9. Ein soziales Zirkeltraining für Ihr Kind

Wenn sie über all die Negativ-Informationen im letzten Kapitel deprimiert sind, trösten sie sich. Es wird jetzt besser, wir schalten nämlich jetzt von den negativen zu den positiven Aspekten der Sozialisationsfrage um.

Aus einer ganzen Anzahl von Gründen fand ich es notwendig, ein wenig bei den negativen Seiten der Sache zu verweilen. Ein Grund war, dass viele von uns so in die Idee verliebt sind, dass die Schule und andere zur Gewohnheit gewordene Nutzlosigkeiten für das soziale Leben der Kindheit nötig wären. Daher dachte ich mir, dass ziemlich große Geschütze nötig seien, um die falschen Vorstellungen zu zerschießen. Auch denke ich, dass viele Heimschuleltern, die dies Buch in die Finger bekommen, es an skeptische Großeltern, Freunde, Gemeindemitglieder und sogar an Schulangestellte weiterreichen möchten, die sich fragen, wie zu Hause unterrichtete Kinder sozialisiert werden können. Ich wollte sie mit Beweismaterial dafür versorgen, dass Schulsozialisation so toll nun auch wieder nicht ist. Ein weiterer Faktor ist, dass viele Eltern, die die Sozialisation in der Schule und auch anderswo schon als ein Problem ansehen, dennoch die Elemente, die einem Kind Schaden zufügen, nicht genügend brandmarken. Ich wollte einige der beteiligten Faktoren für sie isolieren und artikulieren.

Es ist erfrischend, dass wir uns in diesem Kapitel mehr mit dem beschäftigen können, dem wir mehr Aufmerksamkeit widmen sollten. Scheinbar gibt es zur positiven Seite weniger als zur negativen zu sagen. Dazu kann ich nur sagen, dass soziales Lernen, wie fast alles Lernenswerte, beim Umgang mit den „normalen“ Dingen des Lebens wie nebenbei geschieht. Deshalb brauchen wir ihm nicht so viel Aufmerksamkeit widmen, wie den Problemen, die zu beheben sind, nachdem wir Naturprinzipien verletzt haben. In diesem Kapitel möchte ich nun einige dieser natürlichen Prinzipien aufzeigen und sie zu einem gesunden Sozial-Lehrplan entwickeln.

 

Prinzip 1: Soziales Lernen ist ein Nebenprodukt

Der häufigste Fehler, den örtliche Heimschul-Gruppen machen, ist das Abirren von ihrem eigentlichen Ziel. Meist werden solche Gruppen ins Leben gerufen, weil Eltern Hilfe und Ermutigung beim Unterricht zu Hause brauchen (insbesondere Mütter). Eltern brauchen diese Treffen, um Einsichten, Fragen, Probleme, Ideen und Material auszutauschen. Aber schon sehr bald verwandeln sich viele zu Unternehmungsgruppen, wobei die Kinder die eigentlichen Nutznießer sind. In der Gruppe geht es dann nicht mehr um Ermutigung für die Eltern, sondern um Schaffung von Gelegenheiten für Kinder, Gemeinschaft untereinander zu haben.

Neulich hörte ich von einer Ortsgemeinde, die ihre eigene Hilfegruppe für Heimschuleltern hat und Programme für Kinder verschiedenen Alters anbietet. Das ist genau das Gegenteil von dem, worum es beim Heimschulunterricht eigentlich geht. Es werden Aktivitäten angeboten, die Eltern von ihren Kindern trennen. In Gruppen von Gleichaltrigen werden auch Geschwisterkinder voneinander und von allen anderen Altersschichten getrennt. Damit haben sie schon wieder ein ganzes Stück auf dem Weg nach Ägypten zurückgelegt. Warum verwechseln wir Aktivität mit Produktivität? Wieder ist es jemandem gelungen, wegen einer angeblich besseren sozialen Entwicklung ganze Familien – die wichtigsten gesellschaftlichen Gruppen – zu zerteilen.

Gerade im normalen Umgang miteinander lernen wir den Aufbau haltbarer Beziehungen mit anderen. Dazu bedarf es nicht dieser ganzen künstlichen Strukturen. Gerade diese Bestrebungen verursachen die schädlichen Einflüsse und sind Hauptursache dafür, dass viele Eltern ihre Kinder von den Schulen nehmen. Es verletzt und frustriert mich, wenn ich sehe, wie Heimschuleltern dieses schulartige System aufbauen.

Erst wenn wir einsehen, dass die Schule eine künstliche Umgebung aufbaut, in der sich niemand später je wiederfinden wird, fangen wir an, eine wirklich soziale Umgebung für unsere Kinder schaffen. Echtes soziales Lernen fängt erst dort an, wo wir sie aus ihrer Gefangenschaft in künstlichen sozialen Umgebungen freisetzen und sie in die reale Welt zurückholen.

Als ich sagte, dass soziales Lernen ein Nebenprodukt ist, meinte ich auch, dass es kein explizites Ziel sein sollte. Soziale Fähigkeiten sind unbestreitbar wichtig. Wir kommen einfach nicht gut durchs Leben, wenn wir nicht kommunizieren, ermutigen, leiten, organisieren, lernen, „Nein“ sagen, Kompromisse schließen, viele Leute beschäftigen und vieles andere mehr können. Dennoch müssen wir den Weg, auf dem wir selbst das alles gelernt haben, noch einmal überdenken. Viele der Aktionen, die für Sozialisation und Gemeinschaft gedacht waren und an denen ich teilgenommen habe, waren wenig effektiv. Treffen in großen Gruppen können eine Menge Spaß machen, sind aber normalerweise schlecht geeignet, um persönliche Gespräche aufkommen zu lassen. Bei Treffen von zwei Familien habe ich viel mehr echte Gemeinschaft erfahren, als bei Aktionen von Hilfegruppen, an denen 20 Familien teilnahmen. Tiefgehende Gespräche kann man eher in einer ruhigen Privatumgebung führen, als in einer Turnhalle voller lärmender, lachender Leute.

Treffen in großen Gruppen müssen auch sein, zum Beispiel halte ich sie in einer Gebetsversammlung am Sonntag für sinnvoll. Die Absicht dieser Treffen ist aber gemeinsames Gebet, nicht die Entwicklung von sozialen Fähigkeiten. Wirklicher Austausch findet in den informellen Gesprächen über die Stuhlreihen hinweg nach dem letzten „Amen“ statt.

Unter Christen wird das Wort „Gemeinschaft“ ziemlich oft gebraucht. Es ist ja auch ein biblisches Wort und Konzept, das treffend als „zwei Leute im selben Boot“ definiert wurde. Es enthält eine Anspielung auf Verbundenheit für dieselbe Sache. Außerhalb meiner eigenen Familie habe ich immer dann einige der besten Zeiten für meine Sozialisation gehabt, wenn ich etwas mit anderen zusammen unternommen habe, um jemandem zu helfen, was nichts direkt mit Sozialisation zu tun hatte.

An einen Einsatztag unserer Gemeinde vor einigen Jahren kann ich mich noch gut erinnern. Es kamen nur die Männer der Kirche zusammen, daher erfüllte das Treffen nicht die Kriterien einiger Leute für eine legitime soziale Lerngelegenheit. Wir aber reinigten, arbeiteten und schwitzen zusammen, wobei wir viele Scherze rissen und uns gegenseitig aufzogen. Als der Tag zu Ende war, fühlte ich mich den anderen näher, insbesondere einem oder zweien, die ich vorher gar nicht richtig gekannt hatte. Wir waren für eine Aufgabe zusammengekommen und hatten sie erledigt, doch gleichzeitig genossen wir Kameradschaft innerhalb der Gemeinde. Wir hatten eine gemeinsame Sicht für die Erfüllung einer Aufgabe entwickelt.

Meine Söhne und ich haben zusammen einige Häuser für die Menschheit aufgebaut. Einiges erledigten wir in Arbeitsteilung. Einiges haben wir freiwillig gemacht. Mir gefallen diese Tage, an denen ich mir Zeit nehmen und mitmachen kann, weil man dadurch Gelegenheit hat, etwas Wohltätiges zu tun, einige neue Freunde kennenzulernen und ein Gratis-Mittagessen zu bekommen. Jedem scheint das gut zu bekommen. Und am Ende hat jemand ein gutes Haus, der vorher keins hatte. Wie schön wäre es, wenn jemand solche Dienste auf einer rein christlichen Grundlage organisieren würde.

Dieser Gedankengang führt mich zu der von mir so genannten „vorbildlichen sozialen Gelegenheit für große Gruppen“: das althergebrachte Aufbauen einer Scheune oder eines Hauses. Ein Bekannter von mir fuhr vor einigen Jahren von unserer Stadt zu einem Festival im Shenandoah-Tal von Virginia. Er erzählte, dass er früh am Morgen auf der Landstraße fahrend an einem offenen Feld vorbeikam, auf dem Leute Tische auf dem Gras aufbauten. Er wunderte sich darüber und fand die Erklärung auf seinem Weg nach Hause zurück am Abend. Auf dem vorher leeren Feld saßen nun Dutzende von Leuten zum Essen. Hinter ihnen stand eine Scheune, von der am Morgen noch keine Spur zu sehen war. Eine Gruppe einer Gemeinde war zusammengekommen, um einem von ihnen beim Aufbau seiner Scheune zu helfen. Die Männer hatten ihr Werkzeug mitgebracht und die Frauen das Essen. Die Scheune war ein sichtbares Zeugnis ihrer Sorge füreinander.

An einem der letzten Abende kam meine Familie zu einem Essen bei Freunden zusammen, die Missionare in China sind. Da sie kleinere Kinder haben, hatten unsere Kleinen eine gute Zeit, während wir Erwachsene uns ohne Unterbrechungen gut unterhalten konnten. Das ist in meinen Augen eine weit bessere Sozialisation, als ein hektischer, extra dafür ins Leben gerufener Ausflug mit einigen anderen Familien. Anlass war, der Missionars-Familie ein Essen zu spendieren, sie zu ermutigen und einige ihrer Fragen über Elternschaft zu beantworten, bevor sie demnächst nach China zurückkehren würden. Unsere Kinder machten einige großartige Erfahrungen mit sozialen Beziehungen, auch wenn das nicht der Zweck des Treffens war.

Unter Gemeindemitgliedern scheint es mir ein Standard-Scherz zu sein, dass wir scheinbar ohne Essen keine Gemeinschaft haben können. In unserer Baptistengemeinde habe ich bemerkt, dass wir insbesondere nicht ohne Brathähnchen zusammen kommen können. Bei jedem unserer Gemeindetreffen gibt es immer viel davon, was mir sehr gut schmeckt. Ich liebe Brathähnchen. Das gibt mir immer die Gelegenheit, meinen Standardwitz zum Besten zu geben (den einzigen, den ich kenne): wenn die Hühnchen je die Weltherrschaft übernehmen sollten, würde es an jeder Ecke gebratene Kentucky-Baptisten geben.

Aber mal wieder ernsthaft: an der Idee mit dem gemeinsamen Essen scheint etwas Geistliches dran zu sein. Das Abendmahl ist eine der Verordnungen für die Gemeinde Jesu und weist direkt auf eine ungebrochene Gemeinschaft zwischen dem Christen, seinem Herrn und den Mit-Christen hin. 1. Korinther 5,11 weist uns an, nicht mit einem unbußfertigen, sündigen Christen zusammen zu essen. Der Apostel Paulus schreibt in Galater 2,12 darüber, dass er Petrus zurechtgewiesen hat, weil dieser sein Essen mit Heiden abgebrochen hatte, nachdem einige seiner jüdischen Brüder hereinkamen. In Apostelgeschichte 2 erzählt uns die Bibel über die Gläubigen während der Erweckung in Jerusalem: „Und sie waren jeden Tag beständig und einmütig im Tempel und brachen das Brot in den Häusern, nahmen die Speise mit Frohlocken und in Einfalt des Herzens; sie lobten Gott und waren angesehen bei dem ganzen Volk.“ Mir sind einige weitere Gelegenheiten in der Bibel aufgefallen, an denen ein gemeinsames Essen mit Gemeinschaft und Gastfreundschaft assoziiert wird.

In den Tagen des Wilden Westens gab es einige Indianerstämme, die es als bindenden Akt der Freundschaft ansahen, wenn man mit jemandem ein Mahl einnimmt. Deshalb waren Trapper und Händler immer scharf darauf, mit diesen Leuten zu essen, weil es den Handel in dieser Gegend viel sicherer machte.

Ich bin mir nicht sicher, ob Essen in der Gruppe dazu führt, dass Leute miteinander verbunden werden, aber es scheint was dran zu sein. Jemand wird eines Tages in einer komplizierten wissenschaftlichen Studie herausfinden, dass der Körper beim Essen chemische Substanzen produziert, die das Gehirn freundschaftlich stimmen – oder etwas ähnliches. Das wird ganz nett, aber bis dahin können wir das Phänomen der „Sozialisation durch den Magen“ noch ausnutzen, ohne es völlig verstehen zu müssen. Guten Appetit.

 

Prinzip 2: Die Familie ist eine soziale Gruppe

Interessant ist es schon: wenn die Unterhaltung unter Heimschuleltern auf Sozialisation kommt, dann wird die Familie kaum erwähnt. Scheinbar nehmen wir an, dass soziales Lernen überall stattfindet, außer zu Hause. Diese Annahme wird von Sozialwissenschaftlern nicht geteilt. In unserer Gesellschaft beginnen die meisten Sozialstudien über Kinder mit dem Einfluss der Eltern auf ihre Kinder. Erst in den letzten Jahren scheinen die Forscher aufgewacht zu sein und merken, dass Kinder mehr und mehr von ihren Eltern getrennt und entfremdet sind. Heute richtet sich die Aufmerksamkeit mehr auf die sozialen Auswirkungen der Schule und andere Einflüsse.

Bis in die 1960er Jahre hinein sahen die Amerikaner die Familie noch als Quelle der sozialen Einstellungen an:

Die vorherrschende Sichtweise in der amerikanischen Gesellschaft – ja, sogar in der ganzen westlichen Welt – war, dass die psychologische Entwicklung der Kinder, auch was ihre Beeinflussbarkeit durch die Umgebung anbetrifft, fast ausschließlich durch deren Eltern beeinflusst wird, und zwar die ganzen ersten sechs Jahre des Lebens hindurch. Wissenschaftler, die natürlich auch nur ein Produkt ihrer eigenen Kultur und von den herrschenden Grundannahmen über die menschliche Natur durchdrungen sind, haben dasselbe getan. Westliche Studien über die Persönlichkeitsentwicklung in der Kindheit handelten in ihrer überwältigenden Mehrheit von der Eltern-Kind-Beziehung, wobei die Gruppe der Gleichaltrigen oder andere außerelterliche Einflüsse nur selten bedacht wurden.

Das ist nicht in allen Kulturen so. Vor einigen Jahren war es auf dem internationalen psychologischen Kongress in Moskau das Vorrecht des Autors, den Vorsitz eines Symposiums über „Soziale Faktoren in der Persönlichkeitsentwicklung“ zu führen. Von allen auf dem Symposium präsentierten Arbeiten stammten etwa die Hälfte aus dem Westen (hauptsächlich aus Amerika) und die andere Hälfte aus den sozialistischen Ländern (meist aus Russland). Die westlichen Studien handelten praktisch ohne Ausnahme von der Eltern-Kind-Beziehung, während die Untersuchungen aus der Sowjetunion und anderer osteuropäischer Länder sich genauso ausschließlich auf den Einfluss der Gruppe der Gleichaltrigen, d.h. des Kinderkollektivs, konzentrierten.1

Zuhause ist der beste Platz in der ganzen Welt, um das Zusammenleben mit anderen erfolgreich zu lernen. Natürlich ist es die Bühne von beinahe allen unseren frühen zwischenmenschlichen Erfahrungen, ausgenommen bei ganztägig betreuten Kleinkindern, den Opfern der neuen amerikanischen Tragödie. Es wird uns eine oder zwei Generationen kosten, bevor wir wirklich absehen können, wie viel Schaden diese frühe Trennung von den Eltern angerichtet hat, während die erfolgte Entfremdung unschwer zu übersehen ist. Eine junge Mutter kommentierte das auf einem Treffen für Eltern und Kinder so:

Ein kleines Mädchen war wegen ihrer blauen Augen und der blonden Haare Außenseiterin (ich dachte immer, dass „mein“ kleines Mädchen so aussehen würde). Als ich ihre Mutter kennenlernte, fand ich heraus, dass sie 5 Tage die Woche von 8:00 bis 17:00 Uhr arbeitete. „Mensch, wie sie ihre Tochter doch vermissen werden!“ sagte ich. „Oh, nein“, antwortete sie. Als sie bemerkte, wie überrascht ich aussah, erklärte sie: „Sehen sie, gleich drei Wochen nach ihrer Geburt ging ich wieder zur Arbeit, deshalb habe ich mich nie an ihre Gesellschaft gewöhnt und kann sie auch nicht vermissen.“2

Während Kinder immer früher von ihren Eltern getrennt werden, verschiebt sich der „Generationenkonflikt“, von dem man einst glaubte, dass er nur zwischen Eltern und Jugendlichen existieren würde, auf der Altersskala weiter nach unten.

Weil man viele sehr junge Kinder schon früh in die Tagespflege gibt, kann die Verschiebung von der Zugehörigkeit zu den Eltern zur Abhängigkeit von der Gruppe der Gleichaltrigen ebenso von der Vorschule erzeugt worden sein. Noch vor einer Generation kannte man das nur von den Jugendlichen. Weil die jungen Gruppen von Gleichaltrigen leider keine ethisch gesunden Einstellungen kennen, lernen die Kinder schlechte Gewohnheiten und Verhaltensweisen, aber nicht den Unterschied zwischen richtig und falsch, den Grund für bestimmte Regeln oder den Wert der Arbeit. Wie wir schon früher betont hatten, sind die Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren nicht beständig vernünftig.3

Zwei Untersuchungen in den 1950er Jahren zeigten, dass die Gruppe der Gleichaltrigen in der untersuchten Altersgruppe (von 12 bis 18 Jahren) mehr Einfluss auf Werte und Handlungen der Kinder hatte, als die eigenen Eltern, auch wenn beide Quellen noch einflussreich waren. Eine weitere Perspektive lieferte 1959 die erste … umfassende Untersuchung dieser Frage von zwei Soziologen. Sie arbeiteten mit einer Auswahl von einigen hundert Schülern des Schulsystems von Seattle, von der vierten bis zur zehnten Klasse. Diese Forscher untersuchten altersgemäße Tendenzen bei den Kindern, ob sie sich an die Eltern oder die Gruppe der Gleichaltrigen wandten, wenn sie Ratschläge oder Gemeinschaft bei verschiedenen Aktivitäten suchten. Im Allgemeinen gab es in der siebten Klasse einen Wendepunkt. Vorher sah die Mehrheit ihre Eltern als Verhaltensvorbilder und Gefährten an, danach hatte die Gruppe der Gleichaltrigen gleich großen oder größeren Einfluss.

Erst vor kurzem schlossen Condry und Simon eine Studie ab, die gegenwärtige Tendenzen aufzeigen sollte, ob Kinder beim Einholen von Informationen oder Meinungen eher auf ihre Eltern oder die Gruppe von Gleichaltrigen hören. Die Ergebnisse zeigen einen deutlich höheren Prozentsatz von Abhängigkeit von der Gruppe der Gleichaltrigen auf allen Altersstufen und Bildungsgraden, als in der Untersuchung von Bowerman und Kinch. Die Verschiebung der Haupt-Informationsquelle von den Eltern auf die Gruppe der Gleichaltrigen scheint zu einer früheren Zeit als noch vor einem Jahrzehnt aufzutreten und auch viel ausgeprägter zu sein.4

Ich fand es hier bezeichnend, dass die siebte Klasse als Wendepunkt gekennzeichnet wird, von dem ab Kinder sich nicht mehr auf ihre Eltern, sondern auf die Gleichaltrigen verlassen. Und doch ist dies das Alter, in dem viele Heimschuleltern ihre Kinder wieder zur Schule schicken, „damit sie mit Kindern ihres eigenen Alters zusammen sind.“ Vielleicht sehe ich hier aber auch Gespenster. Es ist auch ungefähr zur Zeit der weiterführenden Schule, dass Kinder mehr zur Herausforderung für ihre Eltern werden, weil sie in ihrer Reife an den Punkt kommen, an dem sie verstehen, dass Mutter und Vater nicht wirklich allwissend sind. Diese Jahre können eine Zeit der Schwierigkeiten sein und es würde mich nicht wundern, wenn viele Eltern hier versucht wären, mit dem Heimschulunterricht aufzugeben und die vermeintlich hilfreichen sozialen Gelegenheiten für Kinder in der Schule als eine Ausrede zu nutzen. Es gibt auch noch einige Eltern, die ihre Kinder in der Grundschulzeit zu Hause unterrichten, aber sich nicht zutrauen, ihre Kinder mit dem Material der höheren Klassen zu lehren. Was immer auch die Gründe sind, die oben erwähnte Untersuchung, denke ich, sollte uns allen genügend Stoff zum Nachdenken geben. Kinder sind heute unter größerem Druck als je zuvor. Sie in den Schnellkochtopf der Schulgesellschaft zu geben, gerade wenn sie in eine neue Entwicklungsphase kommen und ihre Hormone verrückt spielen, kann nur Ärger heraufbeschwören.

Auf den Punkt gebracht ist die ganze Diskussion über die Familie als soziale Gruppe folgendes: Verkaufen sie ihr Geburtsrecht nicht für eine verpfuschte Gemüsesuppe. Die wichtigsten Lektionen, die ihr Kind je über das Zusammenleben lernen wird, nimmt es von zu Hause mit. Der 24-Stunden-Klassenraum einer Familie kann von einem sozialen Trainings-Camp nicht geschlagen werden. Die wichtigsten, intensivsten und lehrreichsten menschlichen Beziehungen werden in der Familie geformt und gepflegt. Sie bilden die Grundlage, auf der die göttliche Einstellung des Einzelnen zur Gesellschaft ruht.

 

Schlussfolgerung

Kurz gesagt ist die Botschaft dieses Buches, dass Gottes natürlicher und biblischer Weg zum lernen des Zusammenlebens besser als der menschliche Weg ist. Menschen reden über Sozialisation, Gott über Freundschaft.

Auf den vorigen Seiten habe ich versucht zu erklären, dass ich mich gedrungen fühlte, meinem Buch „Die Sozialisationsfalle“ eine negative Färbung zu geben, weil es unter Heimschuleltern eine vorherrschende Tendenz gibt, für zu Hause unterrichtete Schüler dieselbe schädliche, auf die Gruppe von Gleichaltrigen ausgerichtete soziale Umgebung zu schaffen, der sie zuvor entkommen waren, indem sie der Schule fernblieben. In dieser revidierten Ausgabe wurde ich bei der Klärung und Entwicklung meiner Sichtweise von einer ganzen Anzahl von Lesern unterstützt, die freundlich genug waren, mir zu schreiben, und ihre Gedanken über das Thema mitzuteilen. Einige haben mich gelobt, andere kritisiert, aber alle haben meinen Lernprozess gefördert. Ihnen allen gebührt mein Dank.

Diese Arbeit ist jedoch noch lange nicht beendet. „Die Sozialisationsfalle“ war ein Versuch, dem drängenden Problem beizukommen, indem man den Leuten erzählt, was sie nicht tun sollten. Im nächsten Schritt sollten wir von der Bibel herleiten, was zu tun ist, um unsere Kinder auf eine Welt voller Menschen vorzubereiten. Zweifellos sind eine Menge Leute qualifizierter als ich, ein Buch darüber zu schreiben. Wenn jedoch solch ein Buch nicht auftauchen sollte, bevor unser Herr mir die Zeit schenkt, es selbst zu versuchen, dann werde ich auf meine Leser zählen, mir noch einmal durch ihre Beiträge zu helfen.

Wenn die Mühe des Schreibens und Überarbeitens der „Sozialisationsfalle“ auch nur zur Befreiung vom Druck der Gruppe der Gleichaltrigen für eine einzige Familie führen sollte, dann hat es sich bereits gelohnt. Es ist nicht leicht, gegen den Strom zu schwimmen, aber den einfacheren Weg zu gehen führt uns abwärts. Wenn Amerika eine Erweckung erleben soll, müssen Eltern lernen, Gottes Weg zu suchen und zu gehen, anstatt der Menge zu folgen. Mit dem Strom zu schwimmen heißt auch, noch mehr Massen von verwirrten, unsicheren, ziellosen, jungen Erwachsenen hervorzubringen. Gottes Weg zu suchen bedeutet, eine Generation von Siegern für den Dienst des Königs heranzubilden.

 

1 Bronfenbrenner, Urie: Two Worlds of Childhood (= „Zwei Kinderwelten“). Simon and Schuster. 1970. S. 103-104.

2 Paul D. Meier und Linda Burnett: The Unwanted Generation (= „Die ungewollte Generation“). Baker Book House. 1980. S. 24.

3 Raymond and Dorothy Moore: Home Style Teaching (= „Gutbürgerlichkeit beibringen”). Word Books. 1984. S. 157.

4 Bronfenbrenner, Urie: Two Worlds of Childhood (= „Zwei Kinderwelten“). Simon and Schuster, 1970. S. 105.