Charismatiker

Nach diesen niederschmetternden Erfahrungen mit der Sekte, brauchten wir von Weihnachten 2008 an in unserem Mietshaus eine lange Zeit uns zu erholen. Übrigens waren die Mitglieder dieser Sekte alle Charismatiker und ihr Prophet predigte öffentlich, dass diese Bewegung von der Katholischen Kirche ausgegangen sei. In Europa hatten wir das immer nur geahnt, hier in Neuseeland wurde das unumwunden zugegeben.

In dieser Zeit ging ich immer öfter zu dem Missions- und Hilfswerk, das abgelaufene Lebensmittel einsammelt und an bedürftige Familien verteilt. Ihr Gärtner und seine Frau waren unsere Freunde und so half ich ihm bei seiner Arbeit. Geplant war, auf dem eigenen, großen Grundstück Gemüse anzubauen und Früchte zu ernten, die dann ebenfalls im Shop verteilt wurden. Natürlich war es für die Mitarbeiter dieses Werkes auch gut, weil sie ebenfalls etwas von diesen Lebensmitteln abbekamen. Dennoch erhielten die Mitarbeiter nicht mehr, als alle anderen Familien, die sich Care-Pakete abholten. Das fand ich ungerecht, weil sie ihre Arbeit und Zeit investierten und doch nichts dafür bekamen.

Die Frau dieses Gärtners war eine Beterin. Sie hat auch die Begabung zu erspüren, wie es jemandem emotionell geht und das sogar auf weite Entfernungen. Immer wieder besuchte ich die Familie und hatte gute Gespräche besonders mit ihr; denn sie ist eine echte Christin. Der Gärtner war oft auch dabei, aber er war mehr ein Praktiker und wir verstanden uns gut, wenn wir zusammen im Garten arbeiteten. Mit seiner Frau konnte ich gut beten und sie hat mich sehr oft geistlich aufgebaut und getröstet. Manchmal kamen meine Frau und meine Kinder auch mit und wir hatten eine gute Zeit mit unseren gemeinsamen Freunden.

Da die Frau des Gärtners auch Visionen und Weissagungen hatte, war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie aneckte und es Verstimmungen zwischen der Leitung des Missionswerks und ihr gab. Das alarmierte uns, denn es zeigte, dass es auch in diesem Hilfswerk lediglich um Macht ging und nicht darum Jesus zu dienen. Es wurden zwar immer viele Worte gemacht, dass man Jesus und nur Jesus allein folgen wolle usw., aber in der Praxis wurde nur das umgesetzt, was die Leiterin des Hauses bestimmte. Sie hatte zwar ihren eigenen Stil und tat nicht übermäßig weise und demütig, aber sie ließ sich von niemandem etwas sagen und musste immer das letzte Wort haben. Wer nicht genau das tat, was sie wollte, musste gehen.

Unsere Freunde mussten schließlich ihre Verbesserungsvorschläge, Weissagungen und Visionen damit bezahlen, dass sie das Werk verließen. Und da waren sie keineswegs die ersten und einzigen, wie wir später erfuhren. Aber Gott half ihnen, eine neue Arbeit als Gärtner bei einem Christlichen Jugendcamp zu finden. Dort wohnen sie noch immer. Da sie mit ihren zwei (inzwischen drei) Kindern in ihrem eigenen Wohnmobil wohnen, sind sie fast vollkommen unabhängig und bereits nach einer dreiviertel Stunde abfahrbereit. Irgendwie beneide ich sie darum, auch wenn wir uns als Familie nicht recht vorstellen können, auf solch engem Raum zusammenzuleben.

Erst im Februar 2009 konnte ich als Vertretungslehrer anfangen, weil ich erst dann als Lehrer registriert war. Ich fuhr bei den Grundschulen herum (die in Neuseeland bis zum 6.Schuljahr gehen und manchmal sogar bis zum 8.) und fand eine in der Nähe, deren stellvertretender Schulleiter mich irgendwie mochte. Das konnte nur von Gott kommen, weil ich als Ausländer – und sogar noch verhasster Deutscher – in Neuseeland nicht sehr angesehen bin. Außerdem haben die hiesigen Schulen keineswegs Mangel an Lehrern. Aber Gott gab mir Gunst bei diesem Mann, so dass er mich immer wieder kontaktierte und zu Vertretungstagen einlud. Dadurch konnten wir uns über Wasser halten.

Erst als ich immer und immer wieder biblische Geschichten (von Noah, Jona usw.) in meinen Unterricht einbrachte, wurden diese Einladungen weniger, bis schließlich gar nichts mehr kam. Das ist die neuseeländische Art und Weise jemanden loszuwerden. Es wird niemals genau erzählt, warum man jemanden nicht mehr haben will, sondern man lässt einfach den Kontakt einschlafen. Wenn ich mich selbst meldete, sagte er nur, dass auch noch andere sich als Vertretungslehrer beworben hätten und ich nicht der einzige wäre.

Ein Neuseeländer darf ein Problem niemals direkt nennen, das wird als grob unhöflich (“rude”, mit unserem Wort “rüde” verwandt) empfunden. Man darf etwas zwischen den Zeilen andeuten, aber wer solche Botschaften nicht so gut entschlüsseln kann, der hat Pech gehabt. Ein Neuseeländer hat keine Probleme damit, zu lügen, wenn es darum geht, Konfrontationen zu vermeiden. So ist ihre sehr britische Kultur. Ich denke, dass es sich auch deshalb in solch einem Ausmaß entwickelt hat, weil sie ein Einwanderungsland sind und sehr viele verschiedene Kulturen und Menschen lernen müssen miteinander auszukommen. Dennoch ist es unchristlich und heuchlerisch. Probleme können nicht gelöst werden, wenn sie weder genannt, noch angegangen werden dürfen. Dementsprechend häufen sich Probleme zu riesigen „Bergen“ auf und viele neuseeländische Familien sind kaputt und zerstritten. Die Arbeitsverhältnisse sind dementsprechend problematisch und kompliziert. Vieles liegt im Argen und kann nicht behoben werden.

Ich brauchte einige Zeit, bis ich herausfand, dass sich etwa die Hälfte der Klassenelternschaft über mich beschwert hatte, weil ich ihren Kindern biblische Geschichten erzählte, während die andere Hälfte mit mir gerade deshalb sehr zufrieden war. Genau das hatte mir eine der Mütter so gesagt. Über die unzufriedenen Eltern erfuhr ich in meinem letzten Gespräch mit dem Stellvertreter indirekt und ich schlussfolgere, dass er das auf meine Situation bezogen sagte, auch wenn er es eher als eine allgemeine Tatsache formulierte.

Darüber hinaus musste die Schulleitung sehr aufpassen, dass sie keinen Ärger bekam bzw. ihre Schule geschlossen wurde, wenn sie Lehrern erlauben sollten christliche Inhalte zu lehren. Obwohl auch Neuseeland große Erweckungen erlebt hat, bei denen viele Einwohner Christen wurden (insbesondere unter den Maoris!) ist es inzwischen von Gott abgefallen und das Bildungsministerium unterdrückt alles, was überhaupt nur ans Christentum erinnern könnte. Halloween und Maori Dämonentänze (wie z.B. den sehr aggressiven Kriegstanz Haka) werden sehr gefördert, so dass fast jede Schule das organisiert. Einmal habe ich solch einen Tag mitbekommen. Während ihres Kriegstanzes kippte die ganze Schulatmosphäre und alle wurden sehr aggressiv oder waren auf einmal sehr erschöpft. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, welche Auswirkungen solche dämonischen Praktiken haben – auch wenn sie als “Kultur” verkauft werden.

Wenn Gott sich zurückziehen muss, weil Er nicht mehr erwünscht ist, füllen eben okkulte Techniken das entstehende geistliche Vakuum. Viele Lehrer sind eigentlich gegen solche Praktiken und Rituale, können aber nichts bewirken, weil sie sonst ihren Job verlieren würden. Hier haben wir es wieder: Folgt man dem Geld oder Jesus? Eine sehr schwere Entscheidung mit langfristigen Auswirkungen, die wohl überlegt sein will. Daher sagt Jesus ja auch, dass man die Kosten überschlagen soll, bevor man Ihm folgen möchte. Wer nicht bereit ist, den vollen Preis dafür zu bezahlen, der sollte lieber die Finger davon lassen. Jesus hat es einmal so veranschaulicht:
Denn wer von euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuvor hin und berechnet die Kosten, ob er die Mittel hat zur gänzlichen Ausführung, damit nicht etwa, wenn er den Grund gelegt hat und es nicht vollenden kann, alle, die es sehen, über ihn zu spotten beginnen und sagen: Dieser Mensch fing an zu bauen und konnte es nicht vollenden!
Oder welcher König, der ausziehen will, um mit einem anderen König Krieg zu führen, setzt sich nicht zuvor hin und berät, ob er imstande ist, mit zehntausend dem zu begegnen, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? Wenn aber nicht, so sendet er, solange jener noch fern ist, eine Gesandtschaft und bittet um die Friedensbedingungen. So kann auch keiner von euch mein Jünger sein, der nicht allem entsagt, was er hat." (Lk. 14,28-33).

Erst am Ende zahlt es sich aus, Jesus gefolgt zu sein. Bis dahin muss ein echter Christ die Schmach und Demütigungen ertragen, die es nun einmal mit sich bringt, wenn man Gott von ganzem Herzen folgen will. Es ist sehr schmerzhaft, wenn man überall regelrecht “weggebissen” wird, weil man Jesus in allem den Vorrang gibt und Er einem aus jedem Knopfloch hervorkuckt. Für solche Menschen – und nur für solche – gilt aber folgender Trost: “Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und lügnerisch jegliches böse Wort gegen euch reden um meinetwillen! Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß im Himmel; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch gewesen sind.” (Mt. 5,11-12).
Als ich in einer anderen neuseeländischen Schule mal Lehrer darauf ansprach, warum sie nichts Christliches unterrichten würden, meinte eine Lehrerin nur, dass viele der Lehrer Christen wären und dass sie doch christliche Tugenden wir z.B. Respekt, Ehrlichkeit usw. fördern würden. Das wäre dann schon genug des Guten. So kann man sich auch herausreden, wenn es darum geht, nicht zu Jesus zu stehen, sondern lediglich ein heimlicher Jünger zu sein, der sich davor fürchtet von anderen wegen seines Zeugnisses für Jesus abgelehnt zu werden. Es gibt eben nichts Neues unter der Sonne – genauso war es schon zur Zeit Jesu und Gottes Urteil über solches Verhalten ist vernichtend: “Doch glaubten sogar von den Obersten viele an ihn, aber wegen der Pharisäer bekannten sie es nicht, damit sie nicht aus der Synagoge ausgeschlossen würden.
Denn die Ehre der Menschen war ihnen lieber als die Ehre Gottes.” (Joh. 12,42-43, Hervorhebung von mir).

Wer sich dagegen auf die Seite Jesu schlägt und bereit ist, alles andere zu ertragen, wenn er nur Gott mit seinem Verhalten und seinen Worten gefällt, dem passiert das, was dem geheilten Blinden in Johannes 9 passierte; denn erst nachdem dieser Mann Jesus als Messias bzw. Christus bekannt und sich damit ganz auf Gottes Seite gestellt hatte, suchte Jesus ihn und offenbarte sich ihm: “Jesus hörte, dass sie ihn ausgestoßen hatten, und als er ihn fand, … .” (Joh. 9,35). Wer sich zu Jesus stellt, den wird Jesus aufsuchen und sich ihm offenbaren als der, der Er ist. Und nur solche Menschen werden Gott wirklich jemals verstehen können. Und Jesus hatte nie Probleme damit, jemanden gehen zu lassen, selbst wenn es sich um einen sehr religiösen und von Gott gesegneten Menschen wie den reichen Jüngling handelte (Mt. 10,17-25). Die Jünger Jesu waren entsetzt, als Jesus ihnen an diesem Beispiel verriet, dass Reichtum einen sogar daran hindert, ins Reich Gottes eingehen zu können und fragten: “Wer kann dann überhaupt errettet werden?” (V. 26). Petrus formuliert es auch sehr deutlich: “Und wenn der Gerechte [nur] mit Not gerettet wird, wo wird sich der Gottlose und Sünder wieder finden?” (1. Petr. 4,18).

Das liegt aber nur daran, dass wir einfach nicht bereit sind den Preis zu zahlen. Wir sprechen dann von “fundamentalistisch” oder “fanatisch” und dem unerträglichen “Absolutsheitsanspruch” Gottes. Dabei meinen wir aber einfach nur, dass wir nicht alles innerlich aufgeben und verlassen wollen, um Jesus zu folgen. Ein Teil unseres Herzens soll weiterhin uns gehören und wir wollen die Herrschaft nicht ganz aus unseren Händen geben. Besonders schlimm zeigt sich das bei religiösen Menschen, die alles Göttliche dazu missbrauchen, ihr eigenes Reich aufzubauen, in dem sie Gott sind oder sich zum Mittler zwischen Gott und den Menschen aufspielen und damit Jesus ersetzen wollen, “Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus, … .” (1. Tim. 2,5). Diese Menschen aber verlangen, dass alle ihnen folgen müssen. Sie behaupten, dass Gott lediglich zu ihnen sprechen würde und sie damit eine Art moderner Mose sind. Genau das hatte die Leiterin des zweiten Missionswerkes, in dem ich als Gärtner mithalf, auch immer behauptet.

Die Bibel spricht dann immer von den “vielen”, die sich z.B. mit ihren Erfolgen rühmen (2. Kor. 11,18) und die Verführer und Antichristen sind (1. Joh. 2,18; 2. Joh. 7). “Denn viele wandeln, wie ich euch oft gesagt habe und jetzt auch weinend sage, als Feinde des Kreuzes des Christus; ihr Ende ist das Verderben, ihr Gott ist der Bauch, sie rühmen sich ihrer Schande, sie sind irdisch gesinnt.” (Phil. 3,18) – Paulus spricht hier von Christen! “Und viele werden ihren verderblichen Wegen nachfolgen, und um ihretwillen wird der Weg der Wahrheit verlästert werden.” (2. Petr. 2,2) – auch Petrus beschreibt hier diejenigen, die sich Christen nennen. Nur wenige folgen Jesus aufrichtig nach, weshalb Jesus von der “kleinen Herde” sprach (Lk. 12,32). Und diese Wenigen folgen der Stimme Jesu als ihres guten Hirten (Joh. 10) und wissen, “ihr habt es nicht nötig, dass euch jemand lehrt; sondern so, wie euch die Salbung selbst über alles belehrt, ist es wahr und keine Lüge; und so wie sie euch belehrt hat, werdet ihr in ihm bleiben.” (1. Joh. 2,27). Die "Salbung" ist der Heilige Geist Gottes, dem jeder folgt, der ein echter Christ ist.

Echte Christen folgen keinem Menschen nach. Das heißt nicht, dass sie nicht gehorsam sein können oder keinen Anordnungen folgen. Besonders als Arbeitnehmer in einem Beruf gebietet uns die Bibel das sogar – z.B. Kol. 3,22-25: “Ihr Knechte, gehorcht euren leiblichen Herren in allen Dingen; nicht mit Augendienerei, um den Menschen zu gefallen, sondern in Einfalt des Herzens, als solche, die Gott fürchten. Und alles, was ihr tut, das tut von Herzen, als für den Herrn und nicht für Menschen, da ihr wisst, dass ihr von dem Herrn zum Lohn das Erbe empfangen werdet; denn ihr dient Christus, dem Herrn! Wer aber Unrecht tut, der wird empfangen, was er Unrechtes getan hat; und es gilt kein Ansehen der Person.” Es bedeutet nur, dass sie keinem Menschen erlauben sich zwischen sich und Gott zu drängeln. Und genau das versuchen heute viele Pastoren, Priester und anderen “Mitarbeiter des Reiches Gottes”.

Als unser Freund, der Gärtner, also mit seiner Familie dieses “Missionswerk” verlassen hatte, tat sich für mich keine andere Gelegenheit auf, so dass ich davon ausgehen musste, dass Gott mich weiterhin dort haben wollte. Ich hatte auch innerlich Freude dort mitzuarbeiten, obwohl ich wusste, wie sie unseren Freunden zugesetzt hatten. Gott ist eben sehr geduldig und barmherzig. “Der Herr zögert nicht die Verheißung hinaus, wie etliche es für ein Hinauszögern halten, sondern er ist langmütig gegen uns, weil er nicht will, dass jemand verloren gehe, sondern dass jedermann Raum zur Buße habe.” (2. Petr. 3,9). “Er [der Vater im Himmel] lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte.” (Mt. 5,45). Er benutzt Seine echten Kinder dazu, um den Scheinchristen, die nur ihr eigenes Reich bauen und nie eine geistliche Geburt “von oben” (“Wiedergeburt”) erlebt haben oder von Ihm abgefallen sind, noch Chancen zu geben zu Ihm umzukehren (“Buße” zu tun).

Ich ging also jeden Tag in ihren Garten und arbeitete dort 6 Stunden lang hart. Insbesondere in ihren zwei großen Gewächshäusern gestaltete ich mit Gottes Hilfe alles um. Im Garten hinter den Gewächshäusern pflügte ich mit ihrem uralten Traktor und säte Gründüngerpflanzen. Davon kam allerdings nur der Senf, weil der Boden durch den jahrelangen Missbrauch sehr arm und unglaublich hart geworden war. Mein Vater in Deutschland half mir sehr viel mit seinen guten Ratschlägen.

Auch die “Christen” in unserem zweiten Missionswerk auf neuseeländischem Boden trafen sich jeden Morgen vor Arbeitsbeginn zu einer gemeinsamen Besprechung und zum Gebet. Hier möchte ich nicht von den vielen Enttäuschungen und bitteren Dingen berichten, die ich dort erfahren musste. Es ist nur immer wieder erstaunlich, wie blind solche Menschen sein können. Sie haben jegliches Gefühl dafür verloren, was sie anderen Menschen mit ihrer Herrschsucht antun. Ihr dicker Panzer aus Selbstgerechtigkeit verhindert dabei jede Einsicht, so dass ihr Herz vollkommen versteinert ist. Ich hielt weitgehend den Mund und leuchtete hauptsächlich mit meinem Vorbild. Viele echte Christen hatten diesen Scheinheiligen schon gesagt, was der richtige Weg ist, doch jene hatten alles abgelehnt. Ich musste da nicht auch noch etwas hinzufügen, aber ich denke, dass sie meinen Lebenswandel genau beobachtet und Unterschiede zu ihrem Vorgehen sehen konnten. Das allein schon zeugt am Ende gegen sie. Sie sind ohne jegliche Entschuldigung.

Auf der anderen Seite halfen sie mir und meiner Familie weiterhin mit etwas Lebensmitteln einmal die Woche. Als der Nachschub aus den Supermärkten wegen der weltweiten Wirtschaftskrise abzuebben begann, war ich am Ende der einzige, der ein wenig mehr Esswaren bekam; denn ich bekam als einziger keinerlei Unterstützung vom neuseeländischen Staat – im Gegenteil; denn Visa und sonstige Behördenschikane kosteten mich Geld.

Dennoch hätte die Leiterin dieses “Missionswerk” mir wirklich durchgreifend helfen können. Und ich bin mir sicher, dass sie eine Menge ihrer Ressourcen zu diesem Zweck von Gott bekommen hatte. So wohnte die Leiterin z.B. ganz allein in einem recht großen Haus. Auf der anderen Seite des Zugangsweges zu ihrem ”shop” (Laden, in dem sie die Lebensmittel austeilen) stand noch ein etwas kleineres Haus, in dem nur die Sekretärin allein wohnte. Warum bezog die Leiterin nicht einen oder zwei der Räume in dem kleineren Haus und ließ uns als Familie in dem großen Haus unentgeltlich wohnen? Weil wir nicht vollständig zu ihr und in ihr Reich passten. Wenn sie eine echte Christin gewesen wäre, dann hätte sie dies Opfer für uns gebracht, ohne darüber nachzudenken, dass sie ja dann kein großes Haus für sich allein mehr zur Verfügung gehabt hätte. Aber Scheinchristen kommen nicht einmal auf diesen Gedanken. Sie denken immer zuerst an sich und ihren Vorteil.

Eine andere Sache war der Umgang mit Geld in diesem “Missionswerk”. Sie sahen nicht die Menschen, die Gott dort hingeschickt hatte, als ihr wichtigstes “Kapital” an, sondern rafften alles Geld zusammen, um noch mehr Gebäude dort hinzustellen oder Verbesserungen an ihren bestehenden zu machen. Einmal gaben sie 20.000,- Dollar für einen neuen Flur ihres Hauptverkaufsraums aus. Von diesem Geld hätte eine der Familien auf dem Gelände ein ganzes Jahr lang leben können!

Ich hatte der Leiterin schon mehrfach gesagt, wie unsere finanzielle Situation aussieht und dass unser Geld auf unserem Bankkonto immer weniger wurde. Außerdem hatte ich schon einige Male in unseren morgendlichen Treffen von der Bibel her dargestellt, dass Gott sich immer zunächst um Menschen und ihre Familien kümmert, bevor irgendetwas in Gebäude oder anderes investiert wird. Aber das beeindruckte die Leiterin nicht. Der Verdacht liegt hier nahe, dass sie sich mit diesen Gebäuden ein Denkmal setzen wollte.

Einige Zeit später erfuhr ich, dass der gesamte Vorstand dieses Werkes aus Protest gegen das diktatorische Verhalten der Leiterin zurückgetreten war. Offenbar waren sie besser, als diejenige, die alles zu sagen hatte. Sie wollten ein Zeichen setzen. Aber danach fand die Leiterin andere, die willig waren, ihr in allem zu folgen, und setzte sie ein. Der Vorstand hätte lieber gemeinsam diese Leiterin absetzen sollen. Aber dazu waren sie als Neuseeländer zu “nett”. Andere Länder - andere Sitten.

Viele Jahre später zeigte Gott mir jedoch, dass ich hier eine Prüfung von Ihm nicht bestanden hatte. Ich züchtete nämlich viele Tomaten in den zwei großen Gewächshäusern, die auch prächtig gediehen. Gemäß der stillschweigenden Vereinbarung mit dem Hilfswerk hätte ich jedoch alle reifen Tomaten in ihren Laden bringen müssen. Nur einmal pro Woche hätte ich davon selbst etwas abbekommen - und zwar von ihnen zugeteilt. Das fand ich jedoch ungerecht, weil ich so viel für sie arbeitete und dafür nur einmal pro Woche etwas bekam. Gott sah das aber anders. Ich hätte diesen Schritt auch noch wagen sollen, um den Mitgliedern des Hilfswerks ein vollendetes Zeugnis sein zu können. Nur dann hätten sie wohl auch überlegt, ob ich nicht doch besser als sie wäre, und ob sie nicht mal über das nachdenken sollten, was ich ihnen so erzählte. Stattdessen hatten sie durch meine Vorteilsnahme die Ausrede, dass ich auch nicht besser war als sie und zuerst an mich und meine Familie denken würde. Und damit hatten sie ja auch Recht. Schade, dass ich diese Prüfung Gottes nicht bestanden habe. Irgendwann in meinem Leben wird sie auf andere Art und Weise wiederkommen und ich hoffe, dass ich dann das Richtige tue, auch wenn es wie Unrecht mir und meiner Familie gegenüber aussieht. Gott ist ja unser Versorger. Ich brauche mir keine Sorgen darüber machen, dass ich schon genügend für mich und meine Familie "heraus bekomme". Aber genau diese Sorgen machte ich mir und habe nachgegeben.

Nach etwa einem Jahr Vollzeitarbeit hatte ich einen Unfall mit meinem Fahrrad. Ein Auto fuhr mich in einem Kreisverkehr buchstäblich über den Haufen. Der Fahrer des Wagens achtete nicht auf mich, fuhr einfach weiter und behauptete später, dass er mich nicht gesehen hätte. Dabei erwischte er mich von der Seite und nahm mich auf seine Kühlerhaube, wobei er dann endlich anhielt und ich herunterrutschte. Mein Fahrrad wurde überhaupt nicht in Mitleidenschaft gezogen, aber ich hatte üble Prellungen an den Rippen und der Hüfte. Ein Zeuge hatte alles beobachtet und eine Frau kam aus einem Laden heraus und rief sogleich den Krankenwagen herbei. Die Polizei war aber schon vorher zur Stelle und nahm den Tathergang auf. Zum Glück kam sofort heraus, dass ich nicht Schuld hatte, so dass ich nichts bezahlen musste. Der Fahrer des Wagens hatte auch noch eine Taxi-Lizenz, die er danach sicherlich verloren hat. Ich selbst stand natürlich unter Schock und versuchte mich zu beruhigen. Als der Krankenwagen kam, sah sich die Sanitäterin kurz meine Seite und Hüfte an und meinte dann, dass ich nicht mitfahren müsste, wenn ich nicht wollte. Und natürlich wollte ich nicht.

Ich bat den Fahrer des Wagens noch, mir meinen angeknacksten Helm zu ersetzen, aber daraus wurde nichts. Auf neuseeländische Art notierte er sich meine Adresse und meinte, er wolle sehen, was er tun könne. Natürlich habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Der Polizist erklärte mir, dass ich ein Gerichtsprozess anstrengen könne, wenn ich wollte. Dabei würde seiner Meinung nach aber nichts herauskommen. Mir zeigte der ganze Vorfall drei Dinge: 1. in Neuseeland verdient die Polizei an Unfällen der Einwohner. Als ich später einen Unfallbericht von ihnen haben wollte, hätte ich dafür 50 Dollar bezahlen müssen. 2. Die neuseeländischen Autofahrer sind rücksichtslos und haben keinerlei Gespür für Radfahrer. Der Polizist sagte mir noch, dass ich doch lieber Signalkleidung tragen solle, weil viele Menschen auf Fahrrädern und Motorrädern Unfälle mit Fahrern von Autos hätten; denn die Fahrer würden sich rücksichtslos gegen Zweiradfahrer benehmen. 3. Gott hatte Seine Hand zwar über mich gehalten, so dass ich nur einige Wochen Schmerzen in der Seite hatte. Gebrochen war nichts und die Prellungen verschwanden langsam. Aber der Vorfall zeigte mir, dass meine Zeit in dem “Missionswerk” zu Ende zu gehen schien; denn der Unfall war auf meinem Weg dorthin geschehen. Was nun?

Ich schickte einen regelrechten Hilferuf über ein neuseeländisches Homeschool-Netzwerk ab.