Meine Erlebnisse als junger Christ

 

  1. Späte Schulzeit

Beinahe 19 Jahren war ich alt, als ich anfing, Jesus und der Bibel zu glauben. Es hatte nicht lange gedauert, bis ich bemerkte, dass beinahe alles, was auf dem Gymnasium gelehrt wurde, mir auf meinem Weg zu Gott im Weg gestanden hatte - auf die eine oder andere Weise.

Deshalb wollte ich zunächst diese Schule abbrechen und etwas ganz anderes anfangen. So begann ich, zunächst Gott im Gebet zu fragen und war auch bereit, seinen Willen zu tun. Irgendwie musste ich ja mal damit anfangen, IHN als meinen Herrn zu behandeln.

Gott schien länger nicht zu antworten. Bis ich begriff, dass ich ja noch im Hause meiner Eltern wohnte und damit unter das Gebot fiel: Du sollst Deinen Eltern untertan sein. Sie hatten klar gemacht, dass ich das Abitur machen und dann entscheiden solle, welchen Lebensweg ich danach einschlagen wolle. Da begriff ich, dass genau das Gottes Wille für mich war.

Nicht dass ich mehr Zeit für meine Hausaufgaben verwandt hätte, dennoch wurde ich seltsamerweise in der Schule immer besser. Heute weiß ich, dass es der Segen Gottes war, der auf meinem Leben ruhte, weil ich mich hauptsächlich und zuallererst mit Jesus beschäftigte. Dadurch waren meine Sinne sehr geschärft, ich konnte besser aufpassen und mir erheblich mehr merken, ohne es mühsam auswendig zu lernen (es zu „pauken“).

  1. Frühe Bibelschule

Bibellesen begann ich mit einem Andachtsbuch. Dabei las ich die beiden Bibelverse, die dort abgedruckt waren, und auch den kurzen Text, der sich darauf bezog. Das war mir schon nach einigen Tagen zu wenig. Also nahm ich die für den jeweiligen Tag abgedruckten Verse als Ausgangspunkt und las dann die ganze Begebenheit, auf welche dieser Text sich jeweils bezog. Und nach einiger Zeit hatte ich dann nur noch die Bibel in der Hand und verschlang sie regelrecht.

Mit dem Alten Testament konnte ich noch nichts anfangen. Ich grub mich ins Neue Testament hinein. Besonders die Evangelien waren meine Lieblinge. Oftmals, wenn ich auf meinem Bett in meinem Zimmer lag und darin las, war es mir, als wenn ich einer derjenigen war, die Jesus nachfolgten, Seinen Predigten und Lehren lauschten und Seine Wunder sahen. Ich war wie in die Geschichten als Augen- und Ohrenzeuge hineinversetzt. Stundenlang las ich in der Bibel und konnte nicht aufhören – so spannend war es. Manchmal fühlte ich mich wie ein Entdecker, der einen ganz neuen Kontinent erforscht und durchstreift.

Noch heute ist es mir vollkommen unbegreiflich, wie man sich Christ nennen und angeblich eine Geburt „von oben her“ („Wiedergeburt“) erlebt haben will, und doch kaum etwas von dem Gott wissen will, den man in sich aufgenommen hat. Stattdessen besucht man irgendwelche Gemeinden oder Kirchen und hört sich lediglich die Predigten eines Menschen an – und das auch nur einmal die Woche. Da kann doch etwas ganz gewaltig nicht stimmen. Wer wirklich sein ganzes Leben Jesus geweiht hat und von Ihm an Sohnes statt angenommen worden ist, der hat nichts Wichtigeres und Eiligeres zu tun, als Ihn kennenzulernen. Dazu nimmt man sich Zeit und geht an die Quelle, die uns als einzige den Gott beschreibt, der Himmel und Erde gemacht hat: die Bibel. Christliche Bücher haben auch ihren Platz, aber die Bibel muss immer den Ehrenplatz behalten und am meisten gelesen werden. Ansonsten stimmt etwas nicht mit der eigenen „Bekehrung“ zu Jesus. Dann hat man etwas von sich selbst zurückbehalten – vergleichbar mit einem Raum oder mehreren Räumen im eigenen Herzen, zu denen Jesus keinen Zutritt hat.

  1. Gemeindeleben

Ich war in einer freien Gemeinde in einer anderen Stadt zum Glauben gekommen, die über 100 km entfernt war. Übers Wochenende besuchte ich sie immer wieder. Dabei fuhr ich per Anhalter und fand erstaunlicherweise jedes Mal einen Autofahrer, der mich mitnahm. Damals war das Misstrauen unter uns noch nicht so groß, dass man nicht mitgenommen wurde. In einem christlichen Volk ist so etwas möglich. 

In dieser ganz unabhängigen Gemeinde wurde gelehrt, dass Gott die Sünden der Väter bis ins dritte oder vierte Glied an deren Kindern heimsucht. Dabei bezogen sie sich auf 2. Mose 20,5:

„Ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied derer, die mich hassen, … .“

Das bedeutet, dass Er angeblich die Sünden eines Mannes selbst noch an seinen Enkeln und Urenkeln bestraft. Diese Lehre hatte ich ebenfalls aufgenommen und nun holte sie mich unaufhaltsam ein. Sie untergrub und zerstörte konstant meinen Glauben, bis fast nichts mehr davon übrig war. Bevor ich meine Gemeinde in meiner Heimatstadt gefunden hatte, fuhr ich noch manchmal zu dieser freien Gemeinde, um dort in die "Seelsorge" zu gehen. Dort festigten sie diesen „Glauben“, dass man seine und die Sünden seiner Voreltern bekennen müsse, um von Gott Vergebung dafür erlangen zu können. Eine alte Frau fragte einen dann aus, was man alles so in seinem "alten" Leben getrieben hatte, und betete dann mit einem, damit Gott das alles vergeben konnte. Ich wurde buchstäblich von dieser Frau und ihrer „Seelsorge“ abhängig gemacht.

Diese Irrlehre verzerrte meine Einstellung zu Gott derart, dass ich bei einem solch ungerechten und ewig zornigen Gott nicht bleiben wollte. Einer derjenigen, die auf diese Weise Erlösung von seinen Sünden suchte, war schon 30 Jahre auf dem Gelände und immer noch nicht frei! Wie konnte das nur angehen? Wieso hatte Gott es nur so schwer für uns gemacht? Dennoch konnte ich noch nicht sehen, was daran falsch war, weil sie ja lediglich die Bibel zitierten – und die Bibel war wortwörtlich richtig, das wusste ich genau. Ich kannte damals auch noch nicht genügend andere Texte aus Gottes Heiligem Wort und vertraute blind denjenigen, die mich zum Glauben geführt hatten. Ich war ein Baby in Christus und als solches sehr leicht zu beeinflussen. Erst viel später las ich Hesekiel 18, wie Gott mit seinem Volk Israel schimpft, weil sie die Bibelstelle aus 2. Mose 20,5 genauso falsch ausgelegt hatten, wie die Christen dieser "freien Gemeinde".

Nach etwa einem halben Jahr war ich innerlich an einem Scheideweg angekommen, an dem ich mich entscheiden musste, ob ich noch weiter mit einem solch ungerechten und rachsüchtigen Gott gehen konnte, der mich für das bestrafte, was meine Väter und Urgroßväter getan hatten. Während ich noch unschlüssig war, ob ich Gott nicht doch lieber konsequent über Bord werfen und Ihm für immer den Rücken kehren sollte, setzte sich in mir der Gedanke fest, dass ich mir eine Gemeinde in meiner Heimatstadt suchen sollte. Ich bekam eine kleine Gemeinde genannt, die schwer zu finden war. Sie trafen sich in einer alten Schulklasse am anderen Ende der Stadt. Schließlich fand ich sie an einem Sonntagmorgen und betrat den Raum. Sofort bei meinem Eintreten spürte ich das überwältigende Gefühl, dass der Heilige Geist selbst mich hierher geführt hatte. Und mein erster Blick fiel auf ihren Bücherschrank.

Der Pastor predigte klar, leidenschaftlich und mit großer Ausstrahlung. So klein er auch war, so gewaltig war doch sein Wort Gottes. Er war wirklich überzeugt von dem, was er sagte. Welch ein Unterschied zu den Pastoren, die ich vorher in den Landeskirchen so kennengelernt hatte.

An den ersten Gottesdienst selbst und die Predigt kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber von ihrem Bücherschrank erstand ich ein Buch mit dem Titel "Drei und doch eins" von Nicki Cruz. Es erklärt auf sehr einfache Weise wie die Dreieinigkeit von Gott Vater, Sohn und heiliger Geist zusammenhängt. Das war mir selbst auch völlig unklar. Wer war nur auf die Idee gekommen, dass unser Gott aus drei Personen besteht, die auch noch alle auf einer Stufe stehen? Es konnte nur von Gott selbst gekommen sein. Kein Mensch kommt auf solch eine Idee. Wer den Heiligen Geist Gottes nicht in sich hat, der kann das auch nicht glauben. Die Erlebnisse, die in dem Buch geschildert werden, bestätigen zusammen mit der Bibel, dass Gott tatsächlich aus drei Personen besteht, die immer vollkommen einig sind.

Während ich das Buch zu Hause in meinem Zimmer auf meinem Bett liegend las, überkam mich eine große Traurigkeit und ich fing an zu weinen. Plötzlich stand neben meinem Bett Jesus als Lichtgestalt. Von ihm gingen Wellen voller Kraft und übermenschlicher Liebe aus. Sie flossen direkt durch mich hindurch und gingen hinter mir weiter. Dann sprach er zu mir: "Mit jeder deiner Sünden hast du mir weh getan. Aber ich habe Dir alles vergeben."
Von diesem Augenblick an habe ich nie mehr daran gezweifelt, dass Jesus Gott ist und ich zu ihm gehöre. Ich habe die „Kräfte der zukünftigen Welt“ gespürt, wie die Bibel es nennt, und seitdem ist es mir völlig klar, dass Jesus diese Welt erschaffen hat. Er braucht nur ein Wort zu sagen und schon ist das da, was vorher nicht da war.
Außerdem weiß ich seitdem, dass Jesus uns alle Sünden auf einmal vergibt. Er führt uns nicht auf einen Weg der Selbsterlösung (oder besser: Selbstzerfleischung) mittels einer falschen „Seelsorge“. So etwas und Ähnliches lehren manche Menschen nur, weil sie dadurch andere Menschen von sich abhängig machen und an sich binden können. Dadurch verdrängen sie Jesus und machen sich selbst zu Mittlern zwischen Gott und Menschen. Die katholische Beichte hat im Grunde genommen auch keinen anderen Sinn.

Ich blieb in dieser Gemeinde in meiner Heimatstadt und nahm die Lehre ihres Pastors in mich auf. Er lehrte klar und biblisch richtig, so dass mein Glaube wieder stark wurde. Jede seiner Predigten verschlang ich. Und sehr oft war mir die Predigt viel zu kurz. Ich wollte mehr wissen. Daher betete ich oftmals still, dass Gott ihn weiterpredigen lassen solle. Und so manches Mal war er schon fast verzweifelt, weil er einfach kein Ende finden konnte, auch wenn er während seiner Predigt händeringend danach suchte. Ich musste dann immer grinsen, weil Gott mein Gebet erhört hatte. Es hätte mich sehr gefreut, wenn jede seiner Predigten 6 Stunden lang gewesen wäre.

Nicht nur in meinem persönlichen Bibellesen, sondern auch in seinen Predigten lernte ich sehr viel Grundlegendes über Gott, so dass ich nichts davon versäumen wollte. Ich war immer da und verließ den Raum niemals so, wie ich hineingekommen war, sondern immer hatte sich etwas an meinen Einstellungen und meiner Weltsicht verändert. Das wirkte sich natürlich auch auf mein Verhalten aus.

Am Montagabend war Gebetsversammlung. Zumindest zu Anfang beteten sie alle gemeinsam zu Gott. Ich fand das natürlich sehr gewöhnungsbedürftig, aber ich spürte deutlich, dass der Heilige Geist das gar nicht ungewöhnlich fand. Später fand ich es dann auch an mehreren Stellen der Bibel. Was mich überzeugte war, dass die erste Gemeinde offenbar auch genauso miteinander gebetet hatte. Selbst das Volk Israel hatte in seinen besten Zeiten Gott gemeinsam so angebetet. Ich gewöhnte mich schnell daran und betete eine Zeitlang nur zu Gott, ohne dass andere mir zuhörten. Mit der Zeit merkte ich aber, dass Gott auch manchmal wollte, dass ich anderen beim Beten zuhörte und „Amen“ zu dem sagte, was sie sprachen.Dann wieder kehrte zwischendrin völlige Ruhe ein, weil jemand eine Weissagung von Gott bekommen hatte. Und immer war unvorhersehbar was kommen würde – typisch für die Leitung des Heiligen Geistes. Es fehlt dann jede Liturgie oder jegliche Leitung durch Menschen.

Meine Lieblingsveranstaltung war der Sonntagabend, an dem unser Pastor eigentlich nie anwesend war. Da trafen sich etliche dieser Gemeinde zu einer Bibelstunde. Auch wenn ich jedes Mal 15 km mit dem Fahrrad dorthin fahren musste, so war mir das nicht zu weit. Hier konnte jeder etwas beitragen und man bekam eine solche Vielfalt an interessanten Erlebnissen, Ansichten und Einsichten aus Gottes Wort mit, dass ich so manches Mal nur staunend zuhören konnte. Ich erinnere mich noch sehr gut an einen älteren Glaubensbruder, der grundsätzlich mit tiefer Stimme mit folgenden Worte zu sprechen anfing: „Das Wort Gottes sagt: … .“ Dann zitierte er eine Bibelstelle, die meistens genau auf das passte, was wir gerade besprachen. So stelle ich mir die praktische Umsetzung der Ermahnung vor: „Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit … .“ (Kol. 3,16).

Manchmal sangen wir länger, ein andermal hatte jemand ein besonderes Erlebnis mit Gott gemacht und berichtete davon. Dann wieder kamen Fragen zur Bibel auf oder jemand hatte ein Problem und wollte wissen, was Gott wohl dazu sagt. Es war immer unglaublich interessant und vielseitig. So stelle ich mir echte Gemeinde vor. Und der Heilige Geist wehte regelrecht durch unsere Reihen. Seine Gegenwart war so deutlich spürbar, dass man nicht aufstehen und wieder nach Hause gehen wollte. Man fühlte sich einfach wohl und geborgen dort. „Der Herr aber ist der Geist; und wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ (2. Kor. 3, 17). Dieses Wort verstehe ich seitdem.

Zu Beginn der Sonntagmorgen-Versammlungen ermutigte der Prediger ständig, dass wir ein „Zeugnis“ sagen sollten. Damit meinte er, dass einige berichten sollten, was sie während der Woche mit Gott erlebt hatten. Und da er das auch wirklich so meinte, wie er es sagte, fassten mehr und mehr aus unserer Mitte Mut und erzählten vor den anderen. Bevor sich der Raum jedoch mit anderen Christen und Ungläubigen, die von Jesus hören wollten, füllte, waren nur einige ältere Leute, ein anderer junger Mann und ich dort.

Dieser andere junge Mann war ein stadtbekannter Schlägertyp gewesen, der sich ständig mit irgendjemandem geprügelt hatte. Er hatte Jesus in so überwältigender Weise erlebt, dass Gottes Geist immer geradezu aus ihm herauszusprühen schien. Als ich Mut fasste und der kleinen Versammlung erzählte, wie ich zu Jesus gefunden hatte und wie er mir auf so überwältigende Weise in meinem Zimmer begegnet war, stand ich sehr steif vorn und fühlte mich unwohl. Eigentlich kannte ich diese Menschen noch nicht gut genug, um ihnen so etwas Persönliches zu erzählen. Aber sie erzählten auch sehr persönliche Dinge vor allen öffentlich, so dass ich dachte, ich könnte es auch tun. Sie freuten sich alle sehr über das, was ich erzählte. Danach kam der andere junge Mann, gab mir die Hand und zog mich mit einem Ruck an seine Brust. Er umarmte mich und gab mir einen Kuss auf meine Wange. In dem Augenblick zerbrach etwas in mir, das mich von diesen Menschen getrennt hatte. Ich fühlte mich fortan regelrecht in ihre Mitte hineingepflanzt. So etwas konnte nur der Heilige Geist vollbringen.

Danach fand ich das, was er gemacht hatte, in der Bibel: „Grüßt einander mit einem heiligen Kuss!“ (Röm 16,16; 1. Kor. 16,20; 2. Kor. 13,12; 1. Th. 5,26; 1. Pt. 5,13). Gott hatte einen ehemals stadtbekannten Schläger und mich – einen intellektuellen Schüler, der wie ein Professorensöhnchen aussah – zusammengebaut. Wir waren wie zwei lebendige Steine in einem lebendigen Haus (1. Pt. 2,5).

Später kamen noch lauter völlig verschiedene Typen hinzu, auch Rocker, Punker, Schüler, Säufer, Drogenkonsumenten, in Diskotheken herumhüpfende usw. usw. Es ist kaum zu beschreiben, wie viele verschiedene Menschen zusammenkamen – und alle wurden auf ähnliche Weise wie ich vom Heilgen Geist in diese Gemeinschaft eingepflanzt. Eine tiefe Liebe verband uns untereinander, die wir alle nicht erklären konnten. Alle waren von ihren Abhängigkeiten und Bindungen auf einen Schlag frei geworden. Die Säufer rührten keinen Alkohol mehr an – obwohl sie etwas Alkohol trinken konnten, ohne dann gleich wieder abhängig zu sein. Sie waren nicht „clean“, sondern vollkommen frei. Punker mussten keine Drogen mehr nehmen oder spritzen. Rocker verhielten sich manierlich und mussten niemanden mehr bedrohen, einschüchtern oder zusammenschlagen. Ehemals Intellektuelle mussten keine Diskussionen oder Streitgespräche mehr führen, um damit ihre Überlegenheit zu beweisen oder jemanden von ihrer Meinung zu überzeugen. Hausfrauen und körperlich oder geistig Behinderte waren genauso Teil dieser Gemeinschaft, wie ich oder der Prediger. Jesus war unser Herr und wir waren alle Brüder und Schwestern im Glauben.

Zwei der neu hinzugekommenen hatten eine Teestube angefangen. Sie brauchten keine Erlaubnis vom Prediger, weil Gott es ihnen gesagt hatte. So lief das eigentlich immer. Der Prediger gab uns zwar eine ganze Menge Anregungen und Ideen, wie wir das Evangelium anderen weitersagen könnten, er gab auch entscheidende Impulse in den Gebetsversammlungen, aber letztlich führte Gott uns – jeden einzelnen von uns. In dieser Teestube haben später sehr viele Menschen zu Jesus gefunden.

  1. Zivildienst

Nach Abschluss des Gymnasiums mit dem "Abitur" wollte mich der Deutsche Staat zur Bundeswehr einziehen. Mir war schon immer klar gewesen, dass ich nicht dorthin gehen würde, um zu lernen, wie man andere Menschen umbringt. Als ich Christ wurde, hat sich diese Einstellung nur noch verstärkt. 
Nur der Staat hat seit Noah von Gott her das Recht und die Pflicht jemandem sein Leben zu nehmen, wenn dieser eine Tat begangen hat, welche die Todesstrafe rechtfertigt. Welche Taten das sind, steht ja in den Büchern Mose im Alten Testament. Überhaupt ist das der einzige Sinn für ein Staatsgebilde: 
“Sie [die Obrigkeit] ist Gottes Dienerin, zu deinem Besten. Tust du aber Böses, so fürchte dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; Gottes Dienerin ist sie, eine Rächerin zum Zorngericht an dem, der das Böse tut.” (Röm. 13,4). 
Vollzieht ein Staat kein angemessenes Strafgericht mehr an Verbrechern, so hat er seine Daseinsberechtigung verspielt und wird über kurz oder lang untergehen. 
Das Militär dient heute eigentlich nur den Herrschenden. Ich bin überzeugt, man könnte ein Land genauso gut gegen äußere Aggressoren verteidigen, wenn man eine Art zivile Verteidigung aufbauen würde, die auf Abruf bereitsteht. Solch eine Armee hat die Schweiz und dort funktioniert das doch ganz hervorragend.
Aber das ist ja gar nicht gewollt, sondern es geht um Ausdehnung des eigenen Machtbereichs. Und heute geht es darum, Weltpolizei zu spielen und eine neue Art der Gründung von Kolonien – also um Kolonialismus. Für mich war das nur ein Grund mehr, nicht zur Bundeswehr zu gehen. 

Deshalb entschloss ich mich, den Kriegsdienst an der Waffe zu verweigern und stattdessen Zivildienst abzuleisten. Wollte man aber Zivildienst anstelle des Militärdienstes absolvieren, musste man zu meiner Zeit (1981/82) noch eine Gewissensprüfung bestehen. Daher besuchte ich einen Vorbereitungskurs auf diese Prüfung. Fast alle Kriegsdienstverweigerer ließ man durch die erste Gewissensprüfung durchfallen, weil man einfach sehen wollte, ob es jemandem ernst war mit der Verweigerung des Kriegsdienstes. Und mir war es ernst. Ich wurde also zunächst abgelehnt, legte Berufung ein und wurde dann anerkannt.

Meinen Zivildienst leistete ich in dem oben erwähnten christlichen Altersheim ab. Ich spürte einfach, dass ich es dort tun sollte. Da ich dort zum Glauben gekommen war, waren auch meine Glaubensgrundlagen dort gelegt worden – inklusive der Irrlehre, die mich fast mein ewiges Leben gekostet hatte. Daher führte Gott mich wieder in ihr Haus. So konnte ich sozusagen aus nächster Nähe sehen, was dort vor sich ging und meine eigenen Glaubensfundamente wurden dabei aufgearbeitet.

Ich durchlief drei verschiedene Arbeitszweige bei Ihnen: zuerst war ich Abwäscher und -trockner vom Dienst in ihrer Küche. Meist war ich auch das einzige männliche Wesen dort. Danach half ich in ihrer Werkstatt aus. Dort war ich der Junge für alle Nebenbeschäftigungen und vor allem fürs Fegen der im Herbst abgefallenen Blätter. Danach wurde ich in den Pflegebereich gesteckt.

Ich pflegte nur einen einzigen alten Mann, mit dem ich mich angefreundet hatte. Wir beteten jeden Tag gemeinsam während meiner Mittagspause. Später erlitt er einen Schlaganfall und brauchte jemanden, der ihn gut kannte bzw. den er kannte. Mich akzeptierte er als Pfleger. Ich selbst war froh, dass ich so viel Zeit mit ihm verbringen konnte. Ich las ihm aus der Bibel vor, machte Spaziergänge mit ihm und versuchte die Auswirkungen seines Schlags zu mildern. Nach einer gewissen Zeit konnte er schon wieder etwas besser gehen. Außerdem durfte ich einen der VW-Busse des Hauses benutzen und machte Spazierfahrten mit ihm. Der Chef des Hauses hatte erklärt, dass ich ein fleißiger und vertrauenswürdiger junger Mann wäre, und so war ich buchstäblich bevorrechtigt, was ich natürlich sehr genoss.

Mein alter Freund machte mich mit einer alten Dame und ihrer Tochter bekannt, die im Ort nahe des Altersheims wohnten. Wir besuchten sie öfter einmal. Sie beteten sehr viel und waren unglaublich freundlich und liebevoll. Mit ihnen zusammen zu sein war immer etwas ganz Besonderes für mich.
Wir aßen zuerst gemeinsam Abendbrot, sangen dann etwas und beteten danach zu Gott. Dabei war es jedes Mal, als wenn sich der Himmel öffnen und Gott Sturzbäche von Seinem Geist auf uns herabgießen würde. Sie hatten auch Visionen und ich bekam von Zeit zu Zeit auch mal etwas von Gott gezeigt.
Alle Probleme, die ich mit den Leuten im Altersheim und besonders mit ihrer seltsamen, "charismatischen" Sonderlehre hatte, konnte ich hier ausbreiten. Die beiden Damen hörten sich alles geduldig an und trugen es dann buchstäblich im Gebet zu Gott hinauf. Und immer ging ich erfrischt und erleichtert zurück. Gott hatte uns erhört und sich der Probleme angenommen. Das ist wörtlich gemeint; denn wenn auch die Zustände in diesem „Missionswerk“ sich nicht änderten, so änderte ich mich mehr und mehr. Ich konnte es ertragen, verstand vieles besser und wuchs regelrecht aus allem heraus.

Auf dem ganzen Gelände gab es weder Radio noch Fernseher. Ich vermisste sie auch gar nicht. Mein Hunger nach Gottes Wort war sehr groß. Jeden Morgen und jeden Abend wurde vom Chef des Hauses aus der Bibel vorgelesen und in seiner ganz eigentümlichen Art und Weise ausgelegt. Morgens wurden diese Predigten per Lautsprecher in allen Räumen verbreitet, was nicht nur die Alten dieses Heims nutzten, sondern auch ich; denn die Küche hatte auch solch einen Lautsprecher abbekommen. Ich nutzte jede Gelegenheit, um in der Nähe eines solchen Lautsprechers in der Küche zu arbeiten und so viel wie möglich mitzubekommen.
Abends konnte man die Andacht persönlich besuchen. Dann war ich natürlich anwesend und „verschlang“ die Bibellehre. Auch wenn diese vorhin beschriebene Irrlehre gelehrt wurde, so waren doch die Bibel-Lehrstunden mir kostbar und ich habe dort vieles Richtige aus dem Alten Testament gelernt. Hier wurde mir dieser Bibelteil nahegebracht und ich fing endlich an, auch mehr im vorderen Teil der Bibel zu lesen.

Jedes zweite Wochenende konnte ich umsonst mit der Eisenbahn in meine Heimatstadt fahren und dort meine Gemeinde besuchen. Ich freute mich immer riesig darauf, weil Gott mich in diese Gemeinde geführt hatte. Es war im wahrsten Sinne des Wortes meine Heimatgemeinde. Dort war ich geistlich zu Hause.

Zum Ende meines Zivildienstes hin betete ich sehr viel darum, dass Gott mir die nächsten Schritte zeigen möge. Ich selbst wollte aufs Missionsfeld. Doch so ist das eigentlich immer mit jungen Christen: sie greifen nach den Sternen und wollen groß herauskommen. Nicht umsonst muss Paulus ermahnen: „Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den Niedrigen; haltet euch nicht selbst für klug!“ (Röm. 12,16).

  1. Studium

Immer deutlicher wurde mir von oben gesagt, dass ich in meine Heimatstadt zurückkehren, in meiner Heimatgemeinde mitarbeiten und an der Universität Lehramt studieren sollte. Das passte mir gar nicht; denn schon als Jugendlicher wollte ich niemals Lehrer werden. Doch ich hatte mich nun einmal dazu entschlossen, Gott zu gehorchen und so begann ich ein Studium zum Grund- und Hauptschullehrer in meiner Heimatstadt. Gott hatte mich dabei auch deutlich in den Einzelheiten geführt.

Ein junger Glaubensbruder aus meiner Gemeinde hatte sich eine 2-Zimmer-Wohnung in der Stadt genommen, die ihm eigentlich zu groß und zu teuer war. Da wir uns gut verstanden, lud er mich ein, eines der beiden Zimmer als Untermieter zu beziehen und von zu Hause auszuziehen. So verließ ich mein Elternhaus und kehrte von da ab nur noch als Gast zu ihnen zurück. Dennoch unterstützten meine Eltern mich finanziell, weil ich nichts besaß. Sonst hätte ich auch nicht studieren können oder dafür Geld vom Staat (BaföG) nehmen müssen.

Da ich zu diesem Studium berufen war, half Gott mir auch, die vielen negativen und unbiblischen Einflüsse zu erkennen, die einem im Studium begegnen. Ein Buch öffnete mir besonders die Augen: "Menschenskinder" von Eberhard Mühlan. Darin zeigt er ganz richtig, dass die Bildung auf unseren Hochschulen auf dem Humanismus basiert. Diese Lehre meint, das Herz des Menschen wäre gut und nur durch schlechte Umwelteinflüsse könnte jemand überhaupt etwas Böses tun.
Die Bibel sagt genau das Gegenteil: Das Herz des Menschen ist von Grund auf böse. Es muss zunächst von Jesus erlöst werden, bevor überhaupt irgend etwas Gutes daraus hervorgehen kann. Alle guten Werke, die wir heute meinen zu tun, sind durch unseren Herzenszustand beschmutzt und können dadurch auch nicht zu etwas Gutem werden. Kein Wunder also, dass wir Menschen unsere Probleme nicht in den Griff bekommen.

Besonders deutlich merkte ich diese Irrlehre (Humanismus) in den Vorlesungen eines Pädagogik-Professors, der von sich selbst behauptete Christ zu sein. Er schwärmte für Wilhelm von Humboldt und seine Ansichten, dass man sich "mit so viel Welt als möglich" verbinden solle. Das wäre der Sinn des Lebens. In Vorlesungen und Seminaren wiederholte er diese Thesen immer wieder.
Wie ein Goliath erhob sich die hässliche Fratze des Humanismus vor mir. Ich wurde immer wütender darüber, dass dieses Gewäsch so unwidersprochen öffentlich als Wahrheit hingestellt wurde, bis ich in einer seiner Vorlesungen die Hand hob, um etwas zu sagen. Er nahm mich auch tatsächlich dran. Ich sagte, dass es nicht richtig sei, dass wir uns mit dieser Welt und allem, was sie so für richtig und wichtig hält, verbinden. Stattdessen zitierte ich die Bibel, die dazu sagt: "Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Denn alles, was in der Welt ist, nämlich des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit." (1. Joh. 2,15-17).
Es brach ein Sturm der Entrüstung unter den Studenten los. Ein richtiger Tumult erhob sich und das Geschrei war groß. Ich selbst fühlte mich wie David, als er Goliath mit einem Stein zur Strecke gebracht hatte. Genau das war in der geistlichen Welt auch geschehen: Mein "Stein" war das öffentlich ausgesprochene Bibelzitat und "Goliath" war der Humanismus, dessen letztes Stündchen geschlagen hatte. Fortan gab es Freiheit an der Hochschule, mit anderen über Jesus zu reden.

Eine der Studentinnen drehte sich mit bewunderndem Blick zu mir um. Sie war die Leiterin der so genannten "Christen an der Hochschule". Von diesem Augenblick an verstanden wir uns gut und arbeiteten zusammen - so lange wir beide an der Hochschule waren.

Ich nutzte die neu gewonnene Freiheit und redete in Seminaren, in der Mensa und wo ich konnte mit Studenten und Professoren über Jesus und bezeugte alles, was ich so mit ihm erlebt hatte oder was Jesus an den Menschen meiner Gemeinde gerade tat. Einer der Psychologie-Professoren war ein echter Christ und gab öffentlich die frohe Botschaft von Jesus weiter. Eine Handvoll seiner Kommilitonen entschloss sich am Ende doch, ihr Leben mit Gott in Ordnung zu bringen (Bekehrung) und in Zukunft mit ihm zu leben. Diese geringe Zahl war für mich sehr enttäuschend.

Heute bin ich froh darüber, dass in einem gottlosen Land wie Deutschland überhaupt noch ein paar Menschen zu Ihm gefunden haben. Außerdem gab es zu allen Zeiten immer schon unter den Gebildeten die wenigsten, die mit Gott Frieden geschlossen haben (1. Kor. 1,26-27). Ich bin also sehr dankbar, dass überhaupt einige "Akademiker" damals Jesus gefunden haben.

Eine Frau in meiner damaligen Gemeinde, die nichts von all dem wusste, hatte einmal ein treffendes Bild für mich: Sie sah mich mit einer Spitzhacke auf einem Granitberg. Mit der Kraft der Verzweiflung schlug ich auf den Berg ein, bis ich am Ende einige wenige Edelsteine fand. Kann man es noch besser fassen?
Dennoch gebührt alle Ehre Gott. Er allein kann Menschen erretten und heilen. Ich kann nur auf Ihn und Seine Kraft hinweisen. Und war nicht auch Er es, der solch ein brennendes Verlangen in mich hineingelegt hatte, dass andere Menschen Errettung finden sollten? Ich hatte das nicht aus mir selbst hervorgebracht. Gott tut das und sonst keiner. Daher sollen wir auch Ihm danken und nicht versuchen uns selbst ins „rechte Licht“ zu rücken.