Der Strom Gottes

 

  1. Den Strom Gottes verloren

Nachdem ein Prediger einer Kirche der Gemeinschaftsbewegung in Neuseeland mir und seiner Gemeinde deutlich empfohlen hatte, mit dem Strom zu schwimmen (“go with the flow”), entwickelte ich schon einen regelrechten Hass auf diese Redensart. Er meinte nämlich den religiösen Strom unserer Zeit. Er unterscheidet sich inhaltlich in nichts vom Strom der Welt und ist – da bin ich mir sicher – Gott ein Gräuel. Wer ihm folgt, wird ein Feind Gottes sein (Jak. 4,4).

Es ist nicht lange her, da empfahl mir ein anderer Christ genau dasselbe. Er meinte dabei aber, dass wir mit dem Strom des Heiligen Geistes schwimmen sollten. Den gibt es auch. Ich erinnerte mich, dass Dutch Sheets in seinem Buch „Der Strom Gottes“ davon geschrieben hatte. Ich weiß noch, wie eifersüchtig ich beim Lesen dieses Buches auf ihn war. Wieso hatte der Mann es gefunden und ich nicht?

Innerlich suche ich seit Jahrzehnten nach diesem Strom Gottes. Verloren hatte ich ihn am Anfang meiner Zeit als Christ; denn damals erlebten wir eine Erweckung in meiner Heimatstadt und Gott goss sehr viel von Seinem Heiligen Geist aus. Viele Menschen kehrten sich zu Jesus und folgten Ihm nach. Als das zerbrach, war es auch nur noch eine Frage der Zeit, bis ich gehen musste; denn ich suchte und suche den Strom Gottes und nicht Anerkennung von Menschen.

In den Missionspartnerkonferenzen mit Reinhard Bonnke erlebte ich diesen Strom Gottes ebenfalls. Der Heilige Geist floss in Strömen „lebendigen Wassers“ von diesem Mann, wenn er predigte und Menschen zu Jesus rief. Sozusagen als Begleiteffekt geschahen viele Heilungen und alle Arten von Wundern. Auch das Wunder aller Wunder erlebten wir dann immer wieder, nämlich dass Menschen ihren Stolz aufgeben und sich Jesus zuwenden, um Ihm nachzufolgen. Doch ich durfte nicht Teil des Missionswerks dieses Evangelisten sein, also musste ich mich zunächst mit dem begnügen, was ich hatte. Das stellte mich aber nicht zufrieden. Wer einmal die Kraft Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt erlebt hat, der gibt sich mit nichts Geringerem zufrieden oder fällt ganz vom Glauben ab und suhlt sich wieder in der Sünde.

Als wir als Familie aus Norddeutschland wegzogen, verlor ich selbst dieses Durchströmtwerden mit dem Geist Gottes in Bonnkes Konferenzen. Keine Evangelisationsveranstaltungen mehr – ein herber Verlust für mich. Wieder war ich auf der Suche, wobei in mir die Fragen brannten: Wo wirkt Gott? Wo zeigt und offenbart Er sich? Was ist ihm ein Herzensanliegen? Welche Bewegung ist von Ihm initiiert und bestätigt? Es kann doch nicht nur die Verkündigung des Evangeliums sein, weil man sich nur einmal bekehrt und dann in Gemeinden oder Kirchen sein geistliches Leben fristen muss, die geistlich entweder völlig tot sind, oder in denen nur noch ein sehr dünnes Rinnsal des Stromes Gottes auszumachen ist. Gott kann da einfach nicht wirken wie Er will, weil zu viele Menschen Ihm im Weg stehen. Sie reißen alles an sich und ziehen es auf eine psychologische, menschliche Ebene herab, so dass Gott sich zurückzieht.

Wie gut kann ich die Christen verstehen, die von Konferenz zu Konferenz eilen, um jedenfalls ein wenig mehr von Gottes Geist zu erleben; denn auf Konferenzen und bei Evangelisationen teilt Gott bekanntermaßen mehr von sich aus. Dennoch ist das keine Lösung, sondern ein Missstand, über den viele Prediger sich lustig machen, anstatt zu begreifen, dass dahinter ein großer geistlicher Hunger steht, den weder ihre Gemeinde, noch irgendeine andere stillen kann. Wir Menschen sind nicht zufrieden, bevor wir in der Fülle Gottes leben können. So sind wir nun einmal gebaut, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht.

 

  1. Gott gebraucht Menschen

Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied in Gottes Handeln mit uns Menschen im Alten und Neuen Testament – also vor Jesus bzw. nach Jesus. Gott bietet uns heute einen anderen Bund an, als er im Alten Testament dem Volk Gottes angeboten hat.

Seit Anfang der Menschheitsgeschichte sucht sich Gott einzelne Menschen heraus, denen Er Aufträge erteilt und durch die Er sich in besonderer Weise offenbart. Das hat sich im Neuen Testament grundlegend geändert. Hier haben alle Mitglieder der weltweiten Gemeinde Jesu (also alle echten Christen) Gaben und Fähigkeiten von Gott bekommen bzw. erhalten sie nach Bedarf, um sie an andere Christen weiterzuleiten.

Nach Adams Fall war es zunächst sein Enkel Enosch (= sterblicher, hinfälliger Mensch), der anfing Gott anzurufen (1. Mose 4,26). Fünf Generationen später erwählte Gott Henoch (= Einweihung), durch den Gott die Gottlosigkeit der damaligen Menschen verdammte (Judas 14-15) und den Er dann lebendig zu sich selbst entrückte (1. Mose 5,24). Noah (= Trost, Ruhe) erhielt den Auftrag zum Bau einer Arche, durch die er und seine Familie als einzige aus der gesamten Menschheit errettet wurden (1. Mose 6-9). Mit diesem Mann schließt Gott das erste Mal nach Adam wieder einen Bund (1. Mose 9,1-17). Nach Noahs Tod beruft Gott Abram (1. Mose 12), den Er später in Abraham (= Vater vieler Völker) umbenennt. Die ganze Urgeschichte bis Abraham erscheint dadurch wie eine Einleitung. Nicht umsonst wird sie in der Bibel auch in elf kurzen Kapiteln abgehandelt, wobei viel davon noch aus Geschlechtsregistern besteht. Besonders Abrahams Enkel Joseph sticht hier hervor. Durch ihn macht Gott sich den Ägyptern und aller Welt bekannt; denn Joseph wird zum Herrscher über diese Supermacht und rettet durch seinen Gehorsam gegen Gott die Menschheit vor der Hungersnot seiner Zeit – einschließlich seiner eigenen Verwandtschaft, die ansonsten ebenfalls verhungert wäre. Dementsprechend wird Josephs Geschichte in 13 langen Kapiteln ausgebreitet und bildet den gesamten letzten Teil des 1. Buches Mose (Genesis).

Aus der Familie Abrahams (via Isaak und Jakob) ging das Volk Israel hervor, das Gottes Auftrag auf Erden ausführen sollte (5. Mose 7,6-8). Dazu schickte Gott ihnen Mose und Aaron, um sie aus der Sklaverei in Ägypten zu erlösen (2. Mose 2 ff.). Gott begegnete Mose persönlich in einem brennenden Busch (2. Mose 3) und legte eine „Salbung“ (= Ausrüstung mit dem Heiligen Geist zum Dienst) für das ganze Volk Israel auf diesen Mann. Später verteilte Gott den Geist, der auf Mose lag, auch noch auf 70 Älteste in Israel, die mit Mose zusammen die Last tragen sollten, dieses halsstarrige Volk zu führen (4. Mose 11,16-17). Dieser „Geist“ ist die Beauftragung und Ausrüstung für einen bestimmten Dienst.

Bei Mose fällt immer wieder auf, dass Gott sich selbst dann zu diesem Mann stellte, wenn er Fehler beging oder den Unmut einiger oder sogar aller seiner Volksgenossen hervorrief. Als Mose eine äthiopische Frau heiratete und Miriam und Aaron dagegen aufbegehrten, war Miriam anschließend eine Woche lang aussätzig und das ganze Volk musste warten, bis sie wieder ins Lager kommen konnte. Dabei ging Gott gar nicht darauf ein, ob Miriam und Aaron Recht hatten mit ihrer Beschwerde, sondern bestrafte ihr Aufbegehren gegen einen Seiner speziell ausgerüsteten Knechte – in diesem Falle Mose (4. Mose 12).

Als Korah, Dathan und Abiram – im Verbund mit 250 leitenden Männern Israels – der Meinung waren, dass Mose und Aaron sich eine zu hohe Stellung angemaßt hätten, versuchte Mose sie zu warnen, dass sie als Leviten nicht berechtigt wären, auch noch das Priesteramt zu begehren. Sie aber waren der festen Überzeugung, dass sie die Auserwählten Gottes kritisieren dürften. Sie wurden bei lebendigem Leib vom Erdboden verschlungen. Und die 250 Männer, die ihnen gefolgt waren, wurden vom Feuer Gottes verzehrt (4. Mose 16).

Die nächste Generation in Israel rebellierte nicht gegen die Anordnungen ihres von Gott ausgerüsteten und bestätigten Führers Josua, so dass das Volk das Land Kanaan einnehmen konnte (s. Buch Josua). Das Volk Gottes gehorchte, aber folgte nur äußerlich: „Und das Volk diente dem HERRN, solange Josua lebte und solange die Ältesten da waren, die Josua überlebten, welche alle die großen Werke des HERRN gesehen hatten, die er an Israel getan hatte. [...] eine andere Generation [kam] nach ihnen auf, die den HERRN nicht kannte noch die Werke, die er an Israel getan hatte. Da taten die Kinder Israels, was böse war in den Augen des HERRN, und sie dienten den Baalen; … .“ (Richter 2,7-11).

In der Richterzeit berief Gott einzelne Männer und benutzt sie, um Sein Volk immer und immer wieder aus Notlagen herauszuholen. Solange der jeweilige Richter lebte, folgte das Volk Israel ihm, danach aber zeigten sie wieder, dass sie nichts aus allem gelernt hatten und fielen von Gott ab. Am Ende herrschten solch katastrophale Zustände in Israel, dass jeder nur noch seinen eigenen Weg ging und tat, was er für richtig hielt und fast einer ihrer Stämme ausgelöscht wurde – nämlich der Stamm Benjamin (s. Buch Richter).

Dem letzten von Gott erwählten Richter Samuel folgte das Volk auch nur eine Zeitlang, bis sie Gott als König über sich verwarfen und einen Menschen als König über sich begehrten. Wieder hatten sie mit ihrem Handeln den Auserwählten Gottes verworfen und damit Gott selbst (1. Samuel 8,7-8).

Nach der langen und fast ausschließlich traurigen Zeit der Könige Israels folgte die Wegführung in die babylonische Gefangenschaft. 70 Jahre waren über das Südreich verhängt (2. Chronik 36,21; Jer. 25,11). Die Rückkehrer fügten sich ihren von Gott eingesetzten Leitern Serubbabel, Josua, Esra und Nehemia, sowie den von Gott gesandten Propheten Haggai und Sacharja und wurden von Gott gesegnet (Bücher Esra, Nehemia, Haggai, Sacharja). Allen anderen Propheten folgte das Volk Israel nicht.

Und dann kam Jesus von Nazareth, geboren in Bethlehem – die zweite Person des allmächtigen, dreieinigen Gottes. Treffend fasste Stephanus das Verhalten des Volkes Israel seinem Gott gegenüber zusammen, als er ihnen vorwarf (Apg. 7,51-52):

Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist; wie eure Väter, so auch ihr! Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben die getötet, die vorher das Kommen des Gerechten ankündigten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid.“

Der Wunsch des Volkes Israel - „Sein [Jesu] Blut komme über uns und über unsere Kinder!“ (Mt. 27,25) war Gott Befehl. Bis auf den heutigen Tag wird dieses Volk grausam bedrängt, unterdrückt, verfolgt und getötet. Sie widerstehen weiterhin Gott und wollen weder seinem Sohn, noch seinen Aposteln folgen.

 

  1. Im Neuen Testament gibt es keine „Ein-Mann-Show“ mehr

Dieses grundsätzliche Prinzip Gottes, dass Er einzelne auserwählt, die von Ihm in besonderer Weise ausgerüstet werden, um allen anderen etwas zu offenbaren und sie auf Gottes Wegen zu führen, hat sich im Neuen Testament geändert. Wir haben alle das allgemeine Priestertum und sind alle aufgerufen, den anderen zu dienen und Menschen für das Reich Gottes zu gewinnen. Auch unser Auftrag zur gemeinsamen Weltmission (Mt. 28,18-20) wurde bisher noch nicht von Gott widerrufen.

Manche benutzt Gott, um spezielle Aufgaben zu erfüllen. Die Apostel des Herrn Jesu waren da nur der Beginn. Als Beispiele aus der Kirchengeschichte möchte ich nur die Reformatoren (Martin Luther, Johannes Calvin, John Knox usw.) nennen. Auch Scofield und seine Studiengruppe hatten einen klaren Lehrauftrag von Gott und haben das moderne Christentum mit Recht umgekrempelt, so dass wir die Wahrheit des Dispensationalismus wieder erkennen können. Von den vielen, vielen Erweckungspredigern und Evangelisten (den erfolgreichsten Evangelisten aller Zeiten habe ich schon weiter oben bereits erwähnt), will ich hier gar nicht reden. Sie alle waren bzw. sind noch von Gott für spezielle Zwecke beauftragt und ausgerüstet und wir Christen taten und tun gut daran zu erkennen, was Gott uns durch sie zeigen und geben wollte und will. Dennoch dürfen wir niemals außer Acht lassen, dass heute alle echten Christen mit dem Geist Gottes ausgerüstet sind und die Zeiten vorbei sind, in denen wir uns an einzelnen, besonderen Dienern Gottes ausrichten sollen.

Natürlich dürfen und sollen wir in verschiedenen Punkten anderer Meinung sein, als unsere Mit-Christen. Auch sie sind doch nur Menschen und begehen Fehler – auch in lehrmäßiger Hinsicht. Dennoch müssen wir spezielle Ausrüstungen und Offenbarungen Gottes einzelner Christen anerkennen, durch die Gott uns führen und erleuchten möchte. Wir müssen viel mehr um uns schauen und die Menschen finden, die Gott für spezielle Aufgaben ausgestattet und bestätigt hat. Und hier kommt der Strom Gottes wieder ins Spiel. Es kommt wesentlich darauf an, dass, wie Windsurfer auf den Wellen reiten, so auch wir auf dem Strom des Heiligen Geistes „reiten“. Dazu müssen wir ihn natürlich erst einmal finden. Die erkenntnisleitende Frage sollte lauten: Wer hat von Gott zu einem bestimmten Thema etwas offenbart bekommen und teilt uns das z.B. in Form eines Buches mit? Es ist schwer aus dem „Heuhaufen“ aller geschriebenen Bücher gerade die „Nadel“ zu finden, in der Gott sich tatsächlich jemandem offenbart hat, um uns über ein bestimmtes Thema zu unterrichten und zu erleuchten. Aber es ist möglich, wenn man sich von Gott leiten lässt. Daher haben wir auch weiterhin keine Entschuldigung, wenn wir uns alles sehr einfach machen und uns an einen einzelnen Menschen hängen und seine Erkenntnisse als der Weisheit letzten Schluss akzeptieren. So leicht hat Gott es uns nicht gemacht.

Wir werden durch die vielen Schwätzer unter uns verwirrt. Es gibt auch viel zu viele Kritiker, die es angeblich besser wissen, als andere, damit aber nur verdecken, dass Gott sie selbst für nichts gebrauchen kann. Insbesondere die charismatische Bewegung hat einen geistlichen Kahlschlag hinterlassen, der seinesgleichen sucht. Es ist an der Zeit, dass wir erkennen, von welchen Mächten diese Gemeinden, Kirchen und einzelnen “Christen“ in dieser Bewegung wirklich geführt werden. Das darf uns aber trotzdem nicht davon abhalten, den wahren Strom Gottes zu suchen und zu finden.

Wenn Bonnke und andere predigen, dann gießt Gott zwar viel von seinem Geist aus, aber danach werden diese armen, jungen Christen in Gemeinden und Kirchen vermittelt, in denen sie ein stark ausgebremstes geistliches Leben fristen müssen. Was wir bräuchten wäre eine Wiederherstellung der neutestamentlichen Urgemeinde.

 

  1. Baut Gott seine neutestamentliche Gemeinde heute wieder auf?

Nach einer Odyssee durch viele Gemeinden, Bewegungen, Denominationen und „christliche“ Schulen war ich zu dem Schluss gekommen, dass Gott offensichtlich die Erde verlassen hatte. Einzelne Projekte wie das von Reinhard Bonnke (und seinem Nachfolger Daniel Kolenda) in Afrika schienen mir eine Ausnahme zu sein – eine Ausnahme, der ich mich leider nicht anschließen durfte. In dieser verzweifelten Situation wurde mir von rührigen Christen ein Buch vorgestellt, das mit den Unsitten in der Christenheit radikal aufräumt. Geschrieben von George Barna und Frank Viola lässt das Buch „Heidnisches Christentum“ kein gutes Haar an irgendeiner von den heute als selbstverständlich geltenden Traditionen aller Gemeinden und Kirchen – zumindest aller, von denen ich gehört und die ich erlebt habe. Interessiert las ich auch die folgenden Bücher von Frank Viola, in denen er von der „organischen Gemeindebewegung“ schreibt.

Viola entwirft ein grandioses Bild einer Bewegung neutestamentlicher Gemeinden, was nichts Geringeres als die Wiederherstellung der Urgemeinde darstellen sollte. Ich war natürlich zunächst sehr skeptisch, dann aber restlos begeistert – im wahrsten Sinne des Wortes. Das packte mich. Gab es so etwas wirklich? Dann wollte ich auf jeden Fall Teil dessen werden. Ich muss einfach dort sein, wo Gott wirklich wirkt.

Aber wie sollte man eine solche Gemeinschaft finden? Ich schrieb Frank Viola, bekam aber natürlich keine Antwort. Wieso auch? Ich bin doch viel zu unwichtig und unbedeutend. Das machte mir aber nicht allzu viel aus, weil wir zwar von einzelnen, von Gott beauftragten Menschen Anleitung und Ausrichtung erfahren können, aber Gott sich immer die entscheidenden Dinge vorbehält, damit wir uns niemals an Menschen klammern und uns von ihnen abhängig machen. Ich gab also nicht auf und betete intensiv darum, solchen Menschen zu begegnen.

Dann zogen wir in eine andere Gegend und ein Bekannter hörte sich meine Vorstellungen und Wünsche an. Er kannte auch tatsächlich jemanden, der zu solch einer Gemeinschaft ging. Jedenfalls meinte er, dass es sich dabei um so etwas handeln würde. Mein Herz hüpfte vor Freude. Leider dauerte es noch etliche Wochen, weil dieser Mensch in den Süden Neuseelands gezogen war, ohne echte Spuren zu hinterlassen. Nicht einmal seine direkten Nachbarn wusste davon. Dann aber erinnerte sich mein Bekannter daran, dass jemand aus dieser Gruppe einen Frisiersalon in einer nahen Stadt hat, den wir in den „Gelben Seiten“ fanden. Ich rief ihn also an und bekam von ihm die Adresse eines Ehepaars, das ganz in unserer Nähe wohnte. Außerdem fiel mir seine Herzlichkeit und Freude auf, die ansteckend war. Dann nahm ich Kontakt zu dem Ehepaar auf, das uns als Familie besuchte.

Das Paar führt eine kleine Farm mit einigen Milchkühen und Kälbern. Außerdem spalten und verkaufen sie Holz, um sich finanziell über Wasser halten zu können. Am folgenden Wochenende war mir sonnenklar, dass ich schon früh am Montag Morgen dort vorbeifahren sollte, um ihm bei seiner Arbeit zu helfen. Er arbeitet zwar 4 Tage pro Woche auf einer anderen Farm, aber ich traf ihn trotzdem noch an und sah zu, wie seine Kühe von den doch schon recht großen Kälbern Milch saugten. Es regnete, was mir aber gar nichts ausmachte. Ich war auf der richtigen Spur und spürte, dass Gott mich dort haben wollte. Jeden Morgen kam ich von da an wieder. Schließlich durfte ich anfangen zwei seiner Kühe mit Hand zu melken und die Milch mit nach Hause zu nehmen. Dadurch hatte meine Familie jeden Tag genügend Milch zur Verfügung und wir sparten viel Geld ein. Immer wieder half ich ihm auch bei der Holzverarbeitung und anderen anfallenden Arbeiten auf seiner kleinen Farm. Dadurch hatte ich Arbeit, auch wenn ich dafür kein Geld bekam. Aber das ist ja auch gar nicht so wichtig. Wir Christen übertreiben es mit dem Geldverdienen. Wichtig ist allein, dass wir tun, was Gott von uns will. Die Versorgung sollten wir Kleingläubigen Ihm überlassen.

Im Herbst bekamen wir eine Menge von seinen Früchten; denn er hat auch einen kleinen Obstgarten. Dadurch konnten wir bereits eine Menge Früchte essen und als Marmelade einmachen. Die brauchten wir auch schon mal nicht mehr zu kaufen. Inzwischen hatten wir Freundschaft geschlossen und genossen es, jeden Morgen beim Füttern seiner Kälber und beim Melken zusehen zu können. Außerdem kamen drei meiner Kinder recht oft morgens mit. Der älteste half Holz zu spalten und die beiden jüngeren halfen beim Melken. So etwas zu erleben ist sehr wertvoll für Kinder.

 

  1. Eine neutestamentliche Gemeinde gefunden?

Jetzt dachte ich, dass ich eine echte neutestamentliche Gemeinde gefunden hätte. Jeden Sonntag nahm mein neuer Freund mich mit zu seiner Gemeindeversammlung. Gleich beim ersten Mal merkte ich, dass Gott mich ganz offensichtlich hier haben wollte. Zuerst war ich begeistert. Gleich in der ersten Versammlung wurde ich auch ermutigt, selbst etwas beizutragen, was ich dann auch noch etwas schüchtern tat. Es wurde wohlwollend aufgenommen.

Es ist sehr schade, dass diese Gemeinschaft der Lehre von Watchman Nee und seinem Mitarbeiter Witness Lee genauestens folgt. Hier stießen mir viele calvinistische Lehren unangenehm auf, z.B. die des „einmal errettet – immer errettet“. Dass bedeutet, dass diese Leute der Meinung sind, wenn man sich einmal zu Jesus gekehrt hat und an ihn gläubig geworden ist, dann kann man zwar wieder von Ihm abfallen, aber wird am Ende doch errettet sein und in den Himmel eingehen – auf jeden Fall. Dazu haben Watchman Nee und Witness Lee eine Variation der katholischen Fegefeuerlehre erfunden, die vorsieht, dass von Jesus abgefallene Christen während des Millenniums für 1000 Jahre an einen „dunklen Ort“ kommen, an dem sie mit den Zähnen knirschen werden. Danach werden sie angeblich von Gott errettet und in den Himmel aufgenommen. Das war mir ein Dorn im Auge und ich drückte es ihnen gegenüber auch aus. Erstaunlicherweise reagierte keiner von ihnen beleidigt oder wollte danach nichts mehr von mir wissen. Sie akzeptierten, dass ich anderer Meinung bin und bemühten sich, die „Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens“ aufrechtzuerhalten. Dennoch ließen sie nicht ab von diesen falschen Lehren, selbst wenn man ihnen Stellen aus dem Wort Gottes, die direkt dagegen sprechen, vorlas.

Schließlich fand ich heraus, dass Watchman Nees Großvater Calvinist war. Watcham Nee und Witness Lee haben die katholische Fegefeuerlehre etwas variiert, aber nicht gänzlich aufgeben wollen. Das ist doppelt schlimm. Einerseits setzen beide damit andere Menschen auf unbiblische Weise unter Druck, um bestimmte äußere Handlungen von ihnen zu erzwingen. Diese Lehre ist dazu da, andere Menschen zu kontrollieren und zu beherrschen, indem man sie in Angst und Schrecken versetzt. Gleichzeitig hebt sie die Schrecknisse der Hölle bzw. des Feuersees auf, in den alle kommen werden, die Gott nicht gehorchen wollen und Seine Bündnisbedingungen lebenslang ablehnen. Diese Lehre leugnet die Absolutheit und Ernsthaftigkeit des Gerichts Gottes und versucht es zugunsten von Menschen aufzuweichen, die partout nicht auf Gottes Linie einschwenken wollen.

Darüber kann auch nicht die Freundlichkeit solcher Menschen hinwegtäuschen. Diese Gemeinde lud mich auf eine Konferenz in einer der neuseeländischen Städte ein. Sie bezahlten mir die Konferenzgebühr und nahmen mich unentgeltlich im Auto mit. Ich selbst hätte das Geld dafür auch gar nicht zur Verfügung gehabt.

Auf ihrer Konferenz hatte ich mehrere Offenbarungen von Gott. Er zeigte mir sehr klar, dass diese Bewegung ursprünglich von Ihm selbst begonnen wurde. Watchman Nee war ein auserwähltes Werkzeug, mit dem Gott die Urgemeinde in unserer Zeit wiederherstellen wollte – allerdings war dieser Mann nur eines von vielen Werkzeugen Gottes für diesen Zweck. Jahrzehnte, bevor irgendjemand aus dem christlichen Westen überhaupt etwas davon sehen oder verstehen konnte, hatte Watchman Nee einen wichtigen Teil der Offenbarung bekommen, wie Gott Seine Gemeinde in unserer Zeit wiederherstellen will. Das entschuldigt jedoch nicht die Erhebung dieses Mannes in den Status eines Gottes und seine offensichtliche Zustimmung zu diesem ungöttlichen Akt seiner Nachfolger.

Der Konferenzraum war voller Christen aus Asien. Nur etwa ein Drittel waren Nachfahren von Eltern aus westlichen Ländern. Mir schien, dass Gott im Westen einfach kaum jemanden finden konnte, der bereit war, Seine Offenbarung zu akzeptieren und auszuführen bzw. dass das sogenannte christliche Abendland wohl auf dem absteigenden Ast und von Gott abgefallen ist. Also wandte Er sich Asien zu und erwählte u.a. Watchman Nee dafür. Seine Bücher erregten auch im Westen mit Recht großes Aufsehen. Auch wandte Gott sich wohl Asien zu, weil es der bevölkerungsreichste Erdteil ist. Und Gott möchte nun einmal, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Ein weiterer Grund mag die geistliche Leere und der damit einhergehende enorme Hunger dieser Menschen unter kommunistischen Regierungen sein. Mit ihrem ganzen Wesen schreien sie förmlich nach Gott und Seiner Kraft.

Der Konferenzraum war erfüllt von einer Art Aufbruchstimmung. Ihre Botschaft drehte sich immer um dasselbe Thema: die Wiederherstellung der Urgemeinde in unserer Zeit nach der Lehre Watchman Nees bzw. Witness Lees. Leider gehen diese Christen nicht über die Offenbarungen hinaus, die Watchman Nee seinerzeit bekommen hat. Der Büchertisch war dementsprechend gespickt voll mit Büchern dieser beiden Männer. Nichts anderes war dort zu finden. Ich mokierte mich darüber und mahnte Vielfalt an. Wir tun gut daran anzuerkennen, das Watchman Nee von Gott grundlegende Offenbarungen bekommen hat, wie Er die neutestamentliche Gemeinde in unserer Zeit wieder aufrichten möchte. Alle anderen, wie z.B. Frank Viola oder Leonard Sweet, folgen lediglich diesem Pfad. Dennoch dürfen wir nicht bei den Offenbarungen eines Watchman Nee stehenbleiben, sondern müssen uns weiterhin umschauen, was Gott daran korrigiert oder erweitert und wer weitere Offenbarungen dazu bekommt. Die Reformation bleibt niemals stehen, bis Jesus wiederkommt.

 

  1. Kann man Nachfolger von Witness Lee umstimmen?

Eines Abends war ich in einer der lokalen Zusammenkünfte der Gemeinde am Ort und startete ein Experiment. Ich hatte von Gott ein Wort aus der Bibel bekommen und wollte es ihnen darlegen und damit ihr Programm aushebeln. Ich spürte, dass ich die Erlaubnis von Gott hatte. Sie gingen darauf ein, auch wenn es nicht von Nee oder Lee stammte. Dennoch habe ich mit der Zeit festgestellt, dass sie immer wieder zu den Lehren von Witness Lee zurückkehren und sich nur daran ausrichten.

Die Gemeindeversammlungen scheinen schon so manches einer neutestamentlichen Gemeinde zu haben. Es gibt keinen Pastor, in manchen ihrer Gemeinden nicht einmal eingesetzte Älteste. Trotzdem wird die Ortsversammlung in meiner Nähe unsichtbar geleitet und es kommen keinerlei chaotische Auswüchse vor. Am Anfang kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, bis ich merkte, dass sie lehrmäßig genauestens dem von Witness Lee gegründeten Zentrum in Anaheim (Kalifornien, USA) folgen. Dadurch existiert natürlich eine klare Ausrichtung und ein ordnendes Element in ihren Versammlungen. Alles außerhalb der Lehre von Witness Lee wird als minderwertig angesehen und auf lange Sicht durch Nichtbeachtung und andere sanfte Taktiken unterdrückt. So stellen sie sich auch die Einheit unter uns Christen vor, nämlich indem jeder Witness Lees Lehre folgt. Was sie selbst anbetrifft, so handelt es sich dabei um ein einigendes Element, aber was die Christenheit anbetrifft, so sind sie Spalter des Leibes Jesu; denn gemäß 1. Korinther 3 folgen sie damit einem Menschen anstatt Jesus. Und das führt zur Zersplitterung der weltweiten Nachfolgerschaft Jesu (s.u.).

In 1. Korinther 3 ermahnt Paulus die korinthischen Christen, sich nicht in Cliquen aufzuspalten. Eine von diesen Gruppen folgte Paulus, eine andere hatte sich Apollos angeschlossen, eine weitere folgte nur Petrus und die letzte hatte sich „Christus“ auf ihre Fahnen geschrieben. Paulus gibt der letzten Gruppe Recht und ermahnt die anderen, weder ihm, Apollos, Petrus noch sonst irgendeinem Menschen zu folgen, weil Menschen lediglich Diener (Sklaven) Gottes sein können. Er gebraucht dann zwei Bilder aus dem alltäglichen Leben: das der Bauarbeiter beim Hausbau und der Mitarbeiter auf einem Bauernhof. Im ersten Bild legen einige das Fundament, andere bauen Wasserrohre ein, legen Stromleitungen usw. Im zweiten Bild pflügen die einen das Feld, wohingegen andere einsäen, das Feld von Unkraut befreien oder am Ende abernten. So wie jeder Arbeiter seine Aufgaben hat und seines Lohnes wert ist, so hat auch jeder Mitarbeiter Gottes seine speziellen Aufgaben und wird am Ende von Gott Lohn empfangen. Trotzdem ist jeder von ihnen nur ein Mitarbeiter, wohingegen Gott der Eigentümer und Herr über alle und alles ist.

Paulus macht hier (1. Korinther 3) ganz klar, dass man sich der Spaltung des Leibes Jesu (der weltweiten Christenheit) schuldig macht, wenn man einem Menschen folgt, der behauptet, von Gott für alle und alles auserwählt zu sein. Genau so verhalten sich aber die Mitglieder der Bewegung, von der ich hier spreche. Sie lassen sich von Witness Lee gern erzählen, dass sie etwas ganz Besonderes sind. Er nennt sie dann „Überwinder“ oder „Helden Gottes“ und schmeichelt ihnen damit. Sie lehnen alle Denominationen im Bausch und Bogen ab und merken gar nicht, wie sie selbst eine neue aufgebaut haben, indem sie sich Witness Lee zum Papst erwählt haben. Wie bei fast jeder Glaubensgemeinschaft, so wurde auch diese von Gott begonnen, aber im Verlauf sind ihre Mitglieder von Ihm und Seiner Lehre abgekommen und folgen nun lieber einem Menschen und seinen Lehraussagen. Traurig, aber wahr.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass man Nachfolger von Witness Lee nicht mehr umstimmen kann. Sie sind so vernarrt in ihren Papst Witness Lee, dass sie nicht von seinen verqueren Lehren ablassen werden. Sie leben wie in einem Rausch und glauben, dass sie die Speerspitze der Wiederherstellung der neutestamentlichen Gemeinde sind. Sie fühlen sich als bevorrechtigte Elite, die es bereits begriffen hat, dass Gott Watchman Nee und Witness Lee benutzt, um seine Urgemeinde wiederherzustellen. Sie sind verzückt von dem Eindruck, dass sie mit dem Strom Gottes schwimmen würden. Dabei gehen sie davon aus, dass sie gefunden haben, was so viele vor ihnen schon suchten. Sie merken einfach nicht mehr, wie nahe am Ziel sie vorbeischießen. Da fällt mir nur das Sprichwort ein: „Knapp vorbei ist auch vorbei.“

 

  1. Gott passiert gerade Asien

Es wundert mich nicht, dass Gott sich im Moment in Asien umtut. Wir haben gar nicht erkannt, dass das sogenannte Christliche Abendland längst von Gott abgefallen ist und sich in die Welteinheitskirche einreihen lässt. Nur dazu dienen die vielen Denominationen. Sie sind nichts als menschliche Organisationen, die den Leib Christi zersplittern und damit dem größten, unsichtbaren Feind Gottes ausgeliefert haben.

Mir gefällt die Ansicht, dass das Evangelium von Jerusalem ausgehend in westlicher Richtung um die ganze Welt gegangen ist und am Ende wieder in Jerusalem ankommen wird. Demnach müsste es jetzt im asiatischen Raum sein und sich nach Westen fortbewegen. Von Afrika weiß ich, dass es sich allein schon durch Bonnkes/Kolendas Großevangelisationen gerade nach Norden "frisst" und ebenfalls im Anmarsch auf Jerusalem ist. Die ehemals christlichen Völker dagegen sind voller von Jesus abgefallener Antichristen, die alles blockieren und unterdrücken, was von Gott kommt.

Wir sollten Gott folgen – Gott muss und wird nicht unseren Traditionen folgen, selbst wenn sie mal von Ihm selbst initiiert und gesegnet wurden – wie das z.B. bei der Pfingstbewegung im letzten Jahrhundert der Fall war oder wie das mit Watchman Nee geschehen ist, der viele Gemeinden in China gegründet hat. Dabei sollte uns immer das Grundprinzip vor Augen sein: alle echten Christen sind von Gott ausgerüstet und brauchbar in Seinem Reich. Wir tendieren immer stark dahin, einzelne Menschen aufs Podest zu erheben und damit das, was Gott durch alle anderen tut, abzuwerten. Das ist ein sehr schwerer Fehler, der weitreichende Konsequenzen hat.

Solch eine Gemeinschaft, wie ich sie in Neuseeland gefunden hatte, besteht zwar aus Christen, aber diese wachsen nicht im Glauben und bleiben auf einer Stufe ganz am Anfang stehen – sie sind Babys in Christus. Wieder einmal hatte Gott mich in eine Glaubensgemeinschaft gestellt, um ihnen den Weg zu weisen, aber sie haben alles abgelehnt, was ich ihnen zu erzählen hatte. Damit aber haben sie auch Gott abgelehnt und folgen lieber einem Menschen. Allein schon dadurch befinden sie sich auf einem Weg weg von Jesus.

 

  1. Weitere Einsichten über die Witness Lee Bewegung

Von den vielen abweichenden Lehraussagen Witness Lees interessierte mich zum Schluss nur noch, welche Offenbarung dieser "Mann Gottes" bezüglich der letzten Jahre vor dem Millennium von Gott hat. Das Millennium ist ein 1000 Jahre währendes Reich auf dieser Erde, in dem Jesus von Nazareth, der Christus bzw. Messias Gottes, über die ganze Welt von Jerusalem aus herrschen wird. Die Bibel redet sehr deutlich und ausführlich über diese Zeit, die durchweg als „Tag des Herrn“ bezeichnet wird. Dieser „Tag“ beginnt mit der schrecklichen Trübsalszeit, die ausführlich im letzten Buch der Bibel beschrieben wird (Offenbarung, Kap. 6-19). Mir hat Gott offenbart, dass ich vor dieser furchtbaren Zeit entrückt werde, d.h. von der Erde weggenommen werde, um bei Jesus im Himmel sein zu können. Dieses Ereignis wird klar in 1. Thessalonicher 4,13-18 und 1. Korinther 15, 12 ff. beschrieben. Es gilt nur für echte Christen. Wenn also jemand von Gott offenbart bekommen hat, dass er nicht bei der in der Bibel beschriebenen Entrückung dabei sein wird, dann weiß ich, dass solch ein Mensch in die Irre führt bzw. in die Irre geführt worden ist und nicht das Evangelium (= frohe Botschaft) Jesu predigt. Deshalb versuchte ich herauszubekommen, was Witness Lee seinen Anhängern dazu beibringt. Lees Lehre ist recht konfus und hebt 1. Thessalonicher 4,13-18 einfach auf. Er behauptet, dass die „Überwinder“ in der Mitte der Trübsalszeit entrückt werden, während die anderen kleckerweise bis zum Ende dieser schrecklichen Zeit in den Himmel geholt werden. Diejenigen Christen, die sich nicht genügend bemüht haben und keine Anerkennung bei Gott finden werden, sollen dann für 1000 Jahre lang in der Dunkelheit „schmoren“ und mit den Zähnen knirschen. Danach werden sie angeblich von Gott begnadigt und in den Himmel aufgenommen.

Wie schon so viele vor ihm, so verdreht auch Witness Lee die biblischen Lehren, indem er grundsätzliche Auslegungsprinzipien verletzt. Dabei reißt er viele Stellen aus ihrem Textzusammenhang und stellt sie zu neuen Einheiten zusammen. Manchmal kommt mir das grotesk vor, weil damit klare Aussagen der Bibel einfach aus den Angeln gehoben und umgedeutet werden. Dabei kam dieser „Mann Gottes“ sich auch noch sehr geistlich vor und bewirkt auch dasselbe Gefühl in seinen Anhängern. Vielleicht lassen sie deshalb einfach nicht von seinen falschen Lehren ab, selbst wenn man ihnen anhand der Bibel überdeutlich beweisen kann, dass es sich hierbei um viele Irrtümer handelt? Irgendetwas muss es ihnen ja geben, dass sie die klaren biblischen Aussagen einfach übergehen und sich lieber dem Lügengespinst eines Menschen anvertrauen. Ich vermute, dass diese Christen sich einen Lehrer gesucht haben, das ihnen Honig ums Maul schmiert und sagt, dass sie etwas ganz Besonderes seien. Sie wollten nicht einfach nur ein kleines Rädchen im großen Getriebe von Gottes Reich sein, sondern sie wollten besser, erleuchteter, weiser und höher als die anderen Christen sein. Und genau das gibt ihnen Witness Lee.

Schade, weil sie sich damit in offener Revolte gegen Gott und Seinem offenbarten Willen befinden. Dadurch haben sie ihre hohe Berufung als Söhne Gottes eingebüßt und gehören nicht zur weltweiten echten Christenheit, dem heutigen Überrest – selbst, wenn sie das vehement behaupten. Deshalb werden sie auch bei der Entrückung zurückgelassen werden, was Gott ihnen offenbart hat. Natürlich basteln sie sich dann eine eigene Theologie zurecht, wonach sie angeblich in der Mitte der Trübsalszeit oder an deren Ende entrückt werden; denn die Entrückung ist im Neuen Testament deutlich und klar bezeugt. Gott kann sie nicht mehr vor dem Zorn bewahren, der über die ganze Erde kommen wird. Nur echten Christen sagt Jesus: „Weil du das Wort vom standhaften Ausharren auf mich bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, damit die versucht werden, die auf der Erde wohnen.“ (Offenbarung 3,10). Deshalb kann Paulus auch sagen: „Denn Gott hat uns nicht zum Zorngericht bestimmt, sondern zum Besitz des Heils durch unseren Herrn Jesus Christus, … .“ (1. Thessalonicher 5,9).

Witness Lee führt seine Anhänger in die Trübsalszeit. Daher werden sie bei der Entrückung, die vor dieser Zeit stattfindet, nicht dabei sein. Und damit verraten sich die Anhänger dieser Lehre, dass sie das Evangelium Gottes nicht in der Gestalt angenommen haben, in der es uns offenbart worden ist. Deshalb ermahnt Paulus seinen geistlichen Sohn in 2. Timotheus 1,13: „Halte dich an das Muster der gesunden Worte, die du von mir gehört hast … !“ Dies ist ein wichtiger Punkt; denn viele Christen haben zwar die Erlösung durch Jesus angenommen, lehnen aber den Rest seiner Botschaft ab. Sie sind zunächst erlöste und wiedergeborene Christen, die aber die Botschaft Jesu und seiner Apostel nicht in der Gestalt annehmen, wie sie in der Bibel überliefert ist. Damit sind sie zwar erst einmal errettet, verlieren dieses Geschenk Gottes aber wieder, weil sie sich innerlich in Revolte gegen Gott befinden und so werden sie bei der Entrückung zurückgelassen. Sie werden hier auf Erden bleiben und müssen durch die grauenerregende Gerichtszeit der Trübsal gehen. Dann werden sie hoffentlich erkennen, was ihnen ihre Auflehnung gegen die offenbarte Lehre des Neuen Testaments bringt. Viele von ihnen wird Gott durch die Gerichte davon überzeugen können, dass sie ihren inneren Widerstand gegen Ihn aufgeben und Ihm vollkommen folgen sollten – und zwar so, wie Er es von uns möchte, nicht wie irgendwelche Menschen es gelehrt haben. Das ist sozusagen Gottes "Plan B" für diese Menschen. Jetzt lehnen sie Seine Bedingungen und Seinen Bund noch ab, dann aber werden sie auf Seine Linie einschwenken und Ihm willig folgen. So kann Gott sie dann doch noch erretten und aufnehmen. Ich bin überzeugt, dass viele von ihnen sich als Märtyrer des fünften Siegels wiederfinden werden (Offenbarung 6,9-11).

In dieser Gewissheit, dass Gott noch einen "Plan B" für sie hat und sie am Ende doch noch retten kann, bin ich in der Lage sie innerlich gehenzulassen. Für mich bedeutete das aber auch, dass meine Zeit in Neuseeland zu Ende ging. Ich fühlte, dass ich meinen Auftrag an den verschiedenen Gruppen dort erfüllt hatte. Zum Glück bin ich dabei nicht für die Ergebnisse verantwortlich und muss keine sofortigen Erfolge vorweisen; denn alle Mitglieder dieser Gruppen haben mein Zeugnis abgelehnt. Das ist sehr schade, weil Gott ihnen damit den Weg zurück zu Ihm aufzeigen und sie vor dem Gericht bewahren wollte, durch das sie nun aber werden gehen müssen.

 

  1. Bereits im Strom Gottes

Mehr und mehr merkte ich, dass ich bereits im Strom Gottes schwimme. Je nachdem wie schwierig dabei meine Aufgabe ist, so mächtig strömt dann auch der Geist Gottes, um mir die Erledigung dieses Auftrags zu ermöglichen. In diesem Falle hielt mir Gott zunächst einmal die Augen zu, damit ich nicht gleich bemerkte, wie falsch auch diese Menschen liegen. Ich wurde regelrecht einer von ihnen und dementsprechend von ihnen auch als solcher anerkannt. Auf diese Weise konnte Gott mich so nahe an sie heranbringen, dass sie mir jedenfalls zugehört haben, wenn ich ihnen die Bibel zitierte, um sie von der Anhänglichkeit an ihren Übervater Witness Lee zu befreien. Ich habe mein Bestes gegeben, um sie zu überzeugen, dass sie sich in Zukunft an Jesus hängen sollten, aber sie haben es gemeinschaftlich abgelehnt und wollen lieber weiterhin ihrem „Papst“ folgen. Damit haben sie nicht mich abgelehnt, sondern Gott und Sein Wort. Das ist sehr traurig und gefährlich für sie. Damit sind sie von Gott erst einmal abgefallen. Jesus wird noch weitere Aktionen starten, um sie wieder zurückzuholen, aber wenn sie sich weiterhin verhärten, wird sie das am Ende sehr viel kosten.

Ich weiß jetzt, dass ich überall, wo ich von Gott gesandt hingehe, im Strom Gottes schwimme. Ich brauche nicht unbedingt eine Gemeinschaft wie die Urgemeinde sie gewesen ist, um Gott gehorsam sein und in Seiner Kraft wirken zu können. Wenn ich in Gottes Willen bin und Seine Aufgabe erfülle, dann schwimme ich in Seinem Geist und Ströme lebendigen Wassers fließen von meinem Leib (Johannes 7,38-39). Das Wort Gottes, das ich anderen Menschen zitiere, trifft sie und bewirkt, zu was es gesandt wurde. Es wird nicht leer zurückkehren und am Ende doch noch diejenigen retten, die überhaupt noch zu retten sind. Nicht umsonst sagt man ja, dass Gottes Mühlen langsam mahlen, aber dafür „trefflich fein“. Darauf verlasse ich mich und will Gott im Glauben danken, dass Er mich als neutestamentlichen Propheten in Seinem Dienst gebrauchen kann.