „Und er nahm sie in jener Stunde der Nacht zu sich und wusch ihnen die Striemen ab; und er wurde getauft, er und alle die Seinigen alsbald. Und er führte sie hinauf in sein Haus, setzte ihnen einen Tisch vor und frohlockte, an Gott gläubig geworden, mit seinem ganzen Hause“ (Apg 16, 33. 34)...

Als nächstes finden wir dann das Haus des Krispus erwähnt: ,Krispus aber, der Vorsteher der Synagoge, glaubte an den Herrn mit seinem ganzen Hause“ (Apg 18, 8) . . .

 

 

In 1. Kor 1, 16 lesen wir von dem Haus des Stephanas. „Ich habe aber auch das Haus des Stephanas getauft“. In 1. Kor 16, 15 hören wir noch einmal von ihm: „Ihr kennet das Haus des Stephanas, daß es der Erstling von Achaja ist, und daß sie sich selbst den Heiligen zum Dienst verordnet haben“ . . .

 

 

DAS HAUS DES ONESIPHORUS

 

 

Wie ihr euch erinnern werdet, haben wir von Jonathan gesprochen, der nicht bereit war, Davids Verwerfung zu teilen. Der Name des Onesiphorus wird immer lebendig bleiben als einer, dessen Träger nicht nur bereit war, die Verwerfung und die Schmach Christi zu teilen, sondern der Paulus fleißig aufsuchte und ihn fand, als er der Gefangene Neros war, in Ketten in einem römischen Kerker. Aus diesem Kerker schreibt er: „Du weißt dieses, daß alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben“ (2. Tim 1, 15). Ephesus war die Hauptstadt Kleinasiens, und Paulus hatte dort drei Jahre gearbeitet. Lest den letzten Teil von Apg 20, der uns von dem herzbewegenden Abschied zwischen Paulus und den Ältesten von Ephesus berichtet. Ihr wißt, daß sie alle bitterlich weinten und Paulus um den Hals fielen und ihn küßten. Aber jetzt war Paulus ein Gefangener in einem römischen Kerker, und sie schämten sich seiner. Außerdem war es gefährlich, als einer seiner Freunde bekannt zu sein. So ließen alle in Asien ihn im Stich, und da waren jene Ältesten zu Ephesus mit eingeschlossen. Das heißt nicht, daß sie sich von Christus abwandten; und später schreibt der Apostel Johannes an die Versammlung zu Ephesus einen Brief, in dem viel Gutes über sie gesagt ist. Aber sie waren eine gefallene Versammlung, wenn auch äußerlich alles so schön schien, denn sie hatten ihre erste Liebe verlassen (Offb 2, 4). Ich glaube, dieser Fall nahm seinen Anfang, als sie sich von Paulus abwandten. Und es waren nicht nur die in Asien, die den verachteten und verworfenen Mann zu jener Zeit verließen. „Bei meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, sondern alle verließen mich“, schreibt der Apostel. Von all seinen geliebten Mitarbeitern war nur Lukas bei ihm. Das waren wirklich dunkle Tage. Einige andere Namen sind da von solchen, die sich des verworfenen Dieners nicht schämten: seine geliebten „Priska und Aquila“, die ihm so lange treu gewesen waren, blieben unverändert. Dann war Trophimus da, den Paulus krank in Milet zurückgelassen hatte, und von der Versammlung in Rom Eubulus, Pudens und Linus und Klaudia.

 

In diesen dunklen Tagen war es, daß Onesiphorus von Ephesus nach Rom kam. „Er hat sich meiner Kette nicht geschämt, sondern . . . suchte mich fleißig auf und fand mich. Der Herr gebe ihm, daß er von seiten des Herrn Barmherzigkeit finde an jenem Tage! Und wieviel er in Ephesus diente, weißt du am besten“ (2. Tim 1, 16 18). Wie erfrischend ist es, einen zu finden, dessen Liebe und Treue standhielt, einen, der bereit war, die Verwerfung und die Gefahr des alten Apostels zu teilen! Und indem er die Verwerfung des Paulus teilte, teilte er zugleich die Verwerfung Christi; und er hielt sie   davon bin ich überzeugt   wie einst Mose, für größeren Reichtum als alle Schätze, welche die Welt bieten konnte. Diese kleine Schar, die durch Hingabe an den Herrn Jesus so eng miteinander verbunden war, hat etwas Rührendes. Irgend jemand hat gesagt: „Hingabe an Jesus ist das stärkste Band zwischen menschlichen Herzen“. Wie eng müssen sie miteinander verbunden gewesen sein, als alle anderen sie verlassen hatten: der alte jüdische Gefangene, der griechische Arzt, der Besucher von Ephesus. Wir meinen sie fast zu sehen und können ein wenig in ihre Gedanken und Gefühle eintreten. Möge der Herr uns helfen, treu und zuverlässig zu sein wie sie, auch angesichts drohender Gefahr.

 

 

Aber wir wollten ja das Haus des Onesiphorus betrachten, und ich bin weit abgeschweift. Der Apostel schreibt: „Der Herr gebe dem Hause des Onesiphorus Barmherzigkeit“ (2. Tim 1, 16). Und weiter „Grüße Priska und Aquila und das Haus des Onesiphorus“ (2. Tim 4, 19). Das ganze Haus ist mit der Treue des Hauptes verkettet, das ganze Haus wird besonders der Barmherzigkeit des Herrn empfohlen wegen des treuen und liebenden Herzens des Onesiphorus. Wie einst Ittai, so teilte auch hier das ganze Haus die Verwerfung mit seinem Haupte. So sollte es sein. Möge es in unseren Häusern wirklich so gefunden werden.

 

 

 

Der Herr ist noch verworfen, und die meisten haben sich von Paulus und von seinen Lehren abgewandt. Tausende und Abertausende nehmen freudig das Heil von dem Herrn Jesus an, aber nur wenige finden sich heute, die bereit sind, zu Ihm hinauszugehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend. Das ist die Probe. Herr Jesus, laß uns so die Augen auf dich gerichtet halten und laß unsere Herzen so von Deiner Liebe erfüllt sein, daß wir, wie Onesiphorus und sein Haus, Deine Schmach nach ihrem wahren Wert schätzen!

 

 

DES KAISERS HAUS

 

 

„Es grüßen euch alle Heiligen und besonders die aus des Kaisers Hause“ (Phil 4, 22). Es würde mir schwer fallen, an diesem Hause vorbeizugehen, obwohl ich ja eigentlich nichts Genaueres darüber sagen kann. Für einen Christen war es vielleicht das schwierigste Haus in der ganzen Welt; und doch, auch dort gab es Christen. Einige waren von hoher Abkunft, einige von niedrigerem Rang; aber der Herr, der sie berufen hatte, kannte jeden mit Namen, und bald kommt der Tag, wo wir mit ihnen allen zusammentreffen werden. Einige   das wissen wir haben ihr Leben für ihren Herrn und Meister hingegeben. Sollte uns das Los zugefallen sein, in solch einem schwierigen Hause zu leben,   denken wir an die Heiligen in „des Kaisers Hause“, wenn Mutlosigkeit uns beschleichen will! Denken wir daran, daß der Herr in Seiner Macht Seine Kinder am schwierigsten Platz zu bewahren vermag. ER schickt uns keine Versuchung, die größer ist als Seine Gnade!

 

 

DAS HAUS DES NARCISSUS

Dies ist ein weiteres Haus, von dem wir fast nichts wissen. „Grüßet die von Narcissus' Haus, die im Herrn sind“, heißt es in Römer 16, 11. Und das Wort „Haus“ steht im Griechischen eigentlich gar nicht da, es heißt nur „die von Narcissus“. Aber der Herr hat erlaubt, daß eine sehr interessante alte Inschrift gefunden wurde, die uns etwas mehr sagen kann. Narcissus war ein Freigelassener (wir wissen natürlich nicht ganz sicher, ob es unser Narcissus gewesen ist), der die Gunst des Kaisers Claudius genoß, später aber unter Nero hingerichtet wurde. Die alte Inschrift erwähnt den Namen „Dikaiosyne“ (das bedeutet „Gerechtigkeit“) als den Namen der Frau des Narcissus, und sie wird dort als eine „sehr fromme und schlichte Frau“ beschrieben. Ich könnte mir gut vorstellen, daß das die Witwe war, die nun das Haupt „von Narcissus' Hause“ war, und die aus dem Evangelium gelernt hatte, was wahre Gerechtigkeit ist. Stellt Euch das vor: Diese fromme und schlichte Mutter erzieht ihr Haus in Rom für den Herrn und erfreut sich in Seiner Gerechtigkeit. Wie schön!

 

 

„Die von Aristobulus' Hause“ in Röm 16, 10 und „die Hausgenossen der Chloe“ in 1. Kor 1, 11 sind zwei weitere Zeugnisse für die gesegnete Tatsache, daß in jenen frühen Tagen das Familienhaupt seine Angehörigen und Hausgenossen gleichsam mitnahm auf dem Weg in der Nachfolge des Herrn.

 

 

 

 

DIE AUSERWÄHLTE FRAU UND IHRE KINDER

 

 

 

„Der Älteste der auserwählten Frau und ihren Kindern, die ich liebe in der Wahrheit; und nicht ich allein, sondern auch alle, welche die Wahrheit erkannt haben . . . Es wird mit euch sein Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von dem Herrn Jesus Christus, dem Sohne des Vaters, in Wahrheit und Liebe. Ich freute mich sehr, daß ich einige von deinen Kindern in der Wahrheit wandelnd gefunden habe, wie wir von dem Vater ein Gebot empfangen haben . . . Es grüßen dich die Kinder deiner auserwählten Schwester“ (2. Joh 1. 3. 4. 13).

 

 

 

Hier haben wir zwei weitere Familien mit Kindern, die dem Herrn nachfolgten. Der einen dieser Familien, der Mutter, die mit ihren Kindern in der Wahrheit wandelte, schickte der Geist Gottes durch den Apostel Johannes die ernste Botschaft, daß sie jemand, der die Lehre des Christus nicht bringt, nicht in ihr Haus aufnehmen und ihn nicht einmal grüßen sollten; „denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken“. Das ist „Wahrheit“ auch heute, und wir sollten in dieser Wahrheit so wandeln, wie die Gläubigen in den Tagen des Apostels Johannes, denn heute gibt es noch viel mehr Menschen, die nicht „die Lehre des Christus“ bringen; deshalb müssen wir, sogar die Frauen und Kinder, diese ernste Ermahnung um so mehr beherzigen.

 

 

ARCHIPPUS

 

 

„Paulus, ein Gefangener Christi Jesu, und Timotheus, der Bruder, Philemon, dem Geliebten und unserem Mitarbeiter, und Appia, der Schwester, und Archippus, unserem Mitkämpfer, und der Versammlung, die in deinem Hause ist: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“ (Philemon 1 3) !

 

 

 

Philemon war offenbar ein wohlhabender Mann, der Sklaven unter sich hatte. Einer seiner Sklaven, Onesimus, lief ihm davon und kam nach Rom. Wahrscheinlich hatte er vorher seinen Herrn bestohlen. In Rom traf Onesimus den Apostel Paulus und fand durch ihn den Herrn, ja er wurde jetzt Sein Sklave. Paulus schreibt diesen lieblichen kleinen Brief, worin er Onesimus seinem alten Herrn empfiehlt, zu dem Paulus ihn zurücksendet. Das ist Gottes Ordnung, und wir dürfen überzeugt sein, daß Philemon seinen Onesimus „für immer“ aufnimmt; „nicht länger als einen Sklaven, sondern mehr als einen Sklaven, als einen geliebten Bruder, besonders für mich, wieviel mehr aber für dich, sowohl im Fleische als im Herrn“.

 

 

 

Wir nehmen an, daß Appia Philemons Frau war, die Herrin des Hauses; und Archippus war wohl ihr erwachsener Sohn. Sein Name bedeutet „Pferdelenker“. Vielleicht war er junger Kavallerieoffizier in der römischen Armee. Wahrscheinlich lebten sie in Kolossä (Kol 4, 17), aber ganz sicher wissen wir es nicht. Jedenfalls versammelten sich die Gläubigen in der Stadt, in der sie lebten, bei ihnen im Hause.

 

Archippus, der Sohn, war mit einem besonderen Dienst betraut worden. Welcher Art dieser Dienst war, wird uns nicht mitgeteilt, aber der Apostel schreibt: „Und saget Archippus: Siehe auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, daß du ihn erfüllest“ (Kol 4, 17). In Matthäus 25, 14 30 lesen wir von einem Menschen, der außer Landes reiste und seine Habe seinen Knechten übergab: „Einem gab er fünf Talente, einem anderen zwei, einem anderen eins, einem jeden nach seiner eigenen Fähigkeit“. So denke ich, daß unter meinen Lesern keiner ist, dem der Herr nicht irgendeinen besonderen Dienst anvertraut hat; jedem unter uns gemäß unseren Fähigkeiten. Möchten wir es nicht machen wie der Knecht, der nur das eine Talent empfangen hatte und es in der Erde vergrub! Das Wort des Herrn an Archippus gilt jedem unter uns und unter unseren Kindern, wenn wir Sein Eigentum sind: „Siehe auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, daß du ihn erfüllest“. Wir haben gesehen, daß unsere Kinder uns vom Herrn geliehen sind, damit wir sie für Ihn erziehen. Jedem unserer Kinder hat Er gewisse Fähigkeiten und Talente gegeben, für deren Ausübung sie Ihm verantwortlich sind, und es ist unser Vorrecht, ihnen dabei zu helfen, daß sie diesen Dienst erfüllen, ihn auf sein volles Maß bringen. Gebe Gott uns Treue und Weisheit, die wir so dringend nötig haben, um das in der rechten Weise für Ihn zu tun, Dem unsere Kinder gehören und Dem sie dienen.

 

TIMOTHEUS

 

 

Wir kommen jetzt zu einer der lieblichsten Familien im Neuen Testament. Lois war die Großmutter, Eunike die Mutter des jungen Timotheus. Der Apostel bezeugt den ungeheuchelten Glauben, der sowohl in der Großmutter als auch in der Mutter wohnte (2. Tim 1, 5). In 2. Tim 3, 15 lesen wir: „Du kennst von Kind auf die heiligen Schriften, die vermögend sind, dich weise zu machen zur Seligkeit durch den Glauben, der in Christo Jesu ist“.

 

 

 

Welch ein Erbteil für ein Kind! Die Heiligen Schriften zu kennen! Wir mögen unseren Kindern nur wenig an irdischem Besitz zurücklassen; wenn wir sie aber von Kind auf in der Heiligen Schrift unterwiesen haben, dann haben wir ihnen größeren Reichtum und größere Schätze gegeben als alles, was diese Welt zu vergeben hat. Lois, die Großmutter, und Eunike, die Mutter, hatten beide echten Glauben, und ganz gewiß waren sie es, die den kleinen Timotheus (das ist die Bedeutung des griechischen Ausdrucks) in den Heiligen Schriften belehrten; sein Vater war ja Grieche.

 

 

 

Was war das Resultat? Ihr wißt es. Lest den ersten und den zweiten Timotheusbrief. Ich möchte sagen, daß es in der Literatur der ganzen Welt nichts gibt, was diesen beiden Briefen gleichkommt. Zaghaft von Natur, durch sein Zartgefühl leicht zu Tränen geneigt (2. Tim 1, 4), noch sehr jung: das ist der junge Mann, ja man möchte fast sagen der Junge, auf den der große Apostel sich stützte, mehr als auf irgend jemand sonst. Und weshalb? Timotheus trug die Heiligen Schriften und einen ungeheuchelten (ungefärbten) Glauben als Schatz verborgen in seinem Herzen.

 

 

 

Das ist ein Beispiel, das wir alle beherzigen sollten. Möchten wir, die Großeltern, und ihr, die Eltern, mit all unserer Kraft und mit Weisheit von oben für unsere Lieblinge das tun, was Lois und Eunike für Timotheus taten. Wir dürfen dabei ganz sicher mit dem Einen rechnen, der diese Wandlung des Herzens, welche die Schrift die „Wiedergeburt“ nennt, diesen ungeheuchelten Glauben und die Kenntnis der Heiligen Schriften zu bewirken vermag; sie werden jedes unserer Lieben auf dem Pfad, der vor ihnen liegt, leiten und bewahren.

 

 

 

 

 

NEUTESTAMENTLICHE ERMAHNUNGEN FÜR ELTERN

 

 

 

Unsere Betrachtungen über Kinder und ihre Eltern sind zu Ende. Zwar ist das Schatzhaus nicht erschöpft, denn es gibt noch viele andere Beispiele, aber ich glaube, daß die vorliegenden genügen, und so wende ich mich noch kurz den Ermahnungen zu, die die Schrift den Eltern gibt. Wir haben schon einen kurzen Blick auf die Ermahnungen des Alten Testaments geworfen. Jetzt möchte ich die Ermahnungen des Neuen Testaments betrachten. Eigenartigerweise finden wir keine Ermahnungen für die Mutter. Vielleicht sollte die Mutterliebe ihr genügend Weisheit geben, um auch ohne Belehrungen zu wissen, wie sie sich gegenüber ihren Kindern zu verhalten hat. Trotzdem wird sie gut daran tun, die göttlichen Unterweisungen für die Väter zu Herzen zu nehmen.

 

Für die Väter gibt es nämlich Belehrungen   wenn auch nur vereinzelt und sehr einfacher Art. Die Väter, die sie beherzigen, werden vor viel Herzeleid bewahrt bleiben.

 

 

In Eph 6, 4 heißt es: „Und ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zum Zorn, sondern ziehet sie auf in der Zucht und Ermahnung des Herrn“. Das griechische Wort für „reizet“ wird nur sehr selten verwendet. Wir finden es im Neuen Testament nur noch in Röm 10, 19. Ein davon abgeleitetes Hauptwort steht in Eph 4, 26, aber sonst nirgendwo im Neuen Testament. Dort bedeutet es „Gereiztheit“. Du bist gereizt, und der Herr sagt: „Die Sonne gehe nicht unter über eurer Gereiztheit“! So könnte vielleicht auch die Ermahnung an die Väter folgendermaßen übersetzt werden: „Ihr Väter, reizet eure Kinder nicht“. Wie leicht können sie gereizt werden. Das Wort ist nicht so stark wie das Wort „ärgern“. Es deutet vielleicht auf das Necken hin, zu den wir uns gegenüber unseren Kindern so leicht hinreißen lassen. Womöglich denken wir, daß wir das Recht haben es zu tun, und daß es gut für sie ist. Es ist jedoch direkter Ungehorsam gegenüber dem Worte Gottes und wird sicherlich Kummer zur Folge haben. Wir sollen sie „aufziehen“. Das so übersetzte Wort wird auch in Eph 5, 29 gebraucht, wo wir lesen, daß Christus die Versammlung „nährt“. Wir sollen die Kinder nicht „treiben“, sondern „ziehen“. Welch ein Unterschied! Wir sollen sie „in der Zucht . . . des Herrn“ auferziehen. Das Wort „Zucht“ bedeutet wörtlich „das Aufziehen eines Kindes“. Wir finden es auch in 2. Tim 3, 16, wo es mit „Unterweisung“ wiedergegeben ist. Dort ist es das Wort Gottes, das uns „erzieht“ oder „unterweist“. Auch in Hebr 12, 5. 7. 8. 11 steht es, diesmal übersetzt durch „Züchtigung“. Es beinhaltet auch die Schläge und andere Strafen, die wir unseren Kindern schuldig sind. Die Schrift sagt uns, daß dies für die Gegenwart nicht ein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit zu sein scheint, hernach aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind (Hebr 12, 11). Wir sind dem Herrn ungehorsam, wenn wir unsere Kinder nicht züchtigen. Wir haben dies schon bei der Betrachtung des Priesters Eli und seiner Söhne bemerkt. Laßt uns daran denken, daß Züchtigung erforderlich ist, wenn wir unsere Kinder in der Zucht des Herrn auferziehen wollen. Dies Wort umfaßt auch das Lernen, das Lehren, die Unterweisung und die Disziplin, alles Dinge, die für das Kind sehr wichtig sind. Aber das ist noch nicht alles: wir sollen unsere Kinder in der „Zucht und Ermahnung des Herrn“ auferziehen. Das Wort „Ermahnung“ bedeutet wörtlich: „etwas vor die Seele stellen“. Viele Kinder sind vergeßlich, und ein Teil ihrer Erziehung besteht darin, ihnen etwas vorzustellen. Wieviel Geduld gehört dazu! Vielleicht bedeutet das Wort auch Belehrung, Ermahnung und Warnung aber gewiß nicht Drohung. Dies alles haben wir nötig, aber alles muß „vom Herrn“ sein, und laßt uns daran denken, unsere Kinder nie zu reizen!

 

 

 

Ein weiteres kurzes Wort für Väter finden wir in Kol 3, 21. In meinem griechischen Neuen Testament nimmt es nur eine Zeile ein, aber wie wichtig sind diese Worte! „Ihr Väter, ärgert eure Kinder nicht, auf daß sie nicht mutlos werden“. Das Wort für „ärgern“ (oder „reizen“) findet sich außer in 2. Kor 9, 2 sonst nirgends im Neuen Testament. Gott unser Vater ist der Gott alles Trostes, und wir sollen nichts tun, was unsere Kinder mutlos machen oder entmutigen könnte. Unsere Haltung ihnen rüber soll die gleiche sein wie die unseres Gottes und Vaters uns gegenüber: Trost und Ermutigung. Möge der Herr Selbst uns lehren, wie wir dies nach Seinem Willen tun können: nachzuahmen (Eph 5,1).

 

 

 

Einige von uns, für die keine Gelegenheit mehr besteht, diese Ermahnungen zu beherzigen, werden mit tiefem Bedauern auf die versäumten Gelegenheiten zurückblicken. Möchten die Lieben, für die diese Zeilen geschrieben wurden, ihnen diese Fehler vergeben, und möchte ihnen diese Reue erspart bleiben, wenn sie älter werden.

 

 

 

Obwohl keine besondere Ermahnung an die Mütter gerichtet zu sein scheint, haben wir doch eine sehr wichtige Botschaft für die jungen Frauen, und es ist klar, daß sie auch für die jungen Mütter gemeint ist. Der Apostel belehrt Titus über die Pflichten der älteren Frauen. Ein Teil ihrer Pflicht ist es, die jungen Frauen anzuleiten oder zu ermahnen. Es ist ein bemerkenswertes Wort, das nur an dieser Stelle im Neuen Testament vorkommt. Es bedeutet wörtlich: „zur Besonnenheit bringen“ Sehr ähnliche Worte werden an drei anderen Stellen in diesem Kapitel gebraucht und mit „besonnen“ übersetzt. Nun, die älteren Frauen werden aufgefordert, die jungen Frauen anzuleiten, „ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt (wörtlich: „Arbeiter zu Hause“, etwas, das heute so wichtig ist, wo die Versuchung groß ist, „außer Haus“ zu arbeiten), gütig, den eigenen Männern unterwürfig zu sein, auf daß das Wort Gottes nicht verlästert werde“ (Titus 2, 4. 5).

 

 

 

 

ALTTESTAMENTLICHE ERMAHNUNGEN

 

 

 

Wir wollen zusammen einige der Ermahnungen des Alten Testaments für uns, die wir Eltern oder Großeltern sind, betrachten, denn wir finden, daß beide angesprochen werden. „Nur hüte dich und hüte deine Seele sehr, daß du die Dinge nicht vergessest, die deine Augen gesehen haben, und daß sie nicht aus deinem Herzen weichen alle Tage deines Lebens! und tue sie kund deinen Kindern und deinen Kindeskindern“ (5. Mo 4, 9). Das ist ein Wort für uns alle.

 

 

 

„Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen auf deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzest und wenn du auf dem Wege gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst. Und du sollst sie zum Zeichen auf deine Hand binden, und sie sollen zu Stirnbändern sein zwischen deinen Augen; und du sollst sie auf die Pfosten deines Hauses und. an deine Tore schreiben“ (5. Mo 6, 6 9).

 

 

 

„Und lehret sie eure Kinder, indem ihr davon redet, wenn du in deinem Hause sitzest und wenn du auf dem Wege gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst; und schreibe sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore, auf daß eure Tage und die Tage eurer Kinder sich mehren in dem Lande, welches Jehova euren Vätern geschworen hat, ihnen zu geben, wie die Tage des Himmels über der Erde“ (5. Mo 11, 19 21).

 

 

 

Diese Stellen zeigen uns deutlich, wie wichtig es ist, daß wir unsere Kinder in der Schrift unterweisen. Wenn sie älter werden, wird ihre Zeit durch Schule und Hausarbeit beansprucht, und ihr werdet merken, daß die Gelegenheiten von Jahr zu Jahr geringer werden. Die beste Zeit, ihnen dies gesegnete Buch nahezubringen, ist also, wenn sie noch klein sind. Als wir noch Kinder waren, pflegte meine Mutter uns jeden Tag, besonders in den Ferien, zusammenzurufen und uns laut vorzulesen. So wurde dieses geliebte alte Buch für jeden von uns lebendig. Ich bin sicher, daß jedes Kind in unserer Familie mit ungetrübter Freude auf diese nachmittäglichen Lesestunden mit unserer Mutter zurückblickt. Wie immer sie sich auch gefühlt haben mag, für uns war es jedenfalls nicht ermüdend, die Geschichten aus der Bibel zu hören. Ich bin sicher, daß wir den größten Teil unserer geringen Bibelkenntnis ihr verdanken. Auch unser Vater belehrte uns beim täglichen Bibellesen morgens und abends, und wir hatten eine Tante und eine Großmutter, die uns in diesen Heiligen Schriften unterwiesen. Sie alle liebten sie, und das wußten wir; vielleicht war das der geheime Grund, daß sie uns unbewußt dazu brachten, die Bibel auch zu lieben.

 

Wenn wir uns nun vom 5. Buch Mose zum Buch der Sprüche wenden, finden wir eine gänzlich andere Art von Ermahnungen für Eltern.

„Ein weiser Sohn erfreut den Vater, aber ein törichter Sohn ist seiner Mutter Kummer“ (Spr. 10, 1; siehe auch 15, 20; 19, 13; 29, 3).

Man könnte sagen, daß dieser Vers in gewisser Hinsicht eine Zusammenfassung vieler Belehrungen des Buches der Sprüche ist, das man „das Buch des jungen Mannes“ genannt hat, und daran ist viel Wahres, obwohl die jungen Frauen natürlich ebenso darauf achten sollten. Ihr werdet bemerken, daß in den angeführten und auch in den weiter unten zitierten Versen das Wort an den Sohn und nicht an den Vater gerichtet ist. Der Vater spricht, und dieser Vater war Salomo. Wenn wir diese ernsten, warmen Worte lesen und dann an Salomos Sohn Rehabeam und all das Böse, das er getan hat, denken, dann sehen wir doppelt deutlich, wie traurig alles war. Wie wir gesehen haben, lag der Fehler bei Salomo selbst, und die Wurzeln dieses Übels gingen sogar bis auf David zurück. Aber das verringert nicht den Schmerz, den man fühlt, wenn man das Buch der Sprüche liest und dabei an Rehabeam denkt. Jedes seiner Worte ist wahr, und wenn unsere Kinder nur darauf achten würden, wieviel Kummer und Elend würde ihnen erspart bleiben. Wir wollen nun einige der Ermahnungen für den „Sohn“ anführen, die, wie man bemerken wird, die gleichen Belehrungen beinhalten wie die aus dem 5. Buch Mose, nur von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachtet.

„Höre, mein Sohn, die Unterweisung deines Vaters, und verlaß nicht die Belehrung deiner Mutter“ (Kap. 1, 8).

„Mein Sohn, vergiß nicht meine Belehrung, und dein Herz bewahre meine Gebote. Denn Länge der Tage und Jahre des Lebens und Frieden werden sie dir mehren“ (Kap. 3,1 2).

 

 

„Höret, Söhne, die Unterweisung des Vaters, und merket auf, um Verstand zu kennen! Denn gute Lehre gebe ich euch; verlasset meine Belehrung nicht. Denn ein Sohn bin ich meinem Vater gewesen, ein zarter und einziger vor meiner Mutter. Und er lehrte mich und sprach zu mir: Dein Herz halte meine Worte fest; beobachte meine Gebote und lebe. Erwirb Weisheit, erwirb Verstand; vergiß nicht und weiche nicht ab von den Reden meines Mundes“ (Kap. 4, 1 5).

 

 

 

„Mein Sohn, merke auf meine Worte, neige dein Ohr zu meinen Reden. Laß sie nicht von deinen Augen weichen, bewahre sie im Innern deines Herzens. Denn Leben sind sie denen, die sie finden, und Gesundheit ihrem ganzen Fleische“ (Kap. 4, 20  22).

 

„Mein Sohn, merke auf meine Weisheit, neige dein Ohr zu meiner Einsicht, um Besonnenheit zu beobachten, und damit deine Lippen Erkenntnis bewahren“ (Kap. 5, 1 2).

„Nun denn, ihr Söhne, höret auf mich, und weichet nicht ab von den Worten meines Mundes“ (Kap. 5, 7)1

„Mein Sohn, bewahre meine Gebote, und lebe, und meine Belehrung wie deinen Augapfel. Binde sie um deine Finger, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens“ (Kap. 7, 1 3).

„Ruft nicht die Weisheit . . .? Nun denn, ihr Söhne, höret auf mich: Glückselig sind, die meine Wege bewahren“ (Kap. 8,1.32).

„Ein weiser Sohn hört auf die Unterweisung des Vaters“ Spr 13,1.

 

 

Ihr werdet bemerken, daß die Schriftstellen, die wir bis jetzt angeführt haben, aus der ersten Hälfte des Buches der Sprüche stammen. In der zweiten Hälfte finden wir mehr Ermahnungen für die Eltern. Vielleicht lernte Salomo diese Lektion, die er in so ernster Weise den Eltern heute vorstellt, erst in seinem späteren Leben, als er sah, daß es zu spät war und keine Hoffnung mehr bestand.

 

 

 

Als wir Eli und seine Söhne betrachtet haben, haben wir auch einige der Stellen angeführt, die die Eltern ermahnen, die Rute zu benutzen. Wir wollen sie deshalb nicht wiederholen, mit Ausnahme von Spr 23,13.14: „Entziehe dem Knaben nicht die Züchtigung; wenn du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht sterben. Du schlägst ihn mit der Rute, und du errettest seine Seele von dem Scheol“. Dies ist eine Schriftstelle, die sich unauslöschlich in das Herz aller Eltern einprägen sollte. Wir vergessen oft, daß Gott sagt, daß die Benutzung der Rute uns hilft, unsere Kinder vor der Hölle zu bewahren. Die Rute benutzen ist für sie und für die Eltern schmerzlich, aber wieviel schmerzlicher ist es für beide, wenn das Kind die ewigen Qualen der Hölle erdulden muß, weil es vielleicht in jungen Jahren an der Züchtigung mit der Rute gefehlt hat!

 

 

 

Auch Spr 19, 18 sollten wir ernstlich erwägen: „Züchtige deinen Sohn, weil noch Hoffnung da ist; aber trachte nicht danach, ihn zu töten“. Solange der Zweig noch jung und grün ist, können wir ihn noch biegen, aber bald wird er hart, und dann ist es zu spät. Solange die Kinder noch jung sind, besteht noch Hoffnung, und in dieser Zeit können wir sie züchtigen. Auch wenn sie älter werden, mag es vorkommen, daß sie gezüchtigt werden müssen, aber das ist für Eltern und Kinder ein schwererer Weg als da sie klein waren. Laßt uns daran denken, wie schnell die Zeit, wo „noch Hoffnung da ist“, vorübergeht, und laßt uns sie für die schmerzhaftere Seite der Erziehung ausnutzen, damit es später nicht mehr nötig ist.

 

 

 

Es gibt noch eine Stelle, die wir schon betrachtet haben, die ich aber noch einmal erwähnen möchte, bevor wir dieses so praktische Buch verlassen. Es ist Kap. 22, 6: „Erziehe den Knaben seinem Wege gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird“. Dies scheint mir eine sehr ermutigende Verheißung für die Eltern zu sein, die, wenn wir sie beachten, unser Herz auf dem Wege erfreuen kann, wenn wir versuchen, unsere Kinder ihrem Wege gemäß zu erziehen.

 

 

 

Die Worte des Großvaters sind zu Ende. Sie haben ihn sehr verurteilt. Sie haben ihm gezeigt, wie sehr er versagt hat, und wie wenig er zu einer solchen Arbeit fähig war. Aber auf die­sen Seiten stehen Verheißungen und Warnungen, Rat und Er­munterung von Dem, Der nicht versagt. Darauf können wir uns mit vollem Vertrauen stützen. Sie können uns auch in diesen letzten Tagen, von denen wir wissen, daß schwere Zei­ten kommen werden (2. Tim 3, 1), richtig leiten. Unser Ver­sagen und unsere Schwachheit mögen uns oft niederdrücken, aber laßt uns immer „hinschauen auf Jesum“. Dort allein wer­den wir Kraft für den Tag finden. Und laßt uns immer daran denken: „GOTT IST TREU“.

 

„SEINE GÜTE WÄHRT EWIGLICH“
(Psalm 136).

 

 

Wer ist dazu tüchtig“?
(2. Kor 2, 16)

 

„Unsere Tüchtigkeit ist von Gott“
(2. Kor 3, 5).